Green New Deal der EU: Plan mit Lücke
Der Green Deal der EU-Kommission macht viele vernünftige Vorschläge. Das ewige Wachstum stellt er nicht infrage.
D ie EU ist das Beste, was es im Klimaschutz derzeit gibt. Und das ist keine gute Nachricht.
Die neue Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat am Mittwoch ihren „European Green Deal“ präsentiert, der retromodern nach Ärmel aufkrempeln und Probleme anpacken klingt. Es geht, nur zur Erinnerung, eigentlich darum, einen Kollaps der Ökosphäre zu verhindern. In dessen Folge Millionen, vielleicht Hunderte Millionen Menschen sterben könnten, weil wir Jetztmenschen ihnen die Lebensgrundlagen weggeflogen, weggefahren und weggefressen haben.
Und was macht die neue EU-Kommission? Sie schreibt ein erstaunliches, deprimierendes Papier von 24 Seiten. Erstaunlich, denn darin steht geschrieben, der Klimawandel sei die definierende Herausforderung unserer Generation, Arten stürben aus, Wälder und Meere würden zerstört. Die Klimaziele werden deutlich erhöht. Ökosysteme sollen geheilt werden. Der Green Deal fasst eine Menge vernünftiger Vorhaben zusammen, von einer CO2-Grenzzsteuer bis zur Steuer auf Flugbenzin oder einem möglichen „Recht auf Reparatur“ für neue IT-Geräte. Das ist ein passabler Wurf, verglichen mit dem, was aus Australien, Russland, Japan, Saudi-Arabien China oder Berlin kommt.
Deprimierend ist der Entwurf deshalb, weil er auf der Lebenslüge unserer Generation aufbaut, an dem die Klimapolitik scheitern wird. „Es ist eine neue Wachstumsstrategie“, frohlockt die Kommission über ihren Plan. Sie hätte lieber schreiben sollen: „Das Paradigma des ewigen Wachstums hat den Planeten in eine existenzielle Krise geführt. Die EU wird der erste Wirtschaftsraum, der damit bricht.“
Die Sache ist ganz einfach: Wir verbrauchen zu viel Energie und zu viele Rohstoffe, und wenn die Energie erneuerbar ist und die Rohstoffe recycelt sind, ist das immer noch so. Weil auch jedes Windrad Natur wegnimmt, jedes Elektroauto auf Asphalt fährt und auch recycelte Rohstoffe enorme Mengen Energie zur Herstellung verbrauchen.
Setzt man vermeintliche Ökotechnologien in eine Welt, die allen Menschen einredet, dank Wundertechnologie immer weiter immer mehr konsumieren zu können, dann wird grünes Wachstum zum reinen Ablasshandel. Ein gutes Beispiel ist die IT-Industrie: Dank Streaming muss niemand mehr DVDs kaufen, um Filme zu schauen, Musik zu hören oder Spiele zu spielen, eigentlich eine gute Sache. Doch weil die Technik in eine Welt des ewigen Mehr ausgewildert wurde, führt Streaming mittlerweile wegen des enormen Energiebedarfs zu neuen Ökoproblemen.
Würde die EU umsetzten, was sie selbstverliebt angekündigt hat, das Wachstum wäre dahin. Vielleicht weiß das Brüssel ja und sagt es nur niemandem. Eine schale Hoffnung.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Trump und Putin
Bei Anruf Frieden