piwik no script img

Infektionsgeschehen um CoronaBis die Grippe obendrauf kommt

Die Coronazahlen sind so hoch wie lange nicht mehr. Ri­si­ko­pa­ti­en­t*in­nen sollten sich mit Masken schützen.

Maske tragen in der U-Bahn ist für Risikopatienten sicher ratsam Foto: Christoph Soeder/dpa

Berlin/Bremen taz | So hoch wie aktuell war die Corona-Infektionslast in den letzten anderthalb Jahren nicht und die Zahlen steigen weiter an. Dass die Krankenhäuser trotzdem nur wenige Pa­ti­en­t*in­nen auf den Intensivstationen sehen, sorgt unter Ex­per­t*in­nen für Gelassenheit. Eine „typische jahreszeitliche Infektionslage“ sieht etwa der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb. Der taz sagte der Professor am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie, er sehe anhand der verfügbaren Daten keine Anzeichen dafür, dass es wieder sinnvoll sei, sich etwa mit Masken vor Ansteckung zu schützen.

Für die Überwachung des Corona-Infektionsgeschehens ist das Abwassermonitoring an die Stelle von Testauswertungen getreten. An 128 Kläranlagen deutschlandweit werden mehrmals pro Woche Proben entnommen und untersucht. In der zuletzt ausgewerteten Kalenderwoche bis zum 4. Dezember ist der Anstieg besonders hoch. Allerdings sind bislang nur 69 Standorte in die Auswertung eingeflossen.

„Der Höhepunkt dieser Welle wird jetzt irgendwann kommen, hoffentlich noch vor Weihnachten und vor allem vor der Influenza-Welle“, sagte der Kölner Intensivmediziner Christian Karagiannidis am Montag der taz. Es seien überwiegend ältere Menschen ab 70, die im Krankenhaus mit den Folgen einer Infektion kämpften. Ansonsten sei die Immunität in der Bevölkerung in Bezug auf schwere Verläufe immer noch hoch.

Zu den Auswirkungen von Mehrfachinfektionen und der Gefahr von Long Covid sagte Karagiannidis: „Um darüber valide Aussagen treffen zu können, brauchen wir endlich Zugang zu den Gesundheitsdaten.“ Er verwies auf das Gesundheitsdatennutzungsgesetz, das an diesem Donnerstag im Bundestag beschlossen werden soll.

Ri­si­ko­pa­ti­en­t*in­nen sollten sich mit Masken schützen

Zusätzlich zu den vielen Corona-Erkrankten sehen Ex­per­t*in­nen eine beginnende RSV-Welle, von der vor allem Kinder und ältere Menschen betroffen sein dürften. Auch die jährliche Influenza-Welle wird noch erwartet. „Diese drei Erkrankungen werden uns bis März beschäftigen“, prophezeit Karagiannidis. Er empfiehlt zumindest Risikopatient*innen, sich jetzt mit Masken zu schützen.

Sollte das Coronavirus so mutieren, dass es wieder gefährlich wird oder ein neues Virus auftreten, äußerte Epidemiologe Zeeb Zweifel, dass die Botschaft in der Bevölkerung ankäme. Die Kommunikation in den Pandemiejahren sei nicht systematisch genug gewesen, Medien hätten zu häufig Fehlalarm geschlagen. „Mein Vertrauen war vor der Pandemie größer, dass das System bei einer besonderen Notlage reibungslos funktioniert“, so Zeeb. Eine Aufarbeitung der Coronapolitik hält der Epidemiologe angesichts dieses „pandemischen Zeitalters“ für dringend notwendig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Die meisten Leute sind aber auch dämlich. Jeden Morgen sind die öffentlichen Verkehrsmittel brechend voll; mein Eindruck ist, dass jede/r Dritte hustet und schnieft. Nur ca. jede/r Zehnte trägt Maske. Als ob niemand jemals etwas von Aerosolen gehört hätte. Als ob den meisten die paar Minuten Masketragen schlimmer erscheinen als zehn Tage Krankheit - und wenn's nur ne Erkältung ist.

  • Die bittere Frage ist doch, wann wird jemand zum Risikopatienten?



    Ich habe das jetzt drei oder vier Mal gehabt, irgendwann bin ich dann auch in Gefahr, langfristige Folgen zu erhalten. Bin ich dann schon ein Risikopatient?



    Oder darf und kann ich diese Krankheit noch so oft bekommen, bis ich irgendwann auch so krank werde, dass es lebensbedrohlich wird?



    Nur mal so nebenbei in Hamburg fallen in der Hauptverkehrszeit inzwischen Busse einfach aus, das bedeutet, dass die doppelte Menge an Menschen einsteigen. Die Busse sind derart voll, man kann es nicht glauben, wenn das anderensorts auch so ist, wundert mich das nicht. Und wer will sich stundenlang mit Maske abplagen? Bei der Arbeit? Acht-Stunden mit Maske arbeiten?

  • DANKE dass ihr nicht zu den Märchenerzählerinnen gehört: "Es war einmal Corona". !!!!

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    Es gab leider keine kritische gesellschaftliche Aufarbeitung der Corona-Pandemie.



    Es gab leider auch nicht so etwas wie „Lesssons learned“



    Die Pandemie wurde politisch für beendet erklärt und fast jeder war einfach froh darüber.

    Insofern kann ich Hrn Zeeb bzgl seiner Skepsis beim Auftauchen gefährlicher Mutationen oder anderer Viren (H5N1 zB) nachvollziehen.



    Wir würden in Deutschland dann leider nicht nur bei Null wieder anfangen alles neu zu lernen. Sondern bei weit weniger. Und hätten Millionen von Impfgegnern als Klotz am Bein



    Ein modernes Infektionsschutzgesetz war mit den hiesigen Parteien ja leider nicht zu machen.



    Vielleicht haben wir ja Glück …