Gipsmangel durch Kohleausstieg: Seltenes Karstgebiet bedroht
Im niedersächsischen Südharz sollen Abbaugebiete für Gips erweitert werden. Die Region gilt als Hotspot der Biodiversität.
Die Harzer Gipskarstlandschaft erstreckt sich über die drei Bundesländer Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und wird vom Bundesamt für Naturschutz als „Hotspot der Artenvielfalt“ und als „größtes und bedeutendstes Gipskarstgebiet Mitteleuropas“ bewertet. Sachsen-Anhalt hat Anfang der 90er Jahre auf seinen Flächen das „Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz“ eingerichtet, Thüringen Naturparks.
Ein länderübergreifendes Biosphärenreservat war damals gescheitert. Die vorgesehenen Gipsabbaugebiete auf niedersächsischer Seite befinden sich im Altkreis Osterode. Bereits 2019 hatten mehrere Umweltverbände in einem offenen Brief die Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt dazu aufgefordert, die europaweit einmalige Gipskarstlandschaft im Südharz für nachfolgende Generationen zu erhalten. Im niedersächsischen Teil der Gipskarstlandschaft sind bereits mehr als 50 Prozent der Flächen mit oberflächennah vorkommendem Gips abgebaut.
Wie das für die Raumordnung zuständige Landwirtschaftsministerium in Hannover erklärte, ergibt sich der Bedarf nach weiterem Gipsabbau durch den Ausstieg aus der Kohleverstromung. Dort fiel bisher bei der Rauchgasentschwefelung von Kohlekraftwerken Gips ab, der sogenannte REA-Gips. Allein durch Recycling von Gips lässt sich die Lücke nicht schließen. Vor allem im Trocken- und Leichtbau, etwa für Trennwände und abgehängte Decken, findet Gips Verwendung.
Gipsabbau nur außerhalb von Schutzgebieten
Die Mehrheit der jährlich in Deutschland benötigten etwa zehn Millionen Tonnen Gips stammen aus Abbaugebieten im Südharz, also aus Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Das Ministerium betonte, dass das Raumordnungsprogramm lediglich kleinflächige Erweiterungen bestehender Gipsabbaugebiete um insgesamt rund 40 Hektar vorsieht. Diese lägen alle außerhalb von Naturschutzgebieten. Mit den vorgesehenen Festlegungen solle einerseits dem Bedarf an Rohstoffgewinnung Rechnung getragen und gleichzeitig sichergestellt werden, dass für den Naturschutz besonders wertvolle Gebiete vor einem Abbau geschützt werden. Die Ausweisung als Vorranggebiet für die Rohstoffgewinnung bedeute noch keinen Anspruch auf Zulassung eines Abbauvorhabens.
Anregungen und Bedenken gegen den im Internet veröffentlichten Entwurf des Landesraumordnungsprogramms können noch bis Freitag eingebracht werden. Die Änderung des Raumordnungsplans soll kommendes Jahr in Kraft treten.
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