Impeachment-Verfahren: Kurz und schmerzhaft
Trotz des Freispruchs für Trump war das Amtsenthebungsverfahren wichtig. Das Ergebnis zeigt, dass bei den Republikanern der Nachfolgekampf beginnt.
D as zweite Impeachmentverfahren gegen Donald Trump war kurz und schmerzhaft. Und es war notwendig. In einem Crashkursus in Geschichte hat es in weniger als einer Woche tiefe Einblicke darin geliefert, wie rasant der Abstieg in eine Bananenrepublik gehen kann. Die AnklägerInnen haben effizient rekonstruiert, wie der Ex-Präsident seit vielen Monaten das Terrain für einen Aufstand vorbereitet hat.
Wie er sein Amt benutzt hat, um das Vertrauen in die demokratischen Institutionen zu erschüttern. Wie er Druck auf Wahlbehörden ausgeübt hat. Wie er gegen Andersdenkende in der eigenen und der Oppositionspartei gehetzt hat. Und wie er seine Basis mit Propagandalügen gefüttert und manipuliert hat. Dass Trump am Ende dennoch frei gesprochen wurde, ist erschütternd. Aber es ist keine Überraschung.
Es war ein angekündigter Ausgang des Impeachmentverfahrens, den er nicht seinen Verteidigern zu verdanken hat, sondern sowohl den überholten und undemokratischen Strukturen des Senats, als auch dem Opportunismus und der Feigheit führender RepublikanerInnen. Nachdem sie vier Jahre lang vor Trump geduckt haben, tun sie es jetzt vor den 75 Millionen WählerInnen, die im November für ihn gestimmt haben und von denen sie nicht wissen, ob und wie die Gewalt vom 6. Januar ihr Denken verändert.
Trotzdem ist das Impeachmentverfahren vielversprechend: Wenn 57 gegen 43 SenatorInnen Trump für „schuldig“ halten, ist das eine klare Mehrheit. Und wenn unter ihnen nicht nur alle 50 DemokratInnen in der Kammer, sondern immerhin sieben RepublikanerInnen sind, ist das ein Zeichen, dass endlich Bewegung in die Verhältnisse in der US-amerikanischen Rechten gekommen ist.
So sehr der Ex-Präsident Trump und seine Basis nach dem Impeachmentverfahren von „Sieg“ reden und Rache gegen die sieben Aufrechten schwören mögen – in der Republikanischen Partei hat nun der Kampf um die Nachfolge von Trump begonnen. Für die DemokratInnen war das Impeachmentverfahren ein moralisches Muss. Nachdem sie es abgeschlossen haben, müssen sie sich ebenso rasant der Zukunft widmen: Dabei geht es sowohl um die Bekämpfung des Trumpismus im System als auch um den Beweis, dass ihre Politik besser ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los