Grüne im Wahlkampf angegriffen: „Mein Optimismus hilft mir“
Marie Kollenrott, niedersächsische Landtagsabgeordnete der Grünen, ist im Wahlkampf geschlagen worden. Warum sie trotzdem weitermacht.
Kollenrott versucht, den 66-Jährigen wegzudrängen. Als sie ihn fotografiert, um den Vorgang zu dokumentieren, schlägt er ihr das Mobiltelefon aus der Hand, schlägt erneut auf sie ein. Schließlich geht er, als sei nichts gewesen. Kollenrott wählt den Notruf, folgt ihm. Die Polizei kommt, nimmt den Mann fest.
„Die Politikerin erlitt bei dem Übergriff leichte Verletzungen an den Armen“, sagt Jasmin Kaatz, Sprecherin der Polizeiinspektion Göttingen. Dem mutmaßlichen Täter, dem Staatsschutz wegen der Zurschaustellung eines Hakenkreuzes schon früher aufgefallen, droht jetzt ein Strafverfahren wegen Körperverletzung.
Ganz überwunden hat Kollenrott den Schock wenige Tage später noch nicht. „Das war schon eine krasse Situation. Ich habe mehrere Nächte nicht gut geschlafen deswegen“, sagt sie der taz. „Aber sie ist zugleich ein Ansporn für mich, mich mit aller Entschlossenheit weiter für eine weltoffene, solidarische Gesellschaft einzusetzen, für die Demokratie. Man darf sich nicht unterkriegen lassen.“
In Anti-Atom-Bewegung politisiert
Marie Kollenrott ist 1984 in Hamburg geboren und im Wendland aufgewachsen, wo sie nicht zuletzt durch die Anti-Atom-Bewegung politisiert wurde. Sie ist, nach einem Studium in Göttingen und Amsterdam, Politik- und Rechtswissenschaftlerin. 2005 beginnt ihre politische Karriere bei den Grünen: Ratsmitglied in Göttingen, Kreisvorsitzende, Landratskandidatin. Seit 2021 sitzt Kollenrott im Landesparlament in Hannover. Was im rot-grünen Koalitionsvertrag zu Innen- und Rechtspolitik verhandelt wurde, trägt auch ihre Handschrift.
Derzeit ist Kollenrott Mitglied im erweiterten Fraktionsvorstand und energie- und klimapolitische Sprecherin der Fraktion. Anfang Juni übernimmt sie zusätzlich den Vorsitz des Umweltausschusses des Landtags.
„Sie kennen das ja“, hatte Kollenrott Mitte April in ihrer Plenarrede zum Gesetzentwurf zur Steigerung des Ausbaus von Windenergieanlagen und Photovoltaikanlagen gesagt: „Politik ist oft herausfordernd, auch mal frustrierend, vor allem, wenn es um die Klimakrise geht, manchmal desillusionierend“, eines aber könne ihr keiner nehmen: „Meine gute Laune“, denn das Gesetz gehe „wirklich nach vorn“.
Optimismus bewahren
Herausfordernd, frustrierend, desillusionierend? Gewiss, und nicht nur beim Thema Klimakrise. Aber was ist mit der guten Laune? „Ich bin ein durchweg positiver Mensch“, sagt Kollenrott. „Ich habe viele Gründe, mir meinen Optimismus zu bewahren. Das hilft mir, stark zu sein.“
Nächsten Samstag steht Kollenrott wieder in der Göttinger Innenstadt und macht Wahlkampf. Unsicher fühlt sie sich nicht. Ihr Direktmandat im Wahlkreis Göttingen-Stadt hat sie bei der Landtagswahl 2022 mit 35,3 Prozent der Stimmen gewonnen. Das gibt Rückhalt. „Alles geht weiter“, sagt sie. „Die Zukunft gestalten wir!“ Dem „wir“ verleiht sie dabei besonders viel Nachdruck.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld