Jakob Augstein und die Juden: Das Sturmgeschütz der Israelkritik
Jakob Augstein hat die AfD und die israelische Regierung gleichgesetzt. Alles Böse in der Welt bringt er mit den Juden und ihrem Staat in Verbindung.
Er hat es schon wieder getan. Jakob Augstein ist mal wieder seiner Obsession gefolgt. Egal, über was er schreibt: Irgendwie schafft es der Freitag-Herausgeber und Spiegel-Kolumnist immer wieder, das, was er unter „Israelkritik“ versteht, hineinzurühren. Diese Woche ist ihm das Kunststück auf Spiegel Online unter der Überschrift “Die völkische Revolution“ gelungen. In dem Text geht es eigentlich um den Front National in Frankreich und die AfD in Deutschland. Augstein konstatiert: „Der Faschismus ist kein Phänomen der Vergangenheit.“
Von dieser durchaus zutreffenden Aussage den Weg nach Israel zu finden, ist nicht so einfach – doch Augstein schafft das spielend. Und zwar so: „Man hat bei AfD- und Pegida-Demonstrationen im schwarz-rot-goldenen Meer der Deutschlandfahnen auch schon das fröhliche Weiß-Blau der israelischen Flagge gesehen.“ Dass die AfD „kein Problem mit Israel“ habe, wäre auch nur konsequent, schließlich sei die israelische Regierung „allemal“ so rechts wie die deutschen Rechtspopulisten.
Den Antisemitismus der völkischen Bewegung in Deutschland hält Augstein denn auch für „Vergangenheit“. Als Beleg dient ihm ein Zitat Frauke Petrys: „Die AfD ist ganz klar gegen Antisemitismus, vor allem auch gegen den neu importierten Antisemitismus in Deutschland.“
Nun hat Frau Petry auch behauptet, der Front National sei eine „weitgehend sozialistische Partei“, die sich „im linken Bereich aufhält“ – ein Abgrenzungsversuch, den für bare Münze zu nehmen Augstein nie in den Sinn käme. Aber warum will er dann nicht auch ihren Antisemitismus-Satz und die vereinzelten Israel-Fähnchen auf Rechtsaußenveranstaltungen als das bezeichnen, was sie sind: als leicht zu durchschauende Camouflage und als perfide Maskierung, um ihrer Islamfeindlichkeit eine vermeintlich höhere Weihe zu geben?
Lieber bringt das Sturmgeschütz der „Israelkritik“ alles Böse in der Welt mit den Juden und ihrem Staat im Nahen Osten in Verbindung. Mit Verve ist Augstein damit beschäftigt, stets von Neuem zu beweisen, dass er vor drei Jahren zu Recht Aufnahme in die „Top Ten der antisemitischen/antiisraelischen Verunglimpfungen“ des Simon Wiesenthal Centers gefunden hat.
Augstein verdankt sein Vermögen nicht zuletzt dem Schaffen jener alten Nazis, mit denen sein sozialer Vater Rudolf Augstein einst den Spiegel aufgebaut hat. Möglicherweise liegt darin ja der tiefere Grund seiner unermüdlichen Bemühungen um die Befreiung von dem deutschen „Judenknacks“, dessen Überwindung der Kommunarde Dieter Kunzelmann bereits 1969 gefordert hatte. Immerhin deponiert Jakob Augstein keine Bombe in einem Jüdischen Gemeindehaus, sondern schreibt nur Kolumnen. Jedoch: „Im Zweifel links“ ist das nicht.
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