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Hoher TextilkonsumEuropäer kaufen so viel Kleidung wie noch nie

Die Europäische Umweltagentur warnt vor Fast Fashion. Die Billig-App Shein wird am stärksten von Top-Verdienern genutzt.

Kaum gekauft, schon im alt und fast im Müll, die Artikel von Shein Foto: Thorsten Wagner/imago

Berlin taz | Die Menschen in der Europäischen Union (EU) erwerben so viel Kleidung, Schuhe und andere Textilien wie noch nie. 19 Kilogramm kaufte ein EU-Bürger im Schnitt im Jahr 2022, schreibt die Europäische Umweltagentur EAA in einem Bericht, der am Mittwoch offiziell vorgestellt wird. Im Jahr 2019 waren es noch zwei Kilogramm weniger.

Der Grund für den Anstieg sind die niedrigen Preise von sogenannter Fast Fashion, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums der taz. Fast Fashion bezeichnet das Geschäftsmodell der Modeindustrie, aktuelle Trends schnell und günstig zu produzieren und in großen Mengen auf den Markt zu bringen.

Eine entscheidende Rolle beim Verkauf von Kleidung spielen Apps: 84 Prozent der Deutschen nutzen mindestens eine und über die Hälfte der Deutschen sogar mehr als drei Fashion-Apps, zeigt eine Studie des Unternehmensberaters Simon-Kucher vom März 2025. Mit personalisierten Prämien und günstigen Angeboten können Interessierte hier mit wenigen Klicks Textilien kaufen.

Massenweise Produkte gelangen darüber in den EU-Binnenmarkt, betonte der Sprecher des Bundesumweltministeriums. Die beliebteste App ist Zalando. Sie wird von 41 Prozent der Deutschen genutzt. Ein überraschende Erkenntnis, so die Studie: Die Billig-App Shein wird am stärksten von Top-Verdienern genutzt.

Auswirkungen auf Umwelt und Klima

Dass der Textilkonsum in der EU steigt, ist für die Umwelt und das Klima schlecht. Für die Herstellung von Textilien werden große Mengen Wasser und Flächen zum Anbau von Baumwolle und anderen Fasern benötigt.

Laut Angaben des Europäischen Parlaments sind etwa 2.700 Liter Süßwasser nötig, um ein T-Shirt aus Baumwolle herzustellen. Auch der Verbrauch von Materialien, Emissionen, Chemikalien und Mikroplastik belastet die Umwelt. Die Herstellung von Textilien verursacht 20 Prozent der weltweiten Wasserverschmutzung.

Großes Abfallproblem

In erster Linie ist Fast-Fashion aber ein großes Abfallproblem, so der Sprecher des Bundesumweltministeriums. Das zeigt auch der Bericht der EEA: Rund 6,94 Millionen Tonnen Textilmüll erzeugten die 27 EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2022. Umweltexperten sehen ein großes Problem darin, dass 85 Prozent der Textilien im gemischten Hausmüll landen und nicht im Recycling-Müll. Die EEA hofft, dass eine seit Januar 2025 bestehende EU-Richtlinie das ändert. Danach dürfen Textilien nicht mehr in den Restmüll geworfen werden.

Problematisch ist auch, dass Textilien aus Fasern bestehen, die schlecht recycelbar sind. Die seit Juli 2024 in der EU geltenden Ökodesign-Verordnung soll dieses Problem lösen. Sie sieht vor, dass künftig nur noch Produkte auf den europäischen Binnenmarkt kommen, die recycelbar sind.

Auf EU-Ebene eine Lösung für die negativen Folgen von Fast-Fashion zu finden, ist nach Auffassung des Sprechers des Umweltministeriums wichtig. So könnten einzelne Länder, in denen neue Regeln nicht gelten, nicht als Schlupfloch genutzt werden.

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10 Kommentare

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  • Verbote, Verpflichtungen, Regularien, bringen alle nichts wenn die Menschen Bock anhaben sich jede Menge Müll zu kaufen und ihnen Umwelt oder Arbeitsbedingungen völlig egal sind.



    Ich verstehe ja das es ein paar Nihilisten gibt, aber anscheinend ist es der großen Mehrheit egal.

  • "Die Billig-App Shein wird am stärksten von Top-Verdienern genutzt."



    Clicks, Zahl der Käufe, Zahl der Produkte, Umsatz, welche detaillierten Statistiken liegen zugrunde?



    Die Zahl der als inhabergeführte Läden noch überlebenden sog. Herrenausstatter ist hier als inverse Größe vielleicht nicht ganz unbedeutend. Gelegentlich ist die Suche nach Einzelstücken möglicherweise auch eine zu beachtende Ursache, wenn besondere Ansprüche an Details eine Rolle spielen, wie:



    ratgeber.bunte.de/...bezeichnung_162514



    Das Angebot an schönen Bildern zu "chicen" Produkten ist schon wirklich gigantisch im Netz, somit bestimmt auch verführerisch.

  • Top-Verdiener kaufen diesen Müll?

    Das Zeugs würde ich nicht mal anfassen, geschweige denn es zu tragen. Oder Leute zu umarmen, die so etwas tragen. Da hätte ich Angst irgendeinen bösen Ausschlag zu bekommen.

    Danke für den sehr guten informativen engagierten Artikel. Man wünscht, Millionen Menschen würden ihn lesen. Doch viele von denen verplempern ihre Zeit leider mit albernen Fashion-Apps.

  • Komisch.



    Bisher bin ich ganz ohne fashion app ausgekommen.



    Angesichts der Argumente im Artikel, die all Denen nicht unbekannt sind, die sich für Umwelt und Arbeitsrechte interessieren, werde ich einfach dabei bleiben.

  • Die Qualität der Kleidung animiert auch zum NEU kaufen. Für die schnelllebige Mode ein Muss. Es gilt reduziert Qualität zu kaufen um entgegenzuwirken.

  • Wahnsinn. Ist es Rücksichtslosigkeit, Ignoranz, Eitelkeit, warum Manche alle Naslang etwas Neues brauchen...

    • @Ciro:

      Ciro, es ist mehr ... es ist Religion, die Religion des Kapitalismus. Ohne die funkrioniert der nicht.

  • Wow, 84% nutzen mind. eine Fashion app? So kann man sich mit seiner peer Gruppe über die Wirklichkeit täuschen.



    Wie hat die Studie herausgefunden, dass Topverdiener überproportional Shein nutzen? Über freiwillige Budgetangaben der Shein-Nutzerinnen?



    Egal, die EU sollte den Import beschränken.

    • @fly:

      Richtig, noch mehr Regulation durch die EU, weil die Menschen sich von der EU nicht schon bevormundet genug fühlen...



      Sowieso: Verbote Verbote Verbote - egal was, Hauptsache verbieten...🙄



      Und wie soll das überhaupt gehen? Der Zoll schaut dann in jedes Päckchen aus China händisch einzeln rein ob da Mode drin ist und wenn ja wird live kategorisiert, ob es sich um Fast Fashion handelt oder nicht??? Anhand welcher Kriterien? Der individuelle Wasserverbrauch steht ja nicht auf dem einzelnen Produkt drauf...🤷‍♂️



      Das ist doch völlig aussichtslos das der Zoll das personell als auch fachlich gestemmt bekommt.



      Ein Verbot macht hier keinen Sinn - schon eher eine Verpflichtung zum Recycling aller Stoffe hier im Land. Das zügelt zwar nicht den Konsum, garantiert aber eine umweltgerechte Entsorgung und maximale Wiedergewinnung der Ressourcen

      • @Farang:

        Oder ein Umdenken bei den Menschen, ist ja kein Naturgesetz das man jede Woche neue Klamotten braucht.