IS-Rückkehrerin kommt vor Gericht: Anklage gegen Cuspert-Witwe

Die Hamburgerin soll in Syrien unter anderem eine 13-Jährige als Sklavin gehalten haben. Enttarnt wurde sie von einer libanesischen Journalistin.

Eine Frau wird von vermummten Polizisten zu einem Hubschrauber der Bundespolizei geführt.

A. auf dem Weg zum Hubschrauber Foto: Telenewsnetwork/dpa

BERLIN taz | Ohne die libanesische Journalistin Jenan Moussa würde es diese Anklage vermutlich nicht geben. Moussa war bei ihren Recherchen in Syrien und im Irak zufällig auf das Handy von Omaima A. gestoßen und folgte ihrer Spur bis nach Hamburg. So wurde die Witwe von IS-Kämpfer Denis Cuspert gefunden und schließlich verhaftet. Cuspert, der sich früher als Rapper Deso Dogg genannt hat, war das vermutlich hochrangigste deutsche IS-Mitglied, bevor er bei einem US-Angriff umkam. Zweieinhalb Jahre lang hatte seine Witwe A. als Rückkehrerin unentdeckt in Hamburg gelebt.

Am Montag teilte die Bundesanwaltschaft nun mit, dass sie gegen A. Anklage erhoben hat, unter anderem wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit. Nimmt das Gericht die Anklage an, wird der Prozess vor dem Staatsschutzsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg geführt.

Laut Anklage reiste Omaima A. im Januar 2015 mit ihren drei minderjährigen Kindern über die Türkei nach Syrien, um beim „Islamischer Staat (IS)“ zu leben. In der Türkei traf sie ihren damaligen Ehemann Nadar H., der bereits seit Dezember 2014 in Syrien war. Zu fünft zog die Familie weiter. A. war zunächst getrennt von ihrem Mann in einem Frauenhaus untergebracht, später zog die Familie in Raqqa in eine gemeinsame Wohnung.

A. führte den Haushalt und erzog die Kinder „im Sinne der IS-Ideologie“, so die Bundesanwaltschaft. „Hierdurch ermöglichte sie ihrem damaligen Ehemann, für die terroristische Vereinigung als Kämpfer tätig zu werden.“ Zwischen Frühjahr und Sommer 2015 hielt A. ein 13-jähriges jesidisches Mädchen als Sklavin. Wie lange genau, ist bislang nicht bekannt. „Dabei handelte die Angeschuldigte entsprechend der Ideologie des IS. Hiernach sollte der jesidische Glaube ausgerottet werden“, so heißt es in der Anklage. A. soll auch mit einer Kalaschnikow selbst Gewalt angewendet und zwei Personen aufgefordert haben, zum IS auszureisen.

Nachdem ihr Mann im Frühjahr 2015 bei einem Luftangriff bei Kobane getötet wurde, heiratete A. wenig später Denis Cuspert. Weil sie sich stritten und sie außerdem das Kind, mit dem sie schwanger war in Deutschland zur Welt bringen wollte, kehrte A. Anfang September 2016 mit ihren drei Kindern in die Bundesrepublik zurück. Zweieinhalb Jahre lebte sich unbehelligt in Hamburg und arbeitete als Schönheitsberaterin.

Im April 2019 machte die Journalistin Jenan Moussa ihre Entdeckung öffentlich. Fünf Monate später wurde A. festgenommen, seitdem sitzt sie in Untersuchungshaft. „Sie lebt dort, als sei nichts geschehen“, hatte Moussa festgestellt.

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