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Hohe Boni für den Bahn­vorstandSie hauen sich die Taschen voll

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Die Sanierung der Bahn wurde lange verschleppt, jetzt häufen sich die Probleme. Die Konzernchefs kassieren trotzdem ab – etwa wegen des Frauenanteils.

Die da oben: Die Zentrale der Bahn in Berlin Foto: Chris Emil Janssen/imago

E s ist nicht zu fassen: Die Vorstandsmitglieder der Deutschen Bahn sollen Boni in Millionenhöhe ausgezahlt bekommen – als wäre der deutsche Schienenverkehr in einem ausgezeichneten Zustand und der Staatskonzern kein Sanierungsfall.

Der Bahnvorstand ist verantwortlich für Milliardenschulden, die auch durch völlig überflüssige Großprojekte wie etwa Stuttgart 21 entstehen, die finanziell total aus dem Ruder laufen. Über viele Jahre haben die Vorstände zudem Reparaturen und Modernisierungen verschleppt – und jetzt, nachdem die überfälligen Sanierungen endlich begonnen haben und allerorten Baustellen sind, ist ihr Krisenmanagement miserabel. Deshalb und weil sie nicht für genug Personal sorgen, gibt es Verspätungen und Zugausfälle wie noch nie.

Trotz ihres offensichtlichen Unvermögens werden die Bahnma­na­ge­r:in­nen fürstlich belohnt. FDP-Verkehrsminister Volker Wissing hat zwar die dringend notwendige Bahnsanierung endlich angepackt. Aber die Bahnchefs lässt er genauso weitermurksen und dabei bestens bezahlen, wie es seine CSU-Vorgänger getan haben. Das ist ein großer Fehler.

Mieser Trick mit dem Frauenanteil

Die Bahn­bosse sind ohnehin überbezahlt. Bahnchef Richard Lutz verdient weit mehr als der Bundeskanzler. Das ist nicht angemessen. Die leistungsbezogenen Zulagen zum Grundgehalt werden nach einem abstrusen Berechnungssystem festgelegt. Ein Beispiel: Weil der Frauenanteil unter den Führungskräften mit 27 Prozent genau einen Prozentpunkt über dem gesetzten – ausgesprochen niedrigen – Ziel liegt, gilt die Vorgabe bei der Bonuszuteilung als zu 200 Prozent erfüllt.

Personalvorstand Martin Seiler bringt dieser Punkt satte 256.000 Euro Zulage. Das ist derjenige, der in Tarifkonflikten den Gewerkschaften mit Hinweis auf die wirtschaftliche Lage der Bahn gerne maßlose und überzogene Forderungen unterstellt.

Was, bitte, ist das für eine Doppel­moral: im Tarifkonflikt mit der GDL den Hardliner geben und den Beschäftigten kaum einen Reallohnzuwachs gönnen – aber selbst die Taschen nicht voll genug bekommen.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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22 Kommentare

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  • das ist raubtierkapitalismus - nee, gleich wieder streichen, raubtiere können nie so schlimm wie bahnvorstände sein.



    sie räubern in einem gebiet, das mal gemeingut oder so war. wer schmeißt sie aus diesem ihrem bequemen paradies?

  • "Die Bahn­bosse sind ohnehin überbezahlt. Bahnchef Richard Lutz verdient weit mehr als der Bundeskanzler. "



    Ich spiele mal den Advocatus Diaboli...

    Das Einkommen des Bundeskanzlers entspricht in etwa dem eines erfolgreichen Zahnarztes mit eigener Praxis. Radiologenmit eigene Praxis z. B. verdienen deutlich mehr.

    Die traurige Realität ist, wenn die Bonuszahlungen weiterhin ausgefallen wären, dann hätten sich sicher viele der Vorstände einen neuen Job woanders gesucht. Zurück bleiben dann die, die niemand will. Und fähige Bewerber für die freigewordenen Stellen wird man auch nur mit der Aussicht auf entsprechende Boni locken. Darüber kann man sich ärgern, aber so läuft das nun mal in der "freien Wirtschaft".

    • @ORothe:

      Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob mehr Geld bessere Manager bringt – es ist ja auch eine Charakterfrage, wer in solche Positionen strebt. Und in meinen wenigen entfernten Berührungen zu Vorstandsetagen war die ernüchternde Erfahrung: Die Firma ist egal, so lang es dem Vorstand nutzt.

      Ich befürchte, jemand der den Job aus Überzeugung gut ausfüllt, wird schwer zu finden sein. Auch nicht über Geld. Da ist das ganze System zu kaputt.

    • @ORothe:

      Genau das ist der Satz der mir immer sauer aufstösst:

      "Darüber kann man sich ärgern, aber so läuft das nun mal in der "Freien Wirtschaft".

      Weil wir es nicht ändern. Und weil dieser Satz genau das ausdrückt was sie damit bezwecken wollen. Es nicht zu ändern.



      Wir können das sehr wohl. Markieren und brandmarken. Es als das hinstellen was es ist. Bereicherung. Nicht nur bei der Bahn.



      Lobbyisten oder Politiker in Vorständen oder Aufsichtsräten. Einige "Bürgervertreter" schaffen es sogar in mehrere.

      Als Abnickkasparen mit Nebeneinkommen.



      Und wir lassen uns das gefallen.

  • Bei der Bahn kann man nicht von Moral sprechen, nicht mal Doppelmoral passt auch nur die Nähe dieses Pöstchevereins. Es ist zum Fremdschämen - ohne Ende...

  • Ganz aktuell und passend zum Thema:

    Läuft ja alles prima mit der Bahn.



    Gestern wurde unter Mitwirkung von Kapazitäten wie Bahnvorstand Lutz und unserem besten Verkehrsminister eine neue Nachtzuglinie nach Paris eingeweiht.

    Mit österreichischen Wagons., Vermutlich wegen des Zustands und der Ausstattung.



    Leider musste der Zug eine Pause einlegen. Eine Mikrowelle hatte einen Brandalarm ausgelöst.

    Da kann man sich schon mal eine Bonierhöhung gönnen.



    Prost!

    By the way: Claus Weselsky Statement dazu war wirklich sehenswert. Mir gefällt es wenn er Schaum vor dem Mund und hervortretende Adern am Hals hat....

  • Die Bahn sagt bedauerlicherweise viel über den Zustand des Landes aus. Eigentlich kann man sich zur DB jeden Kommentar sparen. Tragisch, wie aus der pünktlichen, komfortablen und zuverlässigen Bahn innerhalb von wenigen Jahren SO etwas geworden ist.

    • @Leningrad:

      Ob die KFZ- und die Erdölindustrie Maulwürfe bei der Bahn eingeschleust haben? Wir mussten gestern das Auto für eine Fahrt benutzen, die früher öfter mit der Bahn stattfinden konnte,

  • Alles Gründe, um nicht Bahn zu fahren!



    Die Privatisierung war eine der vielen dümmsten Sachen, die deutsche Politik “zustande” gebracht hat.



    Vielleicht verkauft der Bund ja bald die ganzen maroden Autobahnbrücken an Privatleute, dann wird vor jeder neuen Brücke abkassiert…



    Wenn nicht nur ein Hr. Scheuer oder auch Spahn es sich leisten konnte Millionen Steuergelder mal eben “aus dem Fenster zu werfen”, dann weiß man auch, was alles in diesem Staat mittlerweile voll aus dem Ruder läuft. Fehlt nur noch, dass der Kanzler sich endlich mal von seinen Erinnerungslücken verabschiedet: cum ex lässt schön grüßen und die ganzen überflüssigen Altkanzler-Büros etc. auch…

  • Wir leben z.Zt. in deiner nepotistischen Plutokratie, die sich als liberale Wirtschaftsordnung tarnt. Kannste nix machen./?/!

  • Sie schämen dich für gar nichts mehr. Unterstützt von Politik frisst Gier die Infrastruktur .



    Dss ist so mit der schnellen Beförderung von über 70 Stastsbeamten in due höhere Gehaltsstufe. Das ist so bei den 1700 neuen Stellen, die die Ampel im Politikbereich geschafgen hat.



    Es wird sber an Kürzungen im Dozialbereich gedacht jnd wir sollen weiterhin schön wählen gehen, damit das auch alles so bleibt.

  • Sehr guter Artikel!

  • WER macht solche Verträge zum Nachteil der Allgemeinheit in diesen Jahrzehnten, das ist die Frage. Nepotismus ist ein zu untersuchender Faktor. Außerdem wäre zu fragen, ob das Gesamtergebnis des Unternehmens nicht gelegentlich wegen möglicherweise fahrlässiger Amtsführung auch zu Regressforderungen Anlass geben könnte. Ich denke an den gravierenden Investitionsrückstand.



    Wir KundInnen bezahlen das alles, pekuniär und mit sehr, sehr viel Zeit wegen der Baustellen, eingefrorener Weichen, kaputter Stellwerke und des grassierenden Personalmangels.



    /



    www.tagesschau.de/...-ausblick-101.html

  • "einen Prozentpunkt über dem gesetzten – ausgesprochen niedrigen – Ziel liegt, gilt die Vorgabe bei der Bonuszuteilung als zu 200 Prozent erfüllt."

    Schämen die sich denn nicht, dass sie - nach ihren Rechenkünsten - mit Stuttgart 21 Drölf Trilliarden Prozent über den geplanten Kosten liegen?

    • @Paul Anther:

      Deshalb besteht die DB AG aus vielen, vielen Einzelunternehmen. Da kann man Versagen so lange hin und her schieben, bis Boni draus werden...

  • Es ist beeschämend, sagt aber viel über den moralischen Zustand unserer Eliten aus.

  • Jupp, klingt alles ganz normal

    abgefuckt.

  • Hohe Boni für den Bahn­vorstand: Sie hauen sich die Taschen voll



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    Kann, nicht muss! Wie ich den DB-Vorstand einschätze wird der sich sicher mit weniger zufrieden geben, Hausnummer ca 4,9 Mio €!

    Auf der anderen Seite sollten wir auch nicht übersehen, wie schwer die o.a. an der "Verantwortung" zu tragen haben!

    Es muss sehr schlimm sein, z.B. "in passender Gesellschaft" zugeben zu müssen, "Ich arbeite im Entscheidungspositionen bei der DB!"

    Das dann spontan geäußerte Mitleid der Umstehenden, ist wohl kaum auszuhalten! :-)

    Da hilft auch der Satz: "Ich hab einen großen Dienstwagen mit Fahrer, den ich beruflich dazu nutze, Termine ein zu halten!" nicht mehr.

    Gönnen wir den o.a. dieses " bisschen Weihnachtsgeld" doch. In anderen "Zusammenhängen, Firmen usw. " würde diese Summe pro Kopf verteilt, & selbst dann da würden viele Vorstände & CEO's nur müde lächeln & sich eine andere Firma suchen! :-))

  • Und was lernen wir daraus? Nichts geht über eine Anstellung beim Staat, bei einem staatsnahen Unternehmen oder bei sonstigen vom staatlichen Wohlwollen abhängigen Institutionen (da würde z.B. der öffentlich rechtliche Rundfunk darunter fallen, aber auch viele NGOs). Dort müssen die Einkünfte nicht durch kokurrenzfähige Angebote am Markt verdient werden, sondern man läd die Kosten beim Steuer- bzw. Gebührenzahler ab.

    • @Pfennig:

      Ich würde das eger so sehen, dass man Institutionen, die dem Gemeinwohl dienen nicht nach dessen Profiten bewerten sollte, sondern, was sie der Bevölkerung einbringt (und somit auch dem Staat). Das man solche Managergehälter beschränken muss ist klar. Bei einem stattlichen Konzern der nicht Profitorientiert agieren muss, wäre das vielleicht auch einfacher umzusetzen.

      Und es ist falsch, dass der Staat das Geld der Bürger (aus Steuern, etc.) zu irgendwelchen Finanzierungen benötigt. Stellen sie sich einemal vor, der Staat hätte keine Schulden mehr. Dann hätten sie auch keinen Cent mehr in der Tasche. Denn Staat gibt das Geld an die Wirtschaft/Bevölkerung aus und macht dadurch Schulden. Diskutieren kann man, wie das Geld verteilt ist.

  • Und die Gewerkschaftsvertreter machen mit.

    • @Filou:

      Und welcher Gewerkschaft gehören die wohl an? Der Gewerkschaft, die für das Beste des Konzerns und nicht unbedingt für das Beste des Verkehrsträgers eintritt.

      Die GDL zumindest ist aktuell nicht im Aufsichtsrat vertreten.