Jesiden und Kurden in Deutschland: Protest gegen den IS-Terror
Tausende haben am Samstag in Hannover demonstriert. Derweil ist ein jesidischer Imbissbetreiber in Herford laut Polizeibericht erneut bedroht worden.
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HANNOVER/BERLIN/HERFORD dpa | Tausende Jesiden und Kurden haben am Samstag in Hannover gegen die gewaltsamen Übergriffe der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auf Minderheiten im Nordirak protestiert. „Stoppt IS“ und „Stoppt den Terror“ stand auf den Plakaten. Einige Demonstranten trugen ein Spruchband mit der Aufschrift „Wir sind alle jesidische Kurden“.
Die Veranstalter wollten mit der Demonstration in der Landeshauptstadt ein Zeichen setzen, weil in Niedersachsen besonders viele Jesiden leben. Den Organisatoren zufolge kamen 30.000 Menschen aus ganz Deutschland, die Polizei sprach zunächst von 7000 bis 8000 Teilnehmern.
„Die Situation in den betroffenen Gebieten ist immer noch sehr kritisch“, berichtete Yilmaz Kaba von persönlichen Berichten aus dem Nordirak. So sei ein ganzes Dorf von den IS-Kämpfern vor ein Ultimatum gestellt worden. „Den Bewohnern wurde damit gedroht, dass sie getötet werden, wenn sie nicht zum Islam übertreten.“ Die Demonstranten begrüßen Kaba zufolge jeden diplomatischen Schritt der Bundesregierung.
Imbissbetreiber sollte Strafanzeige zurückziehen
Unterdessen ist bekannt geworden, dass der vergangene Woche bei einer Attacke mutmaßlicher Salafisten in Herford verletzte jesidische Imbissbesitzer am Freitag erneut bedrängt wurde. Zwei Personen hätten den 31-jährigen bedroht und ihn aufgefordert, seine Strafanzeige wegen des Angriffs zurückzuziehen, berichtete die Polizei Herford. Wenige Stunden später wurden sie ermittelt. Bei ihnen handele es sich um Verwandte eines mutmaßlichen Täters im Alter von 42 und 15 Jahren.
Im ostwestfälischen Herford hatten am Mittwoch vergangener Woche mutmaßliche Sympathisanten der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ Jesiden attackiert. Der Imbissbesitzer und ein 16-Jähriger wurden bei der Attacke durch Messerstiche leicht verletzt. Die Polizei nahm sechs Männer fest. Die Jesiden hatten zuvor mit einem Plakat zu einer Protestdemonstration gegen die Verfolgung ihrer Glaubensgemeinschaft im Irak durch islamistische Terroristen aufgerufen.
Wegen der Attacke kam es in Herford zu schweren Ausschreitungen zwischen mutmaßlichen Islamisten und Jesiden. Mehrere Hundertschaften der Polizei waren im Einsatz.
Union warnt vor Übergriffen radikaler Muslime
Führende Unionspolitiker äußerten ihre Sorge vor Übergriffen radikaler Muslime auf Christen und andere Religionsgruppen in Deutschland als Folge des Irak-Konflikts. „Wir müssen aufpassen, dass Radikale diese Konflikte nicht nach Deutschland tragen“, warnte Unionsfraktionschef Volker Kauder in der Welt am Sonntag. Alle Religionen sollten hier friedlich zusammenleben. „Ich wünsche mir auch deutlichere Worte der muslimischen Verbände. Sie tragen auch eine Verantwortung für das friedliche Zusammenleben im Land“, sagte der CDU-Politiker.
Die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt verlangte in der Neuen Osnabrücker Zeitung ein differenziertes Vorgehen mit dem klaren Ziel, Ausschreitungen und religiösen Fanatismus in Deutschland so weit wie möglich zu verhindern und einzuschränken. „Da wird viel durcheinandergeworfen“, kritisierte Hasselfeldt.
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