piwik no script img

Ideen für den Fußball der FrauenAlter Sexismus in neuem Gewand

Wieder mal macht ein Mann Vorschläge zur Verbesserung des Frauenfußballs. Die Idee, Drittel statt Halbzeiten zu spielen, bevormundet Frauen.

Drauf gespuckt! Große Fußballerinnen wie die Französin Wendy Rénard müssen sich von Männern gar nichts sagen lassen Foto: dpa

Der Reformvorschlag von Ex-Schalke-Boss Peter Knäbel, ab August Präsident des Schweizer Fußballverbands, klingt auf den ersten Blick harmlos. Beim Forum „Fußball kann mehr“ plädierte Knäbel für Drittel statt Halbzeiten im Frauenfußball – warum nicht? Doch hinter der scheinbar progressiven Idee verbirgt sich ein altbekanntes Muster. Männer erklären Frauen, wie sie zu spielen haben.

Knäbels Argumentation vom „besonderen Charme“ des Frauenfußballs wirkt wertschätzend. Problematisch daran ist, dass Frauen wieder mal Sonderregeln von außen auferlegt werden, die nicht auf einem internen Bedarf basieren, sondern auf Initiative eines Mannes an der Spitze. Es geht hier nicht um Partizipation, sondern um Projektionsfläche. Die Perspektiven der Betroffenen finden keine Berücksichtigung, sondern andere – meist Männer – legen fest, was für sie passend sei.

Die physischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen im Sport sind unumstritten. In zahlreichen anderen Sportarten werden sie längst berücksichtigt. Volleyballnetze sind niedriger, Disken leichter, selbst die Spielzeiten im Tennis unterschiedlich. Der Vorschlag, Spielfeld, Tore oder Ballgrößen im Frauenfußball anzupassen, ist deshalb nicht per se sexistisch – solange diese Anpassungen von den Spielerinnen selbst kommen und wissenschaftlich sowie sportlich fundiert diskutiert werden.

Kein Wunsch der Spielerinnen

Und genau das ist hier nicht geschehen. Weder gab es eine öffentliche Debatte unter Spielerinnen noch einen breiten sportwissenschaftlichen Diskurs. Stattdessen erklärt Knäbel, was dem Frauenfußball „guttun“ würde – so, wie es die Verbände in den 1970er Jahren schon einmal taten, als sie Frauenfußball mit kleineren Bällen und kürzeren Spielzeiten künstlich vom Männerfußball abkoppelten.

Damals war das Ziel die Abwertung, heute versteckt sich die gleiche Haltung hinter dem Begriff der „Attraktivitätssteigerung“. Hinzu kommt: Spielerinnen des deutschen Teams wie Jule Brand oder Sjoeke Nüsken sehen keinerlei Notwendigkeit für die Änderung. Statt also an der Uhr zu drehen, wäre es zielführender, endlich die infrastrukturellen Bedingungen zu verbessern: eigene sportmedizinische Betreuung, genderspezifische Trainingskonzepte und vor allem mehr Entscheidungsmacht für Frauen in Gremien.

Die eigentliche Frage lautet also nicht, ob der Frauenfußball andere Regeln braucht. Sondern wer über diese Regeln entscheiden darf. Der Unterschied zwischen der englischen Star-Trainerin Emma Hayes, die kleinere Tore für Torhüterinnen forderte, und Peter Knäbel: Hayes spricht als Trainerin aus der Praxis und aus einer Position innerhalb des Frauenteams. Knäbel hingegen spricht über den Frauenfußball – nicht mit ihm.

Der Frauenfußball hat es verdient, als eigenständige und gleichwertige Sportart betrachtet zu werden. Selbstbestimmung ist dafür die Voraussetzung. Wer den Frauenfußball wirklich fördern will, muss zuerst Macht umverteilen. Nicht Spielzeiten.

Dieser Text entstand im Juli 2025 im Rahmen des Workshops für junge Sportjournalistinnen der taz Panter Stiftung

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • Wahrscheinlich stammen die meisten der Beiträge hier mehrheitlich von ebenso sich in ihrer Selbstgefälligkeit gefallenden Männer wie der genannte Herr. Davon haben wir in allen Bereichen ja mehr als genug.

  • Es ist völlig richtig, das Frauen in den Verbänden stärkere Präsenz haben sollten. Das sollte auch keineswegs auf die Sparten Frauen/Männer limitiert bleiben.

    Auch sollten die Gelder aus dem Männerbereich in einer Weise umverteilt werden, das sich der Frauenfussball sportlich schneller weiter entwickeln kann.

  • Es geht ja auch nicht um Fussball, sondern um "Frauenfussball" ... Scheint nicht der gleiche Sport zu sein ... Vielleicht erstmal die grundlegende Differenzierung überwinden ... Wenn Frau sich in diesem Sport emanzipieren will ...

    Die Emanzipation ganz allgemein käme ziemlich sicher mehr voran mit Männern im Synchronschwimmen, oder als Sportgymnasten oder mit Kontorsion als olympischer Disziplin .... Ganz Allgemein mit mehr Aufmerksamkeit für Sportarten die achtsamer, solidarischer und oder individueller sind ... Diese ganzen Mannschaftssportarten haben komplett militaristisches Vokabular ( Angriff, Verteidigung, Treffer, Sturm ....) und befördern die entsprechende Denke ... Aber gut die Welt ist halt Scheisse und bekommt die Bewegungsspiel die sie verdient.

    • @LuckyLulu :

      Also sinnloser (oder hirnloser?) geht es ja wohl nimmer.

  • Warum diese Verzerrung?



    Knäbel entscheidet doch gar nicht über die Spielzeiten.



    Eine Meinung darf er haben.

  • Peter Knäbel der Präsi des SFV? Gibts da keine Schweizer*In?

  • Sind denn die Regeln Ergebnis einer selbstbestimmten und demokratischen Abwägung der Bedarfe der Beteiligten? Sind Anregungen von Außen per se schlecht?

    Die Crux ist doch: Der "Abwägungsprozess" der aktuellen Regelsituation erschöpft sich doch in einem "Genau wie bei den Männern".

    Ich finde den Vorschlag kleinerer Tore absolut naheliegend. Das Torwartspiel ist selbst auf dem höchsten Niveau bei den Frauen sehr "gewöhnungsbedürftig".

    Ich persönlich denke auch, dass es dem Frauenfussball gut täte, wenn auf einem Kleinfeld gespielt würde. Allerdings gibt es dann natürlich praktische Probleme mit den Stadien...

    Wenn man Frauenfußball unbedingt medial aufwerten will, um noch mehr Geld aus dem Fußballzirkus herauszupressen, dann wären Verbände und Investoren gut beraten, das Spiel der Frauen ansehnlicher zu gestalten.



    Unter gleichen Rahmenbedingungen sieht das geübte Auge nämlich sofort, dass die Frauen auf dem Niveau männlicher B/C-Jugend spielen.

    • @Chris McZott:

      Dem Namen nach sind Sie auch ein Mann. Da passt diese gequirlte Überheblichkeit ins Bild, ebenso wie der dreiste Fremdbestimmungsanpruch (… Kleinfeld …).



      „… mehr Geld aus dem Fußball herauspressen ….“ ist ja wohl eher das Monstergebaren im Männerfußball., wo man bei FIFA und Co. den Hals nicht voll kriegt. Die strukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen, unter denen Frauen diesen Sport ausüben, gehören zu den miesesten schlechthin. (Ohne Leidenschaft ginge das gar nicht).



      Alberne Vergleiche mit männlicher C-Jugend sind ohnehin lächerlich, es fällt männlichen Menschen auch leichter weiblichen Menschen körperliche Gewalt anzutun (warum wohl?).

  • Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie die "Lila Lottas" der 80iger über die Männer gelästert haben. Da hieß es unter Anderem, dass Männer primitiv sind, weil 22 von ihnen einem Ball hinterher laufen.

  • Als Funktionär (m/w/d) wird man wohl eine Meinung kund tun können und gestalten. Mit Sexismus hat das nichts zu tun.

    Knäbel spricht daher nicht über den Frauenfussball, sondern für ihn, ganz unabhängig seines eigenen Geschlechts.

    • @DiMa:

      Er sollte sich lieber um die katastrophalen Zustände bezüglich Trainingsbedingungen und Bezahlung kümmern, das wäre eine seiner Aufgaben.

      • @snowgoose:

        Das liegt doch ausschließlich in seinem Ermessen.

        • @DiMa:

          Wieso,? Ist er ein ein Verwandter von Trump?

  • Es gibt keinen Frauenfußball! Gibt es nicht. Die Regeln sind identisch, das Spielfeld ist nicht kleiner oder größer. Es gibt Fußballturniere der Frauen, es gibt eine Bundesliga der Frauen. Aber keinen Frauenfußball.

    • @Nila80:

      In einer Diskussion, in der es um mögliche Anpassungen der Regeln bei Wettbewerben der Frauen geht, finde ich den Begriff Frauenfußball passend.

      Es geht ja gerade darum, ob etwa das Spielfeld etwas verkleinert werden sollte, um mehr Dynamik reinzubringen. Weil Athletinnen weniger und langsamer rennen als das in Männerwettbewerben der Fall.

      Und wer solche Vorschläge machen und Teil der Diskussion sein sollte.

      • @gyakusou:

        Es geht ums Wording. Der Sport heisst Fussball und wenn Frauen ihn spielen ist es derselbe Sport

        • @TV:

          Es gibt Frauenwettbewerbe und Männerwettbewerbe, Frauenmannschaften und Männermannschaften, daran ändert auch Ihr „wording“ nichts.