Giffeys Gleichstellungsstrategie: Ernüchternd nichtssagend
Was das Grundgesetz seit 25 Jahren festschreibt, wird Giffeys Strategie nicht leisten: die Gleichstellung der Geschlechter durchzusetzen.
E s ist schon deprimierend, wenn ein Vorhaben als großer Wurf verkauft werden muss, das das Grundgesetz seit rund 25 Jahren festschreibt: Die Verpflichtung des Staates, die Gleichberechtigung der Geschlechter nicht nur zu behaupten, sondern auch durchzusetzen. Die Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung, die sich auf die Fahnen schreibt, genau das zu tun, ist so ein Vorhaben.
Als „Meilenstein“ bezeichnete Frauenministerin Franziska Giffey die Strategie – und gut, kann man sagen, leider fördert der Staat die Gleichstellung bisher nunmal nicht angemessen, da muss also nachgeholfen werden. Anrechnen immerhin kann man Giffey insofern die Bemühung, Gleichstellungspolitik als Querschnittsthema zu verankern. Im Ergebnis allerdings bleibt die Strategie vor allem eins: ernüchternd.
Die 67 Maßnahmen, die die Strategie Punkt für Punkt auflistet, entsprechen dem Koalitionsvertrag. Darüber hinausgehende Ziele sind so nichtssagend formuliert, dass sie oft keine mehr sind: Das Thema Parität im Wahlrecht beispielsweise, ein Trauerspiel der Regierungspolitik, gerinnt zur Aussage: „Dem rückläufigen Anteil von Frauen in den Parlamenten wollen wir gegensteuern.“ Nur wie? Und wann? Und mit wem?
Ein geschlechtergerechter Haushalt? Nicht verpflichtend. Eine Beratung der Ressorts, um Gender Mainstreaming bei Gesetzen im Blick zu behalten? Fehlanzeige. Zukunftsperspektiven über diese Legislatur hinaus? Nope. Und das Ehegattensplitting, eine der großen Geschlechterungerechtigkeiten der Zeit? Wird – zum Leidwesen Giffeys – nicht einmal erwähnt.
Empfohlener externer Inhalt
Was die Strategie kann, ist, den Anspruch zu verankern, dass Gleichstellungspolitik eine Querschnittsaufgabe sein muss. Und zumindest das Augenmerk auf die Tatsache zu richten, dass sie auch Grundlage allen Regierungshandelns sein müsste. Doch was das Grundgesetz seit 25 Jahren festschreibt, wird sie nicht leisten können: die Gleichstellung der Geschlechter tatsächlich durchzusetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid