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Indiens Polizei beruft sich auf NotwehrFrauenmörder erschossen

In Hyderabad erschießt die Polizei vier mutmaßliche Vergewaltiger und Mörder bei der Nachstellung der Tat. Dafür wird sie gefeiert.

Diese Menschen feiern die Tötung der mutmaßlichen Vergewaltiger und Mörder durch die Polizei Foto: Amit Dave/reuters

MUMBAI taz | Rosenblüten und Reste von Böllern liegen am Tatort im südindischen Hyderabad. An dieser Stelle war vor einer Woche die Leiche einer jungen Tierärztin von ihren vier Mördern verbrannt worden. Zuvor hatten sie die 27-Jährige verschleppt, vergewaltigt und getötet. Doch die Blumen jetzt sind weniger ein Zeichen der Trauer um die Frau als vielmehr der Freude. Denn die Blumen wurden am Freitag über Polizisten gestreut, die hier die vier mutmaßlichen Vergewaltiger und Mörder am Tatort erschossen hatten.

Dutzende Menschen versammelten sich hier, um den Tod der mutmaßlichen Täter zu feiern. Die Polizei erklärte, hier mit den Verdächtigen am frühen Morgen die Tat nachgestellt zu haben. Dabei hätten die vier Männer im Alter von 20 bis 26 Jahren plötzlich versucht, den Polizisten die Waffen zu entreißen und zu fliehen. Sie seien dann in Notwehr erschossen worden.

In den Tagen zuvor war in den sozialen Netzen die Todesstrafe für die Verdächtigen gefordert worden. Landesweit folgten mehr Proteste als in anderen Missbrauchsfällen, wo die Opfer sozial niedriger gestellt sind. Und jetzt gab es in den sozialen Netzwerken entsprechend viel Zustimmung für die Polizeiaktion.

Auch der Vater des Opfers bedankte sich laut der Nachrichtenagentur ANI mit den Worten „Die Seele meiner Tochter wird jetzt in Frieden ruhen“.

Indiens Polizei ist berüchtigt für ihre „Encounter“

Doch gab es auch warnende Stimmen. Die Polizisten hätten die Verdächtiger entweder hingerichtet oder seien schlichtweg inkompetent gewesen, twitterte Meenakshi Ganguly von Human Rights Watch. „Um der Wut der Öffentlichkeit über das Versagen des Staates bei sexuellen Übergriffen entgegenzuwirken, machen sich indische Behörden einer erneuten Zuwiderhandlung schuldig.“

Medienberichten zufolge gibt es Widersprüche in der Polizeiversion um mehrere Stunden, was den Zeitpunkt der Tatnachstellung betrifft.

Indiens Polizei ist berüchtigt für Tötungen bei solchen sogenannten „Encountern“. Dabei sterben Verdächtige stets auf der Flucht. Solche „Entcounter können nicht (durch die Zustimmung im Netz) normalisiert werden. Wir haben aus gutem Grund Gerichte und ein Rechtssystem“, schrieb die Journalistin Nidhi Razdan auf Twitter.

Die Polizei kann mit diesen „Encountern“ vom eigenen Versagen ablenken. Und viele empfinden diese Art der schnellen Justiz als eine gerechte und wirksame Strafe, die meist extrem langjährige Justizverfahren umgeht

Wie problematisch Letzteres ist, zeigte sich am Vortag. Da wurde eine 23-jährige Frau im nordindischen Uttar Pradesh auf dem Weg zum Gericht von ihren mutmaßlichen Vergewaltigern und ihren Helfern angezündet. Sie hatte im Prozess gegen vier Männer aussagen wollen, die sie vergewaltigt hatten.

Die Behörden hatten den Fall zuvor verschleppt und einen Angeklagten gerade erst gegen Kaution freigelassen. Die Polizei nahm jetzt fünf Männer fest, darunter zwei der mutmaßlichen Vergewaltiger. Die Frau überlebte schwerverletzt und wurde zur besseren medizinischen Behandlung in eine Klinik nach Neu-Delhi geflogen.

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3 Kommentare

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  • Brutalität und Dummheit leben Tür an Tür. Wenn Polizisten Verdächtige vor der Verhandlung exekutieren, kann kein Gericht die Hintergründe der Tat oder eine eventuelle Unschuld der Beschuldigten feststellen. Den Polizisten kann das nur Recht sein. Vor allem, wenn sie von dummen Untertanen auch noch gefeiert werden für ihre Selbstschutzaktion. Wäre ja wirklich peinlich, gleich doppelt versagt zu haben: in der Prävention der Tat und bei der Jagd nach den Verbrechern. Der Staat, der zweifellos mitschuldig ist, wird seine Diener vermutlich wieder decken. Das tut er hier ja schließlich auch ab und an. Er weiß wohl, was er ihnen schuldig ist. Den Frauen ist damit leider gar nicht gedient. Aber wen kümmert schon, was Frauen wirklich brauchen? Autoritäre Arschlöcher jedenfalls nicht.

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Sind diese "Encounter", also Nachstellungen einer Straftat mit den eigentlichen Verdächtigen Standard? Ich würde doch freiwillig nicht an so etwas teil nehmen wenn das hier beschriebene ein "normaler" Ausgang ist.

    Die Strategie dahinter ist mir begreiflich. Das ist eine klassische Abschreckung. Selbst wenn die Todesstrafe verboten wäre, gegen Selbstjustiz mit Todesfolge durch eine Gruppe von Polizisten kann man im Prinzip nichts machen. Die Aussage dahinter ist: Vergewaltige und Töte eine Frau, und der Staat bzw. seine Diener bringen dich ohne mit der Wimper zu zucken um.

    Das ist mehr als nur eine grenzwertige Strategie. Ich nehme an die Indische Polizei ist relativ verzweifelt wenn Sie so eine Strategie auffahren muss um in der Öffentlichkeit als "handelnd" wahrgenommen werden will.

    • @83191 (Profil gelöscht):

      Nun ja, grundsätzlich ist eine Tatortbegehung mit dem Verdächtigen vielleicht nicht Standard, jedoch weltweit durchaus gängige Praxis. Manchmal geht es gar nicht anders, da der Beschuldigte in seiner - oft Wochen oder gar Monate nach der Tat stattfindenden - Befragung aus der Erinnerung heraus Angaben macht. An bestimmte Einzelheiten, gerade auch Wegstrecken, Entfernungen etc., erinnert man sich vor Ort genauer, Einzelheiten (die dem Beschuldigten vielleicht gar nicht als wesentlich in Erinnerung geblieben sind) kommen erst dann zur Sprache und Schutzbehauptungen können anhand der nachgestellten Tatortsituation oftmals entkräftet werden.

      Es ist also durchaus ein normaler Vorgang. Jedoch ist mir aus dem Gedächtnis heraus kein einziger Fall in Europa bekannt, wo bei einer Tatortbegehung ein Fluchtversuch unternommen wurde - da wimmelt es von Polizeibeamten, als würde ein Castor durch das Gebiet fahren.