Hilfe für Menschen in Afghanistan: Verantwortung oder Zynismus
Humanitäre Gründe sollten ausreichen, den notleidenden Menschen zu helfen. Der Westen ist mitverantwortlich für die Katastrophe in Afghanistan.
N icht nur die Machtübernahme der Taliban hat das Desaster der westlichen Interventionspolitik in Afghanistan offensichtlich gemacht. Auch die dort weiter eskalierende humanitäre Katastrophe zeigt, dass es trotz hochbezahlter internationaler Expert*innen mit Milliardensummen nicht gelungen ist, dort in zwei Jahrzehnten wirtschaftliche Perspektiven aufzubauen. Gestärkt wurde vor allem die lokale Korruption.
Deshalb möchten manche in Politik und Öffentlichkeit Afghanistan und ihre eigene Verantwortung jetzt am liebsten vergessen. Doch Wegschauen, die Afghan*innen komplett den Taliban auszuliefern und die Menschen allein dafür verantwortlich zu machen, wenn viele jetzt verhungern, ist verlogen. Es geht nicht nur um die humanitäre Verantwortung, Menschen in Not zu helfen, sondern eben auch um die Mitverantwortung westlicher Staaten für die Katastrophe.
Es geht um das schlichte Überleben von Menschen, die zum Spielball nationaler wie internationaler Politik und deren Versagen wurden. Klar ist: Es wird wieder Milliarden kosten, weil es jetzt laut UN eben auch 27 Millionen Menschen betrifft. Die Taliban haben sogar zugestimmt, dass die Nothilfe im Gesundheitsbereich über NGOs erfolgt. Jetzt nicht zu helfen, wäre menschenverachtend und eine zusätzliche Bestrafung der Kinder, Frauen und Männer in dem Land, wo die Taliban die Macht erobert haben.
Das humanitäre Argument rechtfertigt allein die Nothilfe. Doch werden gern zwei Argumente hinzugefügt, die an das vermeintliche Eigeninteresse westlicher Bevölkerungen appellieren: Je erfolgreicher Afghanistan mittels Nothilfe stabilisiert wird, desto weniger Flüchtlinge werden „zu uns“ kommen und desto weniger wird der terroristische sogenannte Islamische Staat (IS) vom dortigem Elend profitieren und „auch uns“ gefährden. Beide Argumente sind nicht völlig von der Hand zu weisen.
Doch wer diese Krücken benötigt, um von der Notwendigkeit humanitärer Hilfe überzeugt zu werden, ist zynisch und eher Teil des Problems als seiner Lösung.
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