Homophobie in Dominikanischer Republik: Schwuler US-Botschafter als Affront
Die US-Regierung hat einen schwulen Botschafter in den Karibikstaat entsandt. Das wird als „imperialistischer Akt“ und „Beleidigung“ empfunden.
SANTO DOMINGO taz | Kardinal Nicolás de Jesús López Rodríguez muss beim diesjährigen Weihnachtsempfang der US-Botschaft in der Dominikanischen Republik einem Maricón, „einer Schwuchtel“, die Hand schütteln – eine Horrorvorstellung.
Denn seit dieser Woche ist in dem weitläufigen Gelände am Rande der Innenstadt von Santo Domingo ein bekennender Homosexueller Hausherr. In der vergangenen Woche traf James „Wally“ Brewster, der neue Mann Washingtons in der Karibikrepublik ein – zusammen mit seinem Gatten Bob Satawake.
Das prüde Oberhaupt der dominikanischen Katholiken schäumt vor Wut, seit US-Präsident Barack Obama den Geschäftsmann Brewster als diplomatischen Vertreter berufen hat. Seinen homophoben Gedanken ließ López Rodríguez auf einer Pressekonferenz, bei der er sowohl zum neuen US-Botschafter als auch zu landwirtschaftlichen Themen befragt wurde, freien Lauf: „Gehen wir jetzt von Schwuchteln und Lesben zu den Hühnern über?“, fragte er.
Evangelikale Gemeinden im Land haben ihre Mitglieder aufgerufen, in Anlehnung an die rote Aids-Schleife sich eine schwarze ans Revers zu heften. Der Amtsantritt des schwulen Diplomaten sei ein „schwarzer Montag“ für das Land und eine „Beleidigung der guten dominikanischen Sitten“, erklärte der Vorsitzende der Evangelikalen Bruderschaft, Cristobal Cardozo.
Ein Fan von „Béisbol“
Der Kolumnist José Alberto Ortiz sieht in der Berufung des schwulen Botschafters einen Akt imperialer Attitüde: „Obama weiß, dass die Mehrheit der Bevölkerung gleichgeschlechtliche Hochzeiten und diese Familienform ablehnt. Weil es nicht möglich ist, sie von dieser Ideologie zu überzeugen, hat er sich dafür entschieden, es ihr aufzuzwingen – ein typischer Akt einer imperialistischen Regierung.“ James „Wally“ Brewster ist der siebte US-Botschafter im Land.
Die dominikanische Regierung schweigt diplomatisch. Lediglich schwule, lesbische und Transgender Organisationen begrüßten den US-Bürger begeistert und hoffen auf positive Auswirkungen auf das schwulenfeindliche Klima im Land. Brewster, der mit seinem Lebenspartner schon öfter das Land besucht hat und es als seine „zweite Heimat“ bezeichnet, brachte es mit einer Charmeoffensive sogar auf die Titelseiten der Tageszeitungen. Bei seiner Ankunft in diplomatischer Mission outete er sich als „Béisbol“-Fan, dem Nationalsport des Landes.
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