Hochwasser in West- und Süddeutschland: CDUler wollen SMS-Warnsystem

Unions-Politiker:innen fordern beim Katastrophenschutz stärker mit Handynachrichten zu informieren. Angela Merkel verspricht den Flutopfern in NRW schnelle Hilfe.

Ein Sisplay mit einer SMS.

Warnung ber SMS, hier ein älteres Symbolbild Foto: imago

Union will zusätzliches Warnsystem per SMS

Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei hat sich für ein zusätzliches SMS-Warnsystem in Deutschland im Katastrophenfall ausgesprochen. „Auch in unserem Unions-Wahlprogramm sprechen wir uns dafür aus, die Cell-Broadcasting-Technologie als ergänzenden Multiplikator im Warnmittelmix zu prüfen“, sagt der CDU-Politiker der Nachrichtenagentur Reuters. „In anderen Ländern wie etwa Kanada oder Neuseeland wird die Technologie bereits erfolgreich eingesetzt.“ Rechtlich sei dies möglich und lösbar.

„Es muss sich lediglich im Rahmen der EU-Telekommunikationsrichtlinie bewegen.“ Die Einführung in Deutschland sei zwar teuer, aber sehr lohnenswert. „Insgesamt müssen wir das gesamte Warnsystem systematisch auf blinde Flecken untersuchen – analog wie digital.“

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich offen für den Aufbau eines solchen Warnsystems über SMS gezeigt. Dieses cell broadcasting könne die bestehenden Warnsysteme zwar ergänzen, diese aber nicht ersetzen, sagt Merkel. Die Nina-App etwa habe den Vorteil, dass sie auch noch funktioniere, wenn der Mobilfunk ausgefallen sei und keine SMS-Warnung mehr möglich ist.

Dennoch werde man sich das System anschauen, das Mobilfunkanbieter in Deutschland aber bisher nicht angeboten hätten. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sagt, dass er habe bereits mit einem Mobilfunkanbieter gesprochen. Man habe aber auch erkannt, dass man wieder verstärkt auf analoge Warnsystem wie Sirenen setzen müsse. (rtr)

Merkel sagt auch Flutopfern in NRW Hilfe zu

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Menschen in den Hochwasserregionen unbürokratische Soforthilfe zugesagt. Man werde alles daran setzen, „dass das Geld schnell zu den Menschen kommt“, sagte die CDU-Politikerin am Dienstag bei einem Besuch in der stark vom Hochwasser beschädigten Stadt Bad Münstereifel. „Ich hoffe, dass das eine Sache von Tagen ist.“

Merkel geht davon aus, dass die Wiedererrichtung der zerstörten Infrastruktur wie Straßen und Bahnstrecken sowie der Wiederaufbau der Stadt länger als ein paar Monate dauern wird. Es sei sehr klar, „dass wir hier einen sehr langen Atem brauchen werden“.

Kanzlerin Merkel vor Trümmern.

Kanzlerin Merkel bei einem Besuch in Iversheim am 20. Juli Foto: Wolfgang Rattay/reuters

Die Kanzlerin hatte sich zunächst vom Landrat des Kreises Euskirchen, Markus Ramers, und von Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian über die Lage in Bad Münstereifel unterrichten lassen. Sie sah sich eine Halle mit gespendeten Hilfsgütern an und verschaffte sich dann bei einem Gang durch den Ort einen eigenen Eindruck. Begleitet von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sprach sie auch mit Helfern und Bürgern.

Laschet sagte, man müsse sich stärker auf künftige Extremwetter vorbereiten. Die NRW-Regierung habe gerade das erste Klima-Anpassungsgesetz in Deutschland beschlossen. „Das wird viele Milliarden beanspruchen“, sagt Laschet. Er würde sich wünschen, dass alle Bundesländer dem NRW-Vorbild folgten. (dpa/rtr)

Lauterbach warnt vor Coronainfektionen in Notunterkünften

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnt angesichts steigender Infektionszahlen vor der Unterbringung von Flutopfern aus den Hochwasserregionen in Sammelunterkünften. Dort herrsche ein hohes Corona-Ansteckungsrisiko“, sagt er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Solche beengten Unterkünfte seien daher unbedingt zu vermeiden.

Die Flutopfer müssten statt dessen in Hotels und Einzelunterkünften untergebracht werden. Nur so ließen sich Massenausbrüche verhindern und die Zahl der vermeidbaren Kontakte eingrenzen. (rtr)

Anwohner sitzen während der Evakuierung in einer Notunterkunft.

Erhöhtes Risiko einer Coronainfektion? Notunterkunft für Flutopfer in Hannover Foto: Swen Pförtner/dpa

Sorge um Corona-Ausbreitung in Flutgebieten

Nach der Flutkatastrophe sehen die betroffenen Länder die Gefahr erhöhter Coronarisiken, etwa durch Hilfsaktionen oder die Unterbringung in Notunterkünften. „Derzeit kommen viele Menschen auf engstem Raum zusammen, um die Krise gemeinsam zu bewältigen. Wir müssen jetzt aufpassen, dass die Bewältigung der Katastrophe nicht zu einem Superspreader-Event wird“, sagte David Freichel vom Corona-Kommunikationsstab der Staatskanzlei in Rheinland-Pfalz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag).

Das Landesgesundheitsministerium bereite in Absprache mit den Behörden der betroffenen Landkreise eine Sonderimpfaktion in den Katastrophengebieten vor. Viele Rettungskräfte hätten bereits vollen Impfschutz.

„Eine erhöhte Gefahr der Ausbreitung von SARS-CoV-2 könnte sich vor allem durch die Unterbringung von Personen in Notunterkünften entwickeln“, zitierte der RND das Düsseldorfer Gesundheitsministerium. Die Gesundheitsämter vor Ort seien sich aber der zusätzlichen Gefahr bewusst. Sie könne durch Testungen, Masken und Lüften reduziert werden. (dpa)

Mindestens 164 Tote bestätigt

Bis Montag stieg die Zahl der Todesopfer auf mindestens 164: Aus Rheinland-Pfalz wurden 117 und aus NRW 47 Unwettertote bestätigt. In beiden Bundesländern wurde nicht ausgeschlossen, dass noch weitere Opfer gefunden werden könnten. Etwa 70 Personen werden derzeit noch vermisst. (dpa)

Merkel besucht Hochwassergebiete in NRW

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) macht sich am Dienstag ein Bild von der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen. Zusammen mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der zugleich Unionskanzlerkandidat ist, kommt sie nach Bad Münstereifel. Der Ort im Kreis Euskirchen ist von dem Unwetter der vergangenen Tage heftig betroffen. Merkel spricht mit Vertretern von Hilfsorganisationen sowie Helferinnen und Helfern. Nach einem Treffen mit betroffenen Bürgern steht ein Gang durch das Gebiet auf dem Programm.

Merkel war am Wochenende in Rheinland-Pfalz und hatte sich dort mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ein Bild von der Lage im Hochwassergebiet rund um Adenau gemacht. Der Bundespräsident war bereits am Samstag nach NRW gekommen: Frank-Walter Steinmeier hatte sich auf Einladung von Laschet die Situation im vom Hochwasser zerstörten Erftstadt angeschaut. Dort hatte im Stadtteil Blessem ein gewaltiger Erdrutsch Straßen und Häuser mitgerissen. Die Abbruchkante am Rand des Kraters galt zuletzt weiter als Risikozone.

Seit Montag gibt es mehrere Tage nach Beginn der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen immerhin einen Grund zum Aufatmen: Die seit Tagen vom Hochwasser bedrohte Steinbachtalsperre in der Nähe von Euskirchen scheint zu halten. Ein Dammbruch war dort nicht mehr zu befürchten, hatten die Behörden mitgeteilt. Bewohnerinnen und Bewohner umliegender Orte konnten zurück in ihre Häuser. (dpa)

Hohe Kosten befürchtet

Der Bund rechnet durch das Hochwasser mit mindestens rund zwei Milliarden Euro Schäden alleine bei der Deutschen Bahn sowie bei Straßen, wie die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus Regierungskreisen erfuhr.

Der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen, rechnet nach der Hochwasserkatastrophe mit einem Rekordschaden. „Kurzfristig zeichnet sich ab, dass sich 2021 zu einem der schadenträchtigsten Jahre seit 2013 entwickeln könnte. Damals lag der versicherte Schaden bei 9,3 Milliarden Euro“, sagt Asmussen der Zeitung Rheinische Post (Dienstag). „Wenn es nicht gelingt, die Erderwärmung unter dem Zwei-Grad-Ziel des Pariser Klimagipfels zu halten, dann werden wir etwa die Versicherung von Naturgefahren nicht in der bestehenden Form fortführen können.“

Die mittelständische Wirtschaft fordert derweil eine „schnelle und unbürokratische“ Auszahlung der von der Bundesregierung angekündigten Soforthilfen für die Opfer der Hochwasserkatastrophe.

„Um Fehler wie bei den Coronahilfen zu vermeiden, sollten die Hilfsgelder diesmal über die Finanzämter ausgezahlt werden“, sagt Markus Jerger, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW). Pauschalzahlungen seien der falsche Weg. Gefragt seien maßgeschneiderte Lösungen. (dpa/rtr)

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