Gleichberechtigung in der Fifa: Das Quötchen
Bald könnten der neuen Regierung des Weltverbands sechs Frauen angehören. Es ist ein zaghafter Schritt Richtung Gleichbehandlung.
Es hätte ein glanzvoller Auftritt werden sollen am Ende jenes fantastischen Sportjahrs, in dem das Team der USA den Weltmeistertitel gewonnen hat. Die US-Frauen wollten sich den Fans noch einmal zeigen. In Hawaii war ein Freundschaftsspiel gegen die Auswahl von Trinidad und Tobago geplant. Doch als die Spielerinnen den Platz sahen, hatten sie keine Lust mehr. Auf dem üblen Acker zu spielen, sei viel zu gefährlich. Das Spiel wurde abgesagt.
Hatte man nach dem Finale noch den Durchbruch des Frauenfußball gefeiert, weil das Endspiel von Vancouver in den USA so viele Menschen (27 Millionen) am Bildschirm verfolgt hatten wie kein Fußballspiel zuvor – auch keine Männerpartie –, war man nun wieder beim Frauenfußball als Problemsportart angekommen. Die Frauen müssen auf Kunstrasen spielen, wenn dies ökonomischer ist, und man schickt sie auf Plätze, auf denen sich ein männlicher Profi nicht mal warm machen würde.
Auch die australischen Spielerinnen sind 2015 in den Streik getreten. Nach ihrem Achtelfinalsieg bei der WM gegen Brasilien war das Team in der Heimat gefeiert worden. Nun wollten die Spielerinnen mehr als nur freundliche Anerkennung.
Im Kampf um eine angemessene Bezahlung haben sich die Nationalspielerinnen verweigert. Ein geplantes Spiel gegen Weltmeister USA wurde abgesagt. Am Ende sicherte der australische Verband seinen besten Spielerinnen, die sich selbst als Fulltime-Profis bezeichnen, Jahrespauschalen von 27.000 bis 37.000 Euro zu. Der Streik gilt als Erfolg.
Fifa will mehr weibliche Führungskräfte
Aber selbst auf dem bescheidenen Niveau gibt es keine weiteren Erfolgsgeschichten vom Frauenfußball zu erzählen. Vielerorts haben kickende Frauen nach wie vor mit massiven Vorurteilen zu kämpfen, dürfen oft gar nicht spielen oder sind von einem funktionierenden Spielbetrieb weit entfernt. Die Fifa ist sich dieser Probleme bewusst und schmückt sich mit Frauenförderungsprogrammen.
Sie schickt Trainerinnen um die Welt und verpflichtet die Mitglieder, die Fördergelder vom Weltverband erhalten, 15 Prozent davon in den Frauenfußball zu investieren, und fördert Entwicklungsprojekte auch direkt. In den bunten Broschüren, in denen sich die Fifa für ihre Frauenförderung preist, ist auch immer wieder davon die Rede, dass es mehr weibliche Führungskräfte im Fußball geben soll.
Auf dem Fifa-Kongress, der am Freitag in Zürich einen neuen Präsidenten wählen soll, ist auch geplant, der Fifa eine neue Führungstruktur zu verpassen. Das bisherige Exekutivkomitee soll künftig einem Council weichen. 6 der 37 Mitglieder sollen dann Frauen sein.
Derzeit sind unter den 26 Mitgliedern des Exekutivkomitees 2 Frauen, Lydia Nsekera aus Burundi und Sonia Bien-Aime von den Turks- und Caicos-Inseln. Dazu kommt mit der Australierin Moya Dodd eine nicht stimmberechtigte Beisitzerin. Zukünftig soll jeder der sechs Kontinentalverbände eine Frau ins Leitungsgremium der Fifa entsenden.
In der Exekutive der Uefa keine einzige Frau
Moya Dodd, die als ehemalige Spielerin noch genau weiß, wie mies die Bedingungen für Frauen auf dem Feld oft sind, verspricht sich viel davon. Über Repräsentanz lasse sich schon etwas erreichen, meint sie. Sie hat für eine 30-Prozent-Quote im Council gekämpft. Nun sollen es gut 15 Prozent werden, wenn die notwendigen drei Viertel der Fifa-Mitglieder der Reform zustimmen.
Es wäre ein großer Schritt, sagt sie, und es wäre bestimmt nicht der letzte. Wenn den Frauen tatsächlich mehr Mitsprachrecht eingeräumt wird, dann ist das auch ihr Verdienst. Ihre Vorschläge zur Frauenförderung, die sie in den Reformprozess eingespielt hat, haben immerhin zu der nun zur Abstimmung vorliegenden Quotierung geführt.
Mit Dodd hat der asiatische Verband eine mittlerweile erfahrene Funktionärin, die er in das Council entsenden kann. Dodd ist bereits Mitglied im Exekutivkomitee des asiatischen Fußballverbands. Dort sitzen neben Dodd noch vier weitere Frauen. Ob der Verband deshalb bereits als fortschrittlich bezeichnet werden kann, sei dahingestellt. Dass indes in der Exekutive der Europäischen Fußballunion Uefa keine einzige Frau vertreten ist, darf getrost als Armutszeugnis bezeichnet werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben