Afghanistan und seine Nachbarn: Jets, Kleinkrieg und Scharmützel

Die afghanischen Taliban haben inzwischen zu mehreren Nachbarstaaten ein angespanntes Verhältnis – selbst zu ihrem Hauptunterstützer Pakistan.

Helicopter fliegt über Staub, der von Panzern hochgewirbelt wird

Auch zur Abschreckung der Taliban: Militärmanöver in Tadschikistan nahe der afghanischen Grenze Foto: Pavel Bednyakov/picture alliance

BERLIN taz | Erstmals seit der Machtübernahme der Taliban im August gibt es Spannungen zwischen Afghanistan und Nachbarländern. Verteidigungsminister Muhammad Jakub forderte am Dienstag Usbekistan und Tadschikistan in scharfen Worten auf, afghanische Militärfluggeräte zurückzugeben.

Er warnte in Kabul: „Stellt unsere Geduld nicht auf die Probe und zwingt uns nicht, mit dem zurückzuschlagen, was uns zur Verfügung steht.“ Offenbar ein Verweis auf die vielen US-Waffen, die den Taliban beim Fall Kabuls in die Hände fielen.

Karrte von Afghanistan und seinen Nachbarstaaten

Die Drohungen könnten Wasser auf die rhetorischen Mühlen zentralasiatischer Autokraten wie auch Russlands sein. So wie Kasachstans Präsident Kassim-Schomart Tokajew während der jüngsten Unruhen dort weisen sie gern auf angeblich von Afghanistan ausgehende Terrorgefahren hin, um von hausgemachten innenpolitischen Problemen abzulenken.

Tadschikistans Präsident Emomali Rahmon erklärte am Montag bei einer Videokonferenz des russisch geführten Militärbündnisses OVKS, das Truppen nach Kasachstan entsandte, in Nordafghanistan gebe es 40 Camps, wo auch zentralasiatische Terroristen trainierten. Ein Taliban-Sprecher erwiderte, es liege „keinerlei Wahrheit“ in diesen Behauptungen.

Die Taliban wollen afghanisches Fluggerät zurückhaben

Es geht bei dem Konflikt um drei Militärhubschrauber, mit denen der afghanische Expräsident Aschraf Ghani am 15. August in die usbekische Grenzstadt Termez floh und um 40 Kampfjets. Die flogen Piloten in den Umsturzwirren nach Tad­schikistan und Usbekistan, um sie dem Zugriff der Taliban zu entziehen.

Dahinter schien Ghanis Vizepräsident und Exgeheimdienstchef Amrullah Saleh zu stecken, der schon bis 2001 von Tadschikistan aus den Anti-Taliban-Kampf der früheren Nordallianz mitdirigierte. Damals brachte sie über eine dort von Russland genutzte Militärbasis Nachschub nach Afghanistan.

In Tadschikistan sitzt nun die Nationale Widerstandsfront (NRF) als Nachfolger der Nordallianz. Sie versucht, im afghanischen Pandschirtal und Teilen Nordostafghanistans einen Guerillakampf.

Tadschikistan erlaubte der Front, dort eine politische Vertretung zu eröffnen. Die firmiert als Büro der Ahmad-Schah-Massud-Stiftung, benannt nach dem 2001 von al-Qaida ermordeten Anführer der Nordallianz und Vater des 32-jährigen NRF-Chefs Ahmad Massud.

Widerstandsfront hat jetzt ein Büro in Washington

Die NRF eröffnete auch in Washington ein Büro und heuerte US-Lobbyisten an. Sie wird von rechten Republikanern unterstützt, die wollen, dass die NRF afghanisches Territorium „befreit“, um mehr Unterstützung zu bekommen.

Auch Iran erlaubt der Front eine Repräsentanz. In Iran hält sich auch der afghanische Warlord Ismail Khan auf, der zur Nordallianz gehörte, formell aber nicht zur NRF. Teheran vermittelte am Wochenende Gespräche zwischen ihm, Massud und Taliban-Außenminister Amir Chan Muttaki in Teheran. Diese zeigten, dass die afghanischen Parteien grundsätzlich gesprächsbereit sind.

Weder Iran noch Tadschikistan werden der Front offene militärische Aktivitäten von ihrem Gebiet aus erlauben. Denn das könnte den Afghanistankrieg neu anfachen, aber auch die guten Arbeitsbeziehungen zu den Taliban belasten. Im Interesse aller ist der Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (IS), der überregionale Interessen verficht.

Doch inzwischen ist auch das Verhältnis der Taliban zu ihrem Hauptunterstützer Pakistan getrübt. Die Taliban rissen Anfang Januar von Pakistans Armee auf afghanischem Gebiet errichtete Grenzzäune nieder. An mehreren Abschnitten der von Kabul wie auch von den Taliban nie anerkannten Grenze, der sogenannten Durand-Linie, kam es zu Schießereien.

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