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Jeff Bezos' RaketenwahnsinnGottspielchen für Kapitalismus-Gewinner

Kommentar von Jannik Grimmbacher

Jeff Bezos und Elon Musk liefern sich einen Wettlauf um die Sterne. Sie träumen davon, sich ein Reich jenseits staatlicher Kontrolle zu schaffen.

New Glenn: Ein blau schimmernder Phallus greift nach den Sternen Foto: Joe Skipper/reuters

M it dem erfolgreichen Start der Schwerlastrakete „New Glenn“ rückt Amazon-Gründer Jeff Bezos zu seinem Milliardärskollegen Elon Musk auf. Dessen Unternehmen SpaceX betreibt bereits zwei solcher Schwerlastraketen. Die beiden reichsten Menschen des Sonnensystems liefern sich damit einen Privatunternehmer-Wettlauf ins All. Für alle Erdlinge ist das eine schlechte Nachricht.

Martin Luther King sprach 1966 in Anbetracht der ersten bemannten Mondmission die Erwartung aus, die Astronauten könnten dann „mit einem geeigneten Teleskop die Slums auf der Erde“ sehen. Im Jahre 2025 sind wir so weit, dass nun auch die Gewinner des Kapitalismus ins All vorrücken. So können sie ein kleines bisschen Gott spielen und lukrative Geschäftsfelder fernab staatlicher Kontrolle erschließen. Irdische Probleme wie Hunger, Armut und der alles beschleunigende Klimawandel können bequem überflogen werden, denn – welch Überraschung – zu deren Beseitigung bräuchte es ja stärkere Staaten und weniger konzentrierten Reichtum.

Der Staat wird irrelevant

Zusammen sind Musk und Bezos etwa 670 Milliarden US-Dollar wert. Das sind mehr als eine halbe Million Millionen. Noch sind private Weltraumunternehmen auf staatliche Aufträge angewiesen – was auch eine teilweise Erklärung für ihren Kuschelkurs mit mächtigen Rechts­po­pu­lis­t*in­nen wie Donald Trump oder Giorgia Meloni liefert.

Doch die monetäre Macht der Superreichen ist inzwischen so groß, dass ihre Ambitionen über die Erde hinaus reichen. Staaten – noch dazu demokratische – sind dabei nur ein Hindernis. Um sich von diesen unabhängig zu machen, erschaffen sie sich zunehmend ihre eigenen Beschäftigungsfelder im All.

SpaceX plant bereits seine erste Mars-Mission für 2026

Elon Musks Orbit-Internetservice „Starlink“ und Bezos' geplantes „Project Kuiper“ sind ein erster Schritt, touristische Weltraumflüge ein anderer. Bald darauf sollen Kolonien nicht nur auf dem Mond, sondern auch auf dem Mars folgen, um den Abbau seltener Mineralien im All zu ermöglichen. SpaceX plant bereits seine erste unbemannte Mars-Mission für 2026.

Bis zur Kolonisierung des Mars dürfte es noch ein paar wenige Jahre dauern. Das Elend auf der Erde wirkt dann nochmal bedeutend kleiner als vom Mond aus. Aber vielleicht sind entsprechende Teleskope ja mit an Bord.

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Redakteur Meinung
Gesellschaft, Klimapolitik & politisches Klima
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9 Kommentare

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  • Passend zum Thema gab's gestern Abend "Moonraker" von und mit James Bond im Fernsehen. Für das Remake schlage ich Elon Musk für die Rolle des Bösewichtes vor. Wer den "Beißer" spielen soll, ist noch unklar. Vielleicht fragen wir Dirk Nowitzki oder Jürgen Klopp.

  • "Das sind mehr als eine halbe Million Millionen."

    Was ist das für ein Satz :D



    Warum nicht "Das sind mehr als eine halbe Billion" :D

    Sollen sie sich doch ihre Fantasiewelt irgendwo im All bauen, dann haben wir hier auf der Erde wieder unsere Ruhe, sollen alle mitgehen, die das, was Musk und Bezos machen für richtig halten, umso besser.

  • Nun, den Aufbruch in's All hatte schon Timothy Leary prophezeit, allerdings etwas anders als die Tech-Bros es sich träumen. Für die jetzigen libertären Staatsverächter kämen eigentlich eher die Ozean-Projekte in Frage, oder Montenegro. Mit ihrer derzeitigen Technik werden sie im All nicht weit kommen.

  • Marslandung wäre schon richtig geil. Nicht so geil wie weltweiter Frieden und Wohlstand, klar. Aber dafür würde ich die Milliardäre abfeiern. ESA und NASA bohren noch dreißig Jahre in der Nase.

  • Das universelle, kosmisch intendierte Gesellschaftsmodell basiert auf Glaubenssätzen: Wer ganz viel Geld hat, geht besonders verantwortungsvoll damit um - darum keine Besteuerung ab Summe X, politisch gewollte Verflüchtigung der Eigentümer zu "Kapitalströmen" und "unsichtbarer Hand", die alles, was auf Erden und im Universum geschieht, unterschreiben muss. Wer kein Geld hat, "kann nicht mit Geld umgehen". Daher muss am Existenzminimum gespart werden: Wer unter der Brücke schläft, unterliegt einer absoluten Kontaktsperre zum "Kapital", einem Berührungsverbot mit „Geld“, das um ein Centstück gelockert wird, wenn das "Existenzminimum" als sog. "Flüchtlingsstrom" oder "Verwahrlosung" bekämpft wird: Das "Existenzminimum" = sehr viele MENSCHEN. Wer, anstatt zu verdursten, einen Schluck Wasser trinkt: konsumiert. Wer die Quellen aufkauft, Wasser unbezahlbar macht, den Mars kolonisiert: investiert. Kapital ist, per definitionem, in Bewegung: Investitionsdynamik (Raubbau an Mensch + Universum) ist seine "Natur". Konsum ist verpönt, wenn Menschen Durst und Hunger stillen. Konsum ist Investition, wenn der Verbrauch pro Milliardär auf unzählige Planeten steigt.

  • Warum zerschlägt man nicht endlich die Imperien diese Oligarchen, wie weiland das Standard Oil Imperium von John D. Rockefeller ?

  • Wen wundert denn, was sie machen? Kauft nur weiter ihre Sachen! Die Elysium-Fantasie befreit von Gewissen sie.



    b. fantastischeantike.de



    "Wer es sich leisten konnte hat die Erde längst verlassen und lebt in einer exklusiven und luxuriösen Raumstation – Elysium. Hier fehlt es an nichts und die ausgezeichnete medizinische Versorgung ermöglicht im Prinzip ein ewiges Leben. Der Zugang zu Elysium ist jedoch beschränkt, jeder Bürger und jede Bürgerin ist registriert und eine Immigration von Erdenbewohnern ist definitiv nicht vorgesehen – eine Gesellschaft zweier Klassen."



    /



    Bei abendzeitung-nuernberg.de



    "Fazit und Kritiken zum Film „Elysium“



    „Elysium“ präsentiert eine düstere Zukunftsvision, in der die Kluft zwischen Arm und Reich extrem ausgeprägt ist. Regisseur Neill Blomkamp inszeniert eine Welt, in der die privilegierte Elite auf einer luxuriösen Raumstation lebt, während die Mehrheit der Menschheit auf der verwahrlosten Erde zurückbleibt."



    Interessant, wer Zeche zahlt: sieht selbst aus besonders alt.



    taz.de



    "Schlechter Start



    Die Firma SpaceX testet in Texas Raketen, die die Menschheit zum Mars bringen sollen – und lässt jetzt schon Umweltschäden und Zerstörung zurück."



    Irrlichternd!

  • Man denke an die Challengerkatastrophe zurueck. Ein privates Unternehmen waere daran gescheitert und es haetten lange keine Investoren fuer einen neuen Versuch gefunden.



    Sowas koennen nur Staaten durchziehen. Das ist ihr Vorteil. Ihr Nachteil ist, dass sie schlechte Unternehmer sind. Aus diesem Grund beauftragen Staaten Unternehmen, wenn die Technologie zum Beispiel durch Automatisierung sicher genug ist.

    Die eigentliche Frage ist, warum wir in Deutschland seit Jahrzehnten quasi jede neue Technologie verschlafen und dann jammern, dass die andern alles falsch machen?

    Vermutlich weil bei uns die Schere zwischen Unternehmertum und Lohnarbeit immer weiter auseinander geht, Angestellte immer staerker ausgenutzt werden und ihr Sicherheitsnetz, der Sozialstaat, kaputtgespart wurde. Oder

  • Wenn man dieses Szenario vor ein paar Jahren als Sciencefiction Geschichte präsentiert hätte, wäre man wahrscheinlich ob der Absurdität ausgelacht worden, jetzt haben wir das als Realität.