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Grüner Vorstoß für neues MinisteriumZeit für ein Klima-Veto

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Die Grünen wollen ein eigenes Klimaschutzministerium schaffen. Eine gute Idee, denn das bisherige Umweltministerium ist zu schwach.

Geben die Richtung vor: die Grünenchefs Habeck und Baerbock im Wahlkampfmodus Foto: Tobias Schwarz/Pool/reuters

E s ist ja leider so, dass die Klimapolitik das einzige Politikfeld ist, in dem keine Klimapolitik gemacht wird. Die findet da statt, wo Treibhausgasemissionen anfallen oder eben nicht. Das heißt: bei der Energiegewinnung, in der Landwirtschaft, im Verkehrswesen, beim Bauen und Heizen.

Wie hilfreich ein eigenes Klimaschutzministerium wäre, wie die Grünen es im Falle einer künftigen Regierungsbeteiligung einrichten wollen, ist deshalb eine Frage der konkreten Ausgestaltung. Wird es für alle diese Themen zuständig sein, für die es bisher andere Ministerien gibt? Oder vielleicht ein Initiativrecht haben, also die anderen Mi­nis­te­r:in­nen dazu zwingen dürfen, Gesetze auf den Weg zu bringen?

Im Detail haben die Grünen ihre Vorstellungen dazu noch nicht skizziert. Was ein Klimaschutzministerium aber bekommen soll, ist ein Vetorecht. Das geht in die richtige Richtung, obwohl das natürlich viele anders sehen. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zum Beispiel befürchtet eine „Denke von Aufhalten und Verhindern“. Da kommt mal wieder sein Humor durch. Schließlich ist es vor allem die Union, die seit Jahrzehnten konkrete Klimaschutzmaßnahmen blockiert.

Aber natürlich nicht nur, denn in der SPD gibt es traditionell viele, die deutsche Industriearbeitsplätze wichtiger finden als die Erhaltung der Lebensgrundlagen. Von der FDP ganz zu schweigen, um alle Regierungsparteien der vergangenen Jahrzehnte durchzugehen.

Auffälliges Muster war durchweg: Immer, wenn aus dem Umweltministerium ein ganz passabler Klimaplan kam, wurde er in der Abstimmung mit den anderen Ressorts zermahlen und verwässert. Da bräuchte es mindestens ein Widerspruchsrecht, wie es auch Finanz-, Justiz- und Innenministerium unter bestimmten Umständen haben, um das Schlimmste zu verhindern.

Die Idee mit dem Klima-Veto ist im Übrigen nicht neu. Sie findet parteiübergreifend Zuspruch unter Ex-Umweltminister:innen. Die wissen nämlich aus eigener Erfahrung: Gute Klimapolitik lässt sich schlecht machen, wenn man an den Stellen kaum Macht hat, an denen Klimapolitik wirklich stattfindet.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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12 Kommentare

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  • Die Grünen offenbaren mit ihrem Vorschlag ein recht merkwürdiges Demokratieverständnis.

    Gesetze werden durch die Mehrheit der Abgeordneten erlassen. Diese sind in ihrer Entscheidung frei und unbeschränkt.

    Hier droht eine Durchbrechung der Gewaltenteilung und damit der wichtigsten Säule unserer Demokratie.

    Wieso wird das so vollkommen frei von Kritik hingenommen?

    Danke @SURYO. Bitte mehr davon.

    • @DiMa:

      Es gibt seit Jahrzehnten ein Vetorecht des Finanzministers, was noch nie jemand gestört hat. Des Weiteren gibt es die Richtlinienkompetenz des Kanzlers / der Kanzlerin. Wirkt sich im Zweifelsfall genauso aus. Aber beim Klimawandel geht es ja "nur" um unsere Zukunft, gell?

      Und es ist wohl davon ausgehen, dass ein solches Vetorecht VOR einer Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag greift.

      • @Kaboom:

        Es gibt kein echtes Vetorecht des Finanzministers bei Gesetzgebungsvorhaben.

        Eine Mehrheit der Abgeordneten kann entscheiden wie sie möchte.

  • Dann sollten halt alle Ministerien auf den Umweltschutz verpflichtet werden. ein weiteres Ministerium ohne Macht und Sachverstand braucht niemand. Also Verpflichtung an alle Ministerien ihrer Hausaufgaben zu machen, und endlich mal Sachdebatten im Bundestag statt plumpes Abnicken wie unter der GroKo. Also bitte ein knappes wahlergebnis, so dass mal wieder nachgedacht und debattiert werden muss.

  • Mann! Eine Superidee !



    Hut ab !

    Die von den Grünen initiierten Umweltministerien sind dem Vernehmen nach gescheitert - daher muss jetzt was Neuer her.

    Ein gute Idee.



    Aber ich hätte da noch ein paar weitere Vorschläge um gescheiterte Ministerien wiederzubeleben:

    Autobahnministerium

    Seuchenministerium

    Waffenberatungsministerium

  • Dafür braucht es kein Klimaschutzministerium, sondern mehr Zuständigkeit und Rechte beim Umweltschutzministerium.

  • Konsequent wäre es , wenn man auch bei dieser Gelegenheit die Zuständigkeiten generell neu ordnen würde. z.B. je Ein Ministerium für Energie, Mobilität und Europa.

  • Absolut gar nichts hindert eine Regierung und ein Parlament daran, jedes Gesetz auf die Vereinbarkeit mit Klimazielen zu überprüfen. Hinsichtlich der Sustainable Development Goals findet das im Bundestag bereits statt. Im übrigen prüft das Bundesministerium der Justiz sämtliche Gesetzentwürfe auf die Vereinbarkeit mit internationalem Recht.

    Ein rechtsverbindliches "Veto" der Exekutive verstößt glasklar gegen das Grundgesetz. Die Regierung kann dem Parlament gar nichts verbieten.

    Das Ganze ist ein alberner Non-Vorschlag, der fast 1:1 aus den Empfehlungen des Bürgerrates "Deutschlands Rolle in er Welt" übernommen wurde, wobei schon damals klar war, dass er verfassungswidrig ist.

    • @Suryo:

      Ihre Behauptung bezüglich der Verfassungswidrigkeit gilt aber nicht für das seit Jahrzehnten existierende Vetorecht des Finanzministers oder der Richtlinienkompetenz des Kanzlers / der Kasnzlerin vermute ich mal?

      • @Kaboom:

        Es gibt kein Vetorecht des Finanzministeriums und die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers ergibt sich direkt aus der Verfassung selbst.

        • @DiMa:

          Sie haben offenkundig keinerlei Sachkenntnis zum Thema

          www.ifz-muenchen.d...954_2_3_vialon.pdf

          • @Kaboom:

            Wow, ein Artikel aus dem Jahr 1954, in dem es im Wesentlichen um die Finanzminister in Demokratien allgemein gilt.

            Der Finanzminister kann er gegen Kabinettsentscheidungen (nochmals Exekutive!) Widerspruch einlegen, dann jedoch durch eine Mehrheitsentscheidung des Kabinetts überstimmt werden. Das ist noch nicht mal ein echtes Veto.

            Nochmals, das Parlament darf entscheiden, wie es möchte.