Long Covid in Deutschland: Langes Warten auf die Forschung

Bundesgesundheitsminister Lauterbach betont, wie wichtig Long-Covid-Forschung ist. Doch wegen der Haushaltskrise ist das Geld dafür nicht sicher.

Carmen Scheibenbogen am Rednerpult neben Lauterbach

Carmen Scheibenbogen, Leiterin der Immundefekt-Ambulanz, soll Millionen für Long-Covid bekommen Foto: Christophe Gateau/dpa

BERLIN taz | Der Forschungsstand zu Long Covid, aktuelle Therapieansätze und wie die Krankheit Kinder betrifft: Mit etwa 30 Ex­per­t*in­nen hat sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Montag getroffen, um über diese Themen zu sprechen. Es war der zweite runde Tisch dieser Art.

In der anschließenden Pressekonferenz appellierte Lauterbach an Risikogruppen, sich impfen zu lassen. Obwohl die Impfung nicht perfekt schütze, sei sie besser als kein Schutz. Bisher hätten sich drei Millionen Menschen die Impfung neuen Präparaten geholt – zu wenige, klagte der Minister.

Außerdem betonte er, wie wichtig es sei, dass der Bund für Forschung zu Long Covid 150 Millionen Euro in Aussicht stellt. Schwere akute Verläufe sind zwar mittlerweile deutlich seltener, jedoch sei Long Covid „auch jetzt noch ein Problem für Menschen, die sich infizieren“, so Lauterbach, und das seien derzeit nicht wenige.

Die wohl bekannteste Kennzahl der Pandemie, die 7-Tage-Inzidenz, liege derzeit bei 1.700 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner*innen. Allerdings bedeute das nicht das Gleiche wie vor ein oder zwei Jahren, sagte der Chef des Robert Koch Instituts Lars Schaade. Wegen der Grundimmunität vieler, durch die Impfung oder eine durchgemachte Infektion, sei die Lage in Krankenhäusern entspannter.

Therapie für Long Covid

Nach einer Corona-Infektion litten etwa drei Prozent der Geimpften an Long Covid. Ohne Impfung sei das Risiko ungefähr doppelt so hoch. Wie viele in Deutschland betroffen sind, könne Lauterbach „zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen.“ Ex­per­t*in­nen des runden Tischs gingen jedoch davon aus, dass auch rund ein Prozent der Kinder in Deutschland von Long Covid betroffen sei.

Long Covid bezeichnet Symp­tome, unter denen Infizierte vier Wochen nach der akuten Corona-­Erkrankung leiden. Bei Long Covid handelt es sich kein einheitliches Krankheitsbild, es gibt völlig verschiedene physische und psychische Folgen: Depressionen, ausgeprägte Konzentrationsprobleme oder das chronische Erschöpfungssyndrom ME/CFS. „Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine Heilung“, erklärte Lauterbach.

Warum es so viele unterschiedliche Symptome gibt, ist bisher unklar – und das erschwert die Behandlung. Die Medizinerin Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité forscht seit Jahren zu ME/CFS und freut sich über die von Lauterbach versprochenen Millionen: „Wir werden wohl an die 30 Arbeitsgruppen haben, die sich damit beschäftigen. Das ist international einmalig.“

So ließen sich verschiedene Therapieverfahren prüfen. „Wir haben ein sehr klares Programm“, sagte Scheibenbogen. Lauterbach lobte bereits vorab, dass die Forschungsergebnisse von europaweiter Bedeutung wären.

Allerdings ist das Geld aus dem Bundeshaushalt noch nicht sicher, wie Karl Lauterbach bestätigte. Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, äußert sich deshalb skeptisch: „Inwieweit die angekündigten 150 Millionen Euro für die Versorgungsforschung auch bei den Patienten ankommen, bleibt abzuwarten. Solange der Haushalt für 2024 noch nicht steht, sind all die gemachten Versprechungen bloße Ankündigungen.“

Lauterbach berichtete, beim runden Tisch sei es auch um Symptome gegangen, die nach einer Corona-Impfung auftreten, dem sogenannten Post-Vac-Syndrom. Obwohl die Hypothese laute, dass es sich um ähnliche Probleme handle, sei für das Post-Vac-Syndrom ein eigenes Treffen nötig.

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