Gutachten zum Berliner Mietendeckel: Auch Mietabsenkung ist rechtmäßig

Ist die Absenkung bereits bestehender Mieten rechtmäßig? Ein neues Gutachten bestätigt die Rechtsauffassung des rot-rot-grünen Senats.

Hochhaus mit Fernsehturm

Den Berliner Mietendeckel hält Andreas Fischer-Lescano für rechtmäßig Foto: dpa

BERLIN taz | Drei Tage vor der ersten Lesung des Mietendeckel-Gesetzes im Abgeordnetenhauses hat die Rosa-Luxemburg-Stiftung ein neues Rechtsgutachten über die Verfassungsmäßigkeit des Vorhabens vorgelegt. Die Bremer Juristen Andreas Fischer-Lescano, Christoph Schmid und An­dreas Gutmann bestätigen darin die Landeskompetenz Berlins für ein Gesetz zur Mietenbegrenzung.

Fischer-Lescano ist einer der renommiertesten linken deutschen Staatsrechtler. Auf einer Pressekonferenz nahm er am Montag auch zu einem Gutachten Hans-Jürgen Papiers Stellung. Laut dem ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts darf Berlin den Mietendeckel nicht erlassen, weil der Bund mit der Mietpreisbremse schon deutlich gemacht habe, dass er das Mietrecht regeln wolle.

„Wenn das so einfach wäre, dürfte es auch keine Landesversammlungsgesetze geben, weil es schon ein entsprechendes Bundesgesetz gibt“, sagte Fischer-Lescano. Die Abgrenzung sei zwar „extrem kompliziert“, aber möglich. Der Bund regelt die Mieten im Zivilrecht, die Länder können sie laut Fischer-Lescano seit der Föderalismusreform 2006 öffentlich-rechtlich regeln. Wichtig für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit sei, dass die Berliner Regel der bundesrechtlichen Mietpreisbremse nicht widerspreche, sondern deren Wirkung verstärke.

Auch die Absenkung bereits bestehender Mieten sei verfassungsgemäß, so die drei Juristen. „Die Kompetenz des Landesgesetzgebers für die Festsetzung einer Mietenobergrenze bliebe unvollständig, wäre es den Länder untersagt, auch bereits bestehende Mietverträge zu beschränken“, heißt es in dem Gutachten. „Aufgrund der regelmäßig langen Laufzeit von Wohnraummietverträgen käme es andernfalls zu einer Spaltung des Mietmarkts.“

Für den Immobilienverband GdW hatte Ex-Verfassungsrichter Papier am Freitag in einem zweiten Gutachten sowohl die Landeskompetenz Berlins als auch die Rechtmäßigkeit einer Absenkung bestritten.

Papier zielt auch auf die Ungleichbehandlung der Vermieter. „Eine gesetzgeberische Lösung, die pauschal alle Bestandsmietverhältnisse und alle davon betroffenen Vermieter- und Mietergruppen unterschiedslos erfasst, bringt die widerstreitenden Interessen nicht in einen angemessenen und ausgewogenen Ausgleich“, schreibt Papier. So würden Vermieter, die ihre Miete zurückhaltend erhöht hätten, mit denen gleichgestellt, die den bisher möglichen Maximalpreis genommen hätten.

Papier bekräftigt insgesamt die Argumentation der Immobilienwirtschaft. In seiner Erforderlichkeitsprüfung des Gesetzes schreibt er aber einen Satz, der der Vermieterseite, die stets auf Neubau als Alternative zum Mietendeckel verweist, nicht gefallen kann: „Der Wohnungsneubau und seine gesteigerte staatliche Förderung können nicht als milderes Mittel angeführt werden, da sie wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen und jedenfalls nicht als sachlich gleichwertige und zweifelsfrei gleich wirksame Mittel zur Verfolgung des gesetzgeberischen Ziels erachtet werden können.“

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