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Handelskrieg zwischen USA und KanadaDer „Trump-Flüsterer“ ist gescheitert

Justin Trudeau hat es nicht geschafft, dem US-Präsidenten Strafzölle ausreden. Der Konflikt könnte den G7-Gipfel in der nächsten Woche überschatten.

Waren sich schon damals nicht ganz einig: Trudeau und Trump auf dem G20-Gipfel in Hamburg 2017 Foto: dpa

VANCOUVER taz | Justin Trudeau hatte alles versucht. Mehrmals war der kanadische Premierminister nach Washington gereist, um Donald Trump zu besänftigen. Regelmäßig hatte er mit dem US-Präsidenten telefoniert, insgesamt 30 Mal, seit dieser im Amt ist. Stets höflich und mit Charme hatte er den Polterer aus dem Weißen Haus zu umgarnen versucht. „Trump-Flüsterer“ hatte man ihn schon genannt.

Es hat nichts genützt. Am Ende konnte auch Justin Trudeau keine Ausnahmne mehr erwirken. Ab sofort müssen auch die Kanadier wie die EU Strafzölle auf Stahl und Aluminium zahlen – und das trifft das Land hart. Denn Kanada verkauft an kein anderes Land so viel Stahl oder Aluminium wie an die USA und das Land galt bislang als wichtigster und treuester Verbündeter und Handelspartner Washingtons.

Doch diese Partnerschaft wird jetzt auf eine harte Probe gestellt. Auf einer Pressekonferenz in Ottawa nannte Trudeau die neuen Zölle einen Affront und sprach von einem Wendepunkt in den Beziehungen beider Länder. „Es ist absurd, die Zölle mit einer eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA zu begründen“, kritisierte Trudeau und kündigte Vergeltungsmaßnahmen der kanadischen Seite an.

Im Gegenzug zu den US-Maßnahmen will Kanada nunmehr selbst Zölle auf amerikanische Produkte im Umfang von bis zu 16,6 Milliarden kanadische Dollar erheben. Diese sollen laut Trudeau ebenfalls auf Stahl und Aluminium, aber auch auf Lebensmittel und Haushaltsgüter fällig werden, darunter zum Beispiel auf Rasenmäher, Waschmaschinen, Orangensaft, Ahornsirup, Ketchup und Whiskey.

Ein letztes bisschen Optimismus

Noch hofft man in Ottawa, in letzter Minute einen Kompromiss zu finden, weswegen die Gegenzölle erst im Juli in Kraft treten sollen. Besonders in den Grenzregionen läuft ohne einen funktionierenden Handel mit den USA nur wenig, zum Beispiel in der Automobilindustrie, bei Zulieferern oder beim Militär. Manche Komponenten überqueren mehrmals die Grenze, bis sie fertiggestellt werden können.

Die Frist lässt auch Raum, bei den laufenden Verhandlungen zwischen Kanada, den USA und Mexiko über ein neues Nafta-Freihandelsabkommen doch noch Fortschritte zu erzielen. Trump hatte Ausnahmen bei den Zöllen mehr oder weniger offen von einem Durchbruch bei den Nafta-Gesprächen abhängig gemacht. Seit Monaten wird auf Druck Trumps über Änderungen an dem Vertrag gesprochen.

Bislang allerdings mit wenig Erfolg. Noch letzte Woche hatte Trudeau dem US-Präsidenten angeboten, die offenen Fragen bei einem Gipfeltreffen beider Regierungschefs in Washington zu klären. Trump aber wollte nur unter der Voraussetzung teilnehmen, dass Kanada und Mexiko in dem neuen Vertrag eine Ausstiegsklausel akzeptieren. Das hatten beide Länder abgelehnt und das Treffen platzte.

In Kanada ist man daher nicht mehr optimistisch, dass die Nafta-Verhandlungen in absehbarer Zeit abgeschlossen werden können. Erschwerend kommt hinzu, dass Trump die Kanadier bereits mehrmals einseitig mit neuen Strafzöllen überzogen hatte. Zunächst betraf das die kanadische Forstwirtschaft, dann den Luftfahrtkonzern Bombardier, dann die kanadische Papierindustrie, jetzt betrifft es Aluminium und Stahl.

Schlechte Vorzeichen für den G7-Gipfel

Das Vertrauen ist also dahin, auch das bislang ordentliche Verhältnis zwischen Trudeau und Trump. Für den G7-Gipfel der sieben großen Industrienationen nächste Woche im kanadischen Charlevoix sind das keine guten Vorzeichen. Gastgeber Trudeau war unter den Regierungschefs eigentlich eine Rolle als Vermittler zugedacht worden, der versuchen sollte, Trump von Alleingängen abzuhalten.

Doch das hat erkennbar nicht funktioniert und nun dürfte das G7-Treffen von den strittigen Zollfragen überschattet werden. In Ottawa befürchtet man bereits, dass sich der Gipfel zu einem gigantischen Fehlschlag entwickelt oder Trump wegen der miesen Stimmung unter den Partnern womöglich erst gar nicht anreist. Bislang aber hat Donald Trump seine Teilnahme nicht abgesagt.

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2 Kommentare

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  • "sollten sich „die Europäer“ ja von ihrer Trump-Fixierung lösen."

     

    Ne wir sollten uns von der USA-Fixierung lösen. Europe first!

  • Zitat: „Es hat nichts genützt.“

     

    Das war auch nicht zu erwarten. Justin Trudeau ist schließlich kein Robert Redford. Und Donald Trump ist kein Pferd. Das ist nicht Hollywood. Das ist Realität. Die ist nicht so einfach zu inszenieren.

     

    Trump ist ein Machtmensch. Er mag traumatisiert sein, aber er hat immerhin gelernt, seine Schwächen als Stärken auszulegen – und umgekehrt. Permanent wiederholte Erziehungsfehler können Menschen ganz schön verbiegen. Sie können sehr viel mehr dauerhafte Schäden anrichten im menschlichen Gehirn, als ein einzelner Unfall es je könnte.

     

    Trump und seine Mitstreiter betrachten jede Art von Schwäche als persönlichen Feind. Leider fallen auch Höflichkeit und Charme in diese Kategorie. Als „typisch weibliche Tugenden“ sind sie für Trump und seine „Jungs“ Ausdruck der Schwäche und als solche zu bekämpfen. Zum Beispiel mittels Ignoranz und Sturheit. Das sind sie sich schuldig.

     

    Tiere ideologisch zu verbiegen, ist sehr viel schwieriger. In gewissem Umfang können auch Tiere „Vorurteile“ haben. Höher entwickelte Tiere wie Elefanten oder Raben können auch Kategorien bilden (Mensch = böse), aber sie geben einem eventuelles Leid keinen „tieferen Sinn“. Sie haben keine Kultur im engeren Sinne. Das macht sie quasi vernünftiger als Menschen – und sicherlich sehr viel vernünftiger als Donald Trump.

     

    Womöglich sollten sich „die Europäer“ ja von ihrer Trump-Fixierung lösen. Es gibt genügend US-Amerikaner, die weniger indoktriniert und verbohrt sind. Der mächtigste Mann der Welt ist nur so lange der mächtigste Mann der Welt, wie diese anderen ihm mehrheitlich gehorchen. Tun sie das nicht mehr, ist er aufgeschmissen.

     

    Zugegeben: Dafür braucht es einen Kulturwandel. Leider hat Hollywood dafür bisher keine Vorlage geliefert. Die US-Kultur wäre ja auch nicht die US-Kultur, wenn sie nicht auf ganz breiten Schultern liegen würde. Der Präsident ist nicht allein. Zu viele Leute müssten eigentlich twittern: #me too.