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Irrsinn des AlltagsWie viel Krieg ertragen wir?

Inmitten der Nachrichten über Krieg und Zerstörung lautet das Dilemma: Wer zu lange hinsieht, wird stumpf. Wer zu lange wegsieht, wird kalt.

Nachwirkung der russischen Drohnen- und Raketenangriffe in Kiew, am 17.6.2025 Foto: Valentyn Ogirenko/reuters

G enau genommen ist es eine Lüge, dass die Welt in ihrem derzeitigen Zustand unerträglich ist. Ich ertrage sie schließlich – die russischen Luftangriffe auf Kyjiw, die brennenden Zeltlager in Gaza, die Hungersnot in Sudan.

An einem durchschnittlichen Werktag im Juni 2025 lauten die Nachrichten: Iranische Rakete trifft israelisches Krankenhaus, Israel greift iranische Atomanlage an, Putin warnt Deutschland vor Taurus-Lieferungen an die Ukraine, bei der Verteilung von Hilfsgütern in Gaza erschießen israelische Soldaten Zivilisten, heute meist sonnig bei 24 Grad. Im Internet teilen mehr oder weniger Betroffene ihre Wut, ihre Angst und ihre gebrochenen Herzen. Ständig beklagt jemand „ohrenbetäubendes Schweigen“. An einem durchschnittlichen Werktag betrachte ich das Leid der Einen und der Anderen, abwechselnd, in 12- bis 20-sekündigen Videos. Ich soll auf eine Demo gehen, ich soll mich solidarisch zeigen. Ich soll irgendwo Zionisten hassen und wäre irgendwo anders Antisemitin, wenn ich Netanjahu einen Völkermord unterstellen würde. Zwischendurch trinke ich Cappuccino. Manchmal klicke ich auf einen Spendenlink.

Mir ist die Welt unbegreiflich geworden in einem Ausmaß, mit dem ich nicht umzugehen weiß. Früher habe ich aufgeschrieben, was ich nicht fassen konnte. Meistens ergab es hinterher mindestens ein bisschen Sinn. Aber Krieg an sich ist nun mal sinnlos, obwohl man im ganz realen Kriegszustand natürlich sinnvollere oder weniger sinnvolle Entscheidungen treffen kann. Im Angesicht dieser Umstände und der fortschreitenden Trumpisierung werden meine sinnsuchenden Worte allerdings zu Brei. Manchmal denke ich, ich müsste trotzdem etwas tun – wenigstens schreiben, dass das Völkerrecht über dem Recht des Stärkeren steht. Dass Krieg kein Tennisturnier ist und kein Mensch ein Kollateralschaden. Dass wir alle noch mal Susan Sontag lesen sollten, um zu lernen, was es mit uns macht, ständig all dieses Leid anzusehen. Aber meistens denke ich: Das ist doch alles schon gesagt. Und ich fürchte, dass eine politische Autorin, die etwas anderes will, als Recht haben, in diesen Zeiten eigentlich nur scheitern kann.

Wer still ist, ist nicht gleich unpolitisch

Die meisten von uns ertragen das Unerträgliche seit Monaten aus der zweiten oder dritten Reihe. Obwohl der Krieg unheimlich nahe rückt, ist er doch nicht wirklich hier. Ich kauere nicht in Luftschutzbunkern, ich kann Raketen und Flugabwehrgeschosse nicht am Klang unterscheiden, ich verliere keine Häuser, keine Verwandten und keine Gliedmaßen. Folglich, so werfe ich es mir regelmäßig vor, müsste ich ihm und all den Menschen in der ersten Reihe doch wenigstens meine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Aber ich will nichts mehr wissen vom Krieg, vom Sondervermögen, von Wehrpflicht, von Haubitzen. Es ist mir egal, welcher 55-jährige Politiker heute sofort für sein Land kämpfen würde, und ich habe keine Lust, militärstrategische Debatten zu lesen, die katastrophengeil über den nächsten Schachzug von Kriegspartei A und B spekulieren, als handelte es sich um das Staffelfinale einer Netflix-Serie. Ich will nicht teilhaben an der humanitären und moralischen Entgrenzung, auch nicht, indem ich pausenlos gegen sie protestiere. Aber einfach aufgeben und nichts tun will ich auch nicht.

Das gegenwärtige Dilemma des Menschseins lautet: Wer zu lange hinsieht, wird stumpf. Wer zu lange wegsieht, wird kalt. Also hängen wir im Limbo dazwischen, setzen die Nachrichtendosis mal rauf, mal runter, fühlen uns wahlweise hilflos, unnütz, ungenügend.

Ich weiß, dass ich mit diesem Gefühl nicht alleine bin. Viele, deren politische Gedanken ich in den vergangenen Jahren geschätzt habe, sind gerade relativ still. Ich denke nicht, dass sie plötzlich alle unpolitisch geworden sind. Ich stelle mir vor, dass sie nachdenken, bevor sie schreiben und sprechen, dass sie sich Zeit nehmen und um Präzision bemühen wollen. Dass sie neue Räume bauen, in denen die Dinge wieder Sinn ergeben dürfen. Dass manche Workshops in Schulen geben oder im Orchester spielen, dass sie Kunst, Politik oder einfach mal Pause machen. Darüber wäre ich froh. Es würde bedeuten, dass sie sich erhalten, sie selbst zu sein.

Vielleicht brauchen wir ja genau diese Teile von uns, damit so etwas wie Frieden überhaupt vorstellbar bleibt.

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Lin Hierse
taz-Redakteurin
Lin Hierse ist Redakteurin der wochentaz und Schriftstellerin. Nach ihrem Debüt "Wovon wir träumen" (2022) erschien im August ihr zweiter Roman "Das Verschwinden der Welt" im Piper Verlag. Foto: Amelie Kahn-Ackermann
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28 Kommentare

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  • "Viele, deren politische Gedanken ich in den vergangenen Jahren geschätzt habe, sind gerade relativ still." Es kann auch sein dass gemerkt wurde wie sehr die eigenen Erklärungsmuster und Narrative für die Welt nicht aufgehen.



    Wie die Idee mit Dialog und den besten Argument könne man alles lösen sich als nicht brauchbar im Kampf gegen Autoritarismus gezeigt .

    Weil sich eben zeigt das Vernunft nun mal nicht das Leitmotiv für die Handlungen ist, wie sie gegen affektiv aufgeladene Argumentation und Verschwörungsnarrative kaum gegen ankommt.

    Die Welt ist im Moment ein trostloser Ort,der einen nur in den Abgrund blicken lässt und wenig Aussicht auf Besserung hat.

    Da schützt einen manchmal nur die Verdrängung vor und das abschalten.



    Letztlich muss jede Person für sich selbst das Maß finden mit dem sie die Nachrichten gut verarbeiten kann ohne innerlich zu zerbrechen oder sich in einen unangemessen Zweckoptimismus, den Mensch bei einigen Aktivisten*innen beobachten kann zu verlieren.

    Wenn der Cappuccino aufm Tisch steht wird der Verzicht auf dessen Genuss auch nichts besser machen.

  • Zitat: "Genau genommen ist es eine Lüge, dass die Welt in ihrem derzeitigen Zustand unerträglich ist."

    Sorry, aber ich bin ein empathischer Mensch und deshalb ist für mich die Entwicklung auf der Welt mit immer mehr Kriegen und Unterdrückung definitiv unerträglich!

  • Vielen herzlichen Dank, Lin Hierse. Wegen solchen starken Texten habe ich die taz abonniert. Sie können ihre klugen Gedanken sehr gut formulieren. Hut ab dafür -- und nochmal danke.

  • Danke für diese Gedanken. Genau das fehlt mir so oft im heutigen Journalismus – nicht nur das Berichten, sondern das Innehalten. Der Blick zwischen den Zeilen, der sagt: Wir sehen das Chaos. Und wir fragen trotzdem weiter, wie wir Mensch bleiben.

    Mich beschäftigen seit Langem Fragen der Selbstwirksamkeit, wenn Systeme überlastet sind – konkret: Wie schützen Menschen Herz und Nerven, wenn Medikamente fehlen – und das Außen lärmend wird? Ich glaube, dass in der Verbindung von Wissen, Körperintelligenz, Alltagsstrategien und Naturheilkunde ein großer Schlüssel liegt – besonders in Zeiten, in denen Resilienz keine Wellnessfloskel mehr ist.

    Denn genau jetzt – zwischen Weltpolitik, Wetterwarnung und Wartezimmer – braucht es etwas, das nicht nur informiert, sondern stärkt. Nicht von oben, sondern von innen. Wer die Erschöpfung spürt, spürt auch den Moment. Und vielleicht ist das ja ein Anfang. Ein Anfang, der uns nicht trennt – sondern verbindet, wo Worte wieder wärmen.

  • Danke. Ja, es sind eindeutig zu viele negative Nachrichten.

    Die "Alte Welt" zerfällt zunehmend im Bombenhagel.

    Die negativen Nachrichten, die Militarisierung der Gesellschaft sind nicht mehr zu ertragen.

    Wer da gesund bleiben will, wird geradezu gezwungen sich vom "Getriebe, dem Getreibe der Welt" zurück zu ziehen.

    Danke, für mal eine emotionale Sicht darauf.

    Vielen Reportern aus den Kriegsgebieten kann man nun zunehmend ansehen, dass die emotional belastet, am Limit sind.

    Eventuell sollten die Arbeitgeber ihre Auslandskorrespondenten aus den Kriegsgebieten abziehen/zurück holen. Das ist einfach zu gefährlich dort. Auch aus emotionaler Sicht (Stichwort: Kriegstrauma).

  • Ich schließe mich an: DANKE für diese Kolumne!

  • "Wer zu lange hinsieht, wird stumpf. Wer zu lange wegsieht, wird kalt." Das ist gut formuliert.



    Es gibt aber auch einen gegenteiligen Effekt : den sozial verursachten körperlichen Schmerz ( "Social Pain" im Total Pain Concept nach Saunders), körperliche Schmerzen durch das Mitansehenmüssen körperlicher Schmerzen anderer. Das Konzept kommt historisch aus dem zweiten Weltkrieg. Man wird nicht nur stumpf, dieser Schutz funktioniert nicht immer, sondern evtl. krank oder kränker als man vorher war.



    Das sind Wechselwirkungen, auch unter uns, den Teilnehmenden und den Nichtteilnehmenden.



    Man braucht in dieser Lage eine psychosoziale Strategie, das stimmt, darauf weist der Artikel hin und das ist sein Verdienst.

  • Der Artikel beschreibt meine innere Situation unglaublich treffend.

    Man möchte nicht dem Kriegstheater zugucken, aber ist fassungslos über die menschliche Bereitschaft der Mehrheit, eine Minderheit vernichten zu sehen.

    Aber was soll man machen. Man hat keine (verändernde) Macht, sondern halt nur seine Meinung.

    Möge Gott (wenn es ihn gibt) für Gerechtigkeit sorgen.

  • Krieg im militärischen Sinn tritt dann ein, wenn wir zuvor zu lange der Abwesenheit des Friedens zugeschaut haben, ohne das zu bemerken, weil kein Krieg im militärischen Sinn stattfand.

  • Geht mir und wahrscheinlich vielen anderen genauso.



    Ich muss nicht zu allem und jedem Stellung beziehen, zumal vieles für mich oft gar nicht zu verstehen ist. Aber es ist eine schwierige Zeit, die niemand unbeteiligt lässt, zumal nach den heutigen Angriffen der USA auf Ziele im Iran.

  • Was deutet "Limbo"?

  • "Mir ist die Welt unbegreiflich geworden in einem Ausmaß, mit dem ich nicht umzugehen weiß. Früher habe ich aufgeschrieben, was ich nicht fassen konnte. Meistens ergab es hinterher mindestens ein bisschen Sinn. Aber Krieg an sich ist nun mal sinnlos..."



    Aber Krieg war auch immer da, zu allen Zeiten mehrfach gleichzeitig vertreten in der Welt u. teilweise ist er immer noch nicht durch Friedensschluss (Korea) beendet. Meine ersten Erfahrungen mit der Flimmerkiste waren nicht nur die Kinderstunde, die Mondlandung und mit dem Vater beim Internat. Frühschoppen zuschauen, es waren auch Meldungen aus Vietnam. Bilder, nicht ohne Bedacht ausgewählt, die den Erwachsenen die Zunge lösten, ihre Kriegserfahrungen ansprachen und sie dazu brachten uns das "NIE WIEDER" einzutrichtern. Hier in der Bundesrepublik kam es zu einer regelrechten Verweigerungswelle und zu politischem Aktionismus mit Auftrieb für die Friedensbewegung. Neulich sprach ich längere Zeit mit PazifistInnen, die weit fortgeschritten im SeniorInnenalter aktiv sind (IPPNW). Einer war sehr erschöpft, er hatte mehrfach mit Rupert Neudeck "gegen den Tod auf den Meer gekämpft". Wahrscheinlich macht Erschöpfung auch "Veteranen" stumm.

  • Wer weder "verrückt" werden aber auch nicht den "Kopf in den Stand stecken" möchte ...

    Der sollte mehr "harte Fakten" in Form von (halbwegs) belegen Tatsachen und Zahlen betrachten und als Wertmaßstab Völkerrecht im Wortlaut heranziehen.

    Aber nicht ständige "Schauergeschichten" über "Einzelfälle" von Kriegsgreul lesen.

    Aber Vorsicht:

    Eine ehrliche und nüchterne Betrachtung der Realität führt dazu das man sich von der Vorstellung verabschiedet das "wir" (Deutschland, EU, "der Westen") die Guten" sind.



    Und das man die Realität akzeptiert das es nahezu immer um Interessen geht.



    Was bedeutet das jeder Kompromis-Frieden durch Verhandlungen damit beginnt das man ehrlich über Interssen spricht, auch über die eigenen Interessen und dann über Ausgleich von Interesse als Kern politischer Kompromisse -- vor dem Hintergrund der elementaren Grundlagen des Völkerechts.



    (Nicht-Einmischung in Innere Angelegenheiten, Gleichheit aller Staaten, Gewaltverbot).

    Um Egon Bahr zu zitieren:



    "In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt"

  • Das Leben pendelt immer, Perfektion ist eine Illusion. Wir sind unfertig und ohnmächtig, schaut man auf die große Welt. Auf die kleinen Dinge besinnen, ist eine gute Idee. Und wir können von Glück sprechen, dass wir nicht im Sudan, im Iran, im Gaza, in Afghanistan, in Nord-Syrien... leben müssen. "Liebe ist das ganze Geheimnis." ( Georg Stefan Troller )

  • Waahnsinn!



    ...und jetzt fängt trump mal eben einen Krieg an!



    Nur um die Welt vergessen zu machen, dass er von Netanjahus Plänen offenbar keine Ahnung hatte.



    Was für ein Volltrottel!



    In der Ukraine und Gaza gibt es doch wohl Probleme genug.



    Aber da die militärisch nicht lösbar sind, brechen wir mal eben so einen neuen Krieg vom Zaun.



    Für Netanjahu ist es die Ablenkungsstrategie, " solange Krieg herrscht, kann mir Keiner ans Zeug flicken".



    Und für den kleinen, dummen Donald?



    Der macht einfach mal so mit : aus verletzter Eitelkeit heraus!



    Es kann doch wirklich Keiner ernsthaft glauben, dass damit irgendwelche Probleme gelöst werden!



    Nach den Irakkriegen , Afghanistan und Gaza sollte doch allmählich klar geworden sein, dass Kriege keine positive Veränderung bringen!



    Die Antwort auf das "Why? " lautet schlicht



    " weil ich es kann".



    Was für ein Armutszeugnis!



    Denn Diplomatie können offenbar weder Netanjahu noch trump.



    Nun sorgen sie für viel Wirbel.



    Merz findet das auch noch gut - ein geopolitischer Totalausfall, gefolgt von Wadephul, der seine Bedeutungslosigkeit nicht erkennt .

  • Danke für diesen schönen Text!



    Ich finde mich in vielen Sätzen wieder.



    Nur in den letzten 7 bis 8 Zeilen würde ich anders abbiegen wollen:



    Nicht in die Selbstverwirklichung flüchten, sondern Frustration und Verzweifelung anerkennen. Und trotzdem aktiv und politisch bleiben.



    Und zwischen vielen schlechten Alternativen für die richtigeren Stellung beziehen.

  • Israels Ministerpräsident führt einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg.



    Gegen ihn liegt zudem ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs vor. Netanjahu werden Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.



    Und Deutschlands Regierung steht bedingungslos hiner ihm...?

  • DANKE! für diesen Artikel, der mich berührt und mir aus dem Herzen spricht. Mir die Resilienz zu bewahren, bevor ich selbst verrückt werde in einer verrückten Welt. Nein, nicht wegschauen - aber mich "erhalten, ich selbst zu sein." Mit dieser Prämisse ist es daher auch legitim, mal einzweidrei oder mehr Tage Nachrichten zu vermeiden, der Seele eine Auszeit zu ermöglichen. Wenn ich selbst ein wenig friedlicher werde, kann ich auch meiner Umwelt wieder friedlicher begegnen.

    • @willifit:

      Vor einigen Jahren ist mir dazu ein passender Satz eingefallen: Wer in dieser Gesellschaft (extremistischer Kapitalismus) nicht depressiv wird ist wirklich krank!

    • @willifit:

      Dem schließe ich mich an. Aber auch Deinem Kommentar - in ganzer Konsequenz....

    • @willifit:

      Wie wahr!



      Manche Leute in der Umgebung schalten einfach ab. Ein sonst sehr informierter Mensch sagte neulich zu mir, er höre !seit Monaten keine Nachrichten mehr, es ginge ihm jetzt besser.



      "Besonders problematisch wird es, so der Neurowissenschaftler Prof. Dr. Volker Busch, wenn mehrere Medien gleichzeitig genutzt werden, also etwa während eines Films Chatnachrichten gelesen werden. Durch das ständige Hin- und Herspringen geht die Arbeits- und Genusstiefe verloren. Fehlt diese Tiefe und werden Reize nur noch oberflächlich verarbeitet, sinken Konzentration und Aufmerksamkeit dauerhaft. Ein Teufelskreis beginnt: "Viele halten die Offline-Phasen innerlich nicht mehr aus und greifen dann wie bei einem Entzug zum Handy."



      Quelle tk.de



      Titel



      "Digital Detox: Was ist das und wie setze ich es um?"



      Bei "Genusstiefe" habe ich mehr an die Sinnhaftigkeit gedacht, wenn den Beitrag von Lin Hierse einbeziehe.



      Vermehrt wende ich mich dem Radio zu, Sendern wie SR Kultur, die keine eigenen Erregungspotenziale kreieren, schüren und amplifizieren, sodass sie mir den Tag erträglich machen können.

  • Ertragen muss die Dinge tatsächlich nur die, die ihnen physisch auch ausgeliefert ist. Nachrichten lesen mit Cappuccino und dabei mit leiden, ist spiegeln auf hohem Niveau. Absurdes Missverständnis im digitalen Zeitalter, das natürlich Journalisten sehr leicht passieren kann.

    Couchkartoffeln sind aber nicht essbar, wird Zeit die richtigen Zutaten zum kochen zu suchen. (Was nicht heisst dass jeder Kriegsreporter werden muss, das wär das andere Extrem)

  • Ja, das ist sehr richtig. Pessimismus und Angst sind die Feinde der Demokratie. Es gibt ein momentanes Atem anhalten (wer nicht komplett abgeschaltet hat) und auch ein Nachdenken (was im Moment wenig zu bringen scheint) Aber das täuscht. Es kommt für alle der Moment, wo du handeln mußt und man sollte sich ZUSAMMEN darauf vorbereiten.

  • Danke für diese Gedanken!



    Es ist ein Dilemma.



    Was ist richtig, was falsch und wo ist die Grenze?



    Welchen Sinn macht es sich, abseits der Schlachtfelder, anzufeinden?



    Dennoch glaube ich an Demokratie.



    Ich glaube, dass aus einer Diskussion ein Ergebnis entstehen kann, mit dem Viele zufrieden sein können.



    Ich glaube nicht an den "weisen König" , der einsame Entscheidung trifft, die dann für Alle gut sein sollen.



    Leider ist das aber der Trend: Putin, Erdogan, Xi Jinping, trump ...



    gefolgt von diversen Milizen- und Militärregierungen in Afrika und Möchtegern Faschisten in Europa.



    Da kann ich keine sinnstiftenden Lösungen erkennen.



    Wir leben im Vergleich wirklich im Paradies, ohne Repression, mit Meinungsfreiheit und Sozialsystem.



    Es ist unglaublich, wie es die Deutschen neben dem Leid auf aller Welt fertigbringen, die eigenen paradiesischen Zustände schlecht zu reden. Das ist geradezu unmoralisch.



    Was die Welt betrifft, so wird das Wort derzeit verlacht, doch letztendlich ist klar, dass Tod und Vernichtung kein Leben bedeutet.



    Letztlich müssen wir Menschen miteinander reden um zusammen zu finden.



    Ich hoffe, dass die derzeitigen Konflikte bald zu einem solchen Ende kommen.

  • Wer schweigt macht sich mitschuldig, das haben Sie vergessen zu erwähnen. NIE WIEDER ist jetzt ! Und wir Deutschen dürfen verdammt nochmal nicht nochmal schweigen!

  • Auch im Medienzeitalter muß jeder selber wissen, wieviel Krieg er "konsumiert" und was er daraus macht. Jeder geht auf seine eigene Weise damit um.

  • „Wer zu lange hinsieht, wird stumpf. Wer zu lange wegsieht, wird kalt.“

    Zwei Sätze, von deren Klarheit ich mich überrumpelt fühle, weil ich noch gar nicht wusste, dass es mir genauso geht. Irgendwie. Merci :-)

  • Was davon ist von uns beeinflussbar oder zumindest von der Bundesregierung?



    Einiges schon: Antisemitismus gegen Juden (oder Araber) hier abwehren; Klima schützen/ Fossil-Abhängigkeit senken; Waffen nicht liefern, die für Völkerrechtsbrüche eingesetzt werden. Diplomatischer Druck für eine faire Zweistaatenlösung samt Ende der Besatzung. Hilfe für die Opposition im Iran, ohne gleich neokolonial zu werden.



    Sollten das nicht Punkte sein, mit denen Parteien punkten könnten?