Gewalt bei Fußballspielen: Wer bezahlt die Polizei?
Bundesverwaltungsgericht entscheidet im Streit zwischen dem Land Bremen und der DFL. Wenn Bremen Erfolg hat, könnten andere Bundesländer folgen.
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Muss die DFL (Deutsche Fußball Liga) bei Hochrisikospielen die erhöhten Polizeikosten ersetzen? Darüber verhandelt an diesem Dienstag das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Noch betrifft der Streit nur das Land Bremen. Doch wenn Bremen Erfolg hat, könnten andere Länder dem Beispiel folgen. Bisher ist es in Deutschland üblich, dass Polizeieinsätze in Fußballstadien zu den allgemeinen Aufgaben der Polizei gehören. Weder der örtliche Verein noch die DFL müssen die Kosten ersetzen. Das hoch verschuldete Land Bremen verschärfte allerdings Ende 2014 sein Gebühren- und Beitragsgesetz. Bei „gewinnorientierten Veranstaltungen“ mit „erfahrungsgemäß zu erwartenden Gewalthandlungen“ soll künftig der Veranstalter die zusätzlichen Polizeikosten übernehmen.
Erster Anwendungsfall war ein Heimspiel von Werder Bremen gegen den Hamburger SV im April 2015. Das Spiel galt wegen der verfeindeten Fans als Hochrisikospiel, weshalb die Polizei einige hundert Polizisten zusätzlich einsetzte. Das Land Bremen stellte der DFL daraufhin per Gebührenbescheid rund 425.000 Euro in Rechnung. Doch die DFL weigerte sich, die Gebühren zu bezahlen. Zum einen sei sie der falsche Adressat. Denn Veranstalter dieses Spiels sei der örtliche Verein Werder Bremen gewesen. Zum anderen hält die DFL die Bremer Gesetzesverschärfung auch für verfassungswidrig.
Weder die DFL noch die Vereine seien gewalttätig, ihre Spiele müssten vielmehr von der Polizei vor der Gewalt der Hooligans geschützt werden, so DFL-Präsident Reinhard Rauball. Deshalb dürften die Kosten dieser Einsätze nicht den Veranstaltern auferlegt werden. Bremen verweist dagegen auf den kommerziellen Charakter der Fußball-Bundesliga und deren hervorragende finanzielle Lage. Jahr für Jahr erziele die DFL Umsatzrekorde mit über vier Milliarden Euro Einnahmen. Da könne sie wohl einen Teil der Polizeikosten übernehmen, so Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD).
Eine Einigung war unmöglich, deshalb klagte die DFL gegen den Gebührenbescheid. Beim Verwaltungsgericht Bremen hatte die DFL zunächst Erfolg, doch das Oberverwaltungsgericht Bremen entschied Anfang 2018 zugunsten des Landes. Der Gesetzgeber habe einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum bei der Frage, für welche staatliche Leistungen er Gebühren erheben will. Auch sei die DFL nicht der falsche Adressat gewesen, da sie zumindest Mitveranstalter der Bundesliga-Partien sei. Nun muss das Bundesverwaltungsgericht als letzte Fachinstanz entscheiden. Das Urteil wird wohl am Freitag verkündet werden.
Bislang haben sich alle Bundesländer außer Rheinland-Pfalz auf die Seite der DFL gestellt und die Bremer Lösung kritisiert. Doch der Bremer Innensenator Mäurer ist sich sicher, dass die Front schnell bröckeln wird, wenn sich Bremens Gesetz als juristisch wasserdicht erweist. Sollte Bremen am Ende jedoch mit seiner Regelung allein bleiben, könnte dies Werder Bremen einen Wettbewerbsnachteil bescheren. Das Land erhebt die Gebühren zwar gezielt bei der DFL, um Werder nicht zu schaden. Doch die DFL könnte sich die Kosten teilweise beim Verein zurückholen. Ob das Land dann noch standhaft bleibt, ist fraglich. Ulrich Mäurer sagte 2015 im taz-Interview: „Wir machen nichts gegen Werder.“
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