Gruselclowns als Trend: Akrobat Hässlich
Sie tragen Fratzenmasken und erschrecken ihre Mitmenschen: Horrorclowns treiben seit einiger Zeit auch in Deutschland ihr Unwesen.
So trug es sich gerade erst in München zu, wie der Bayerische Rundfunk berichtete. Anderswo geschieht Ähnliches: Auch die beiden Männer, die vor wenigen Tagen auf einen Schulhof in Duisburg eindrangen und die Kinder erschreckten, trugen Clownsmasken. Als ein 30-Jähriger den Schülern helfen wollte, schlugen die Männer ihn offenbar mit einem Baseballschläger krankenhausreif.
Ähnliches meldet die Polizei aus Neunkirchen, Kiel, Chemnitz, Köln, Essen, Sulz am Neckar, Ahaus, Aachen, Rostock, Bad Reichenhall, Aschaffenburg, Leipzig, Aue und Zwönitz. Allein in Nordrhein-Westfalen waren es dem Innenministerium zufolge rund 110 Vorfälle in wenigen Tagen. Sogar „Clowns“ mit Kettensägen wurden gesichtet. Meistens wollen sie anderen wohl einen Schrecken einjagen. Aus Bremen und Berlin wurden jedoch auch schon versuchte Raubüberfälle im Schutz der Clowns-Überfälle gemeldet.
Die Polizei ist freilich wenig amüsiert und warnt die Rotnasen: Selbst wenn es keine Körperverletzung gebe, seien Tatbestände wie Bedrohung oder Nötigung denkbar. Deshalb drohten den „Clowns“ erhebliche strafrechtliche Konsequenzen.
Epidemie aus den USA
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann will hart durchgreifen: Wer etwa Videos solcher Taten veröffentliche, könne sich schon mal auf einen Besuch der Polizei einstellen, kündigte er an. Und sein Kollege aus Nordrhein-Westfalen, Thomas Kutschaty, warnt: Bis zu einem Jahr Gefängnis könnten die Aktionen nach sich ziehen.
Ausgebrochen ist die Clown-Epidemie in den USA, wo solche Attacken schon seit Jahren auftreten, sich seit diesem Sommer allerdings besonders häufen. Als literarische Vorlage dürfte Pennywise dienen, der Killerclown aus Stephen Kings Horrorklassiker „Es“. Auch der Joker aus Batman ähnelt einem Clown. Viele Menschen haben ohnehin schon Angst vor Clownsgesichtern. Coulrophobie nennt sich dieses Phänomen.
Das dümmliche Treiben der Grinsegesichter diskreditiert dabei einen Berufsstand, der es ohnehin schon schwer hat im Kampf gegen Klischees: Eine rote Nase, etwas Schminke und ein paar billige Späße – darauf wird der Clown in den Augen vieler heute reduziert.
Zu Unrecht. Echte Clownerie ist Kunst. „Die dicke rote Nase leuchtet über den bemalten Wangen und dem weißen Mund, der hochgezogen und zu ewigem Lächeln verzerrt ist. Aber lacht der Clown? Der Clown lebt in uns allen, und im weiten Rund der Manege deckt er alle Facetten des Menschenlebens auf. Das bist du – das bin ich.“ Das schreibt Charlie Rivel, einer der größten Clowns des 20. Jahrhunderts in seinen Erinnerungen „Akrobat Schöön“. Und: „Ich, der Clown, habe die Aufgabe, traurige Menschen froh zu machen. Ich habe die Verpflichtung auf mich genommen, andere ihre Sorgen und Leiden vergessen zu machen. Und auch wenn ich selbst voll Kummer und Leid bin, so muss ich doch in die Manege.“
Hofnarr im Mittelalter
Der Beruf des Clowns geht auf den Hofnarr im Mittelalter zurück. Auch bei Shakespeare trifft man seine Vorfahren, etwa den Malvolio in „Was ihr wollt“ und den Lanzelot Gobbo im „Kaufmann von Venedig“. Im 20. Jahrhundert gab es eine Reihe von ganz großen Clowns, die ebenfalls nichts mit Stephen Kings Fratzenmann zu tun haben: Neben dem Spanier Rivel waren dies etwa die Schweizer Grock, Dimitri und Pic oder auch der Russe Oleg Popov. Selbst Charlie Chaplin verstand sich durchaus als Clown – auch wenn seine Manege vor allem das Kino war.
Neben diesen Alleinunterhaltern bildete sich Anfang des 19. Jahrhunderts das klassische Clown-Entree heraus. Dieses lebte von den beiden Antipoden Weißclown und Dummer August. Letzterer prägte dann auch das Outfit – Glatze mit rotem Haarkranz, rote Nase, großflächig geschminkter Mund – an dem sich die Horror-Clowns orientieren. Im Zirkus selbst trifft man solchermaßen maskierte Clowns nicht mehr so häufig.
Verständlich, dass professionelle Clowns dem Treiben der Möchtegern-Pennywises wenig Spaßiges abgewinnen können. Für zirzensische Feinheiten dürften diese sich denn auch weniger interessieren. Schon eher für Halloween. Das amerikanische Geisterfest, das seit einigen Jahren auch in Deutschland begangen wird, eignet sich ohnehin für diverse Horrorfantasien.
So könnten nächsten Montag besonders viele Horror-Clowns auf der Straße anzutreffen sein. „Das Erschrecken hat eine lange Tradition, besonders zu Halloween“, erklärt der Psychologe Jens Hoffmann. „Das hat sich nun verselbstständigt, da gibt es einen großen Nachahmungseffekt.“
Für viele sei das nur ein Spaß, so der Leiter des Instituts Psychologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt. „Einige wenige scheinen aber eine sadistische Motivation zu haben. Hoffmann geht aber davon aus, dass der Trend bald wieder nachlasse. Vielleicht kriegen die falschen Clowns an Halloween ja, was ihnen zusteht: Saures.
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