Gesetzentwurf vorgelegt: Kohleausstieg ganz zwanglos
Das Wirtschaftsministerium setzt bei Kraftwerksstilllegungen auf Freiwilligkeit. Beim Wind soll eine scharfe Abstandsregel kommen.
Hier will das Ministerium offenbar die laufenden Verhandlungen mit den Betreiberkonzernen RWE, Leag und Mibrag abwarten, in denen eine freiwillige Abschaltung einzelner Kraftwerke gegen Entschädigung erreicht werden soll. Wann dieser Teil ergänzt wird, blieb am Dienstag offen.
Auch bei der Stilllegung der Steinkohlekraftwerke setzt die Regierung zunächst komplett auf eine freiwillige Lösung. Die Regierung gibt für die Zeit ab 2022 für jedes Jahr vor, wie viel Kapazität stillgelegt werden soll. Die Betreiber legen dann Angebote vor, für welche Entschädigung sie wie viel Leistung abschalten würden. Die günstigsten Angebote bekommen den Zuschlag.
Falls aber nicht genug Angebote eingehen, passiert nichts. Denn die Möglichkeit, in diesem Fall zwangsweise stillzulegen, findet sich, anders als in einem früheren Entwurf, im Gesetz nicht mehr. Erst 2022 soll ein weiteres Gesetz beschlossen werden, das ab 2027 auch erzwungene Stilllegungen festlegt. Während das Ministerium den Entwurf als „ausgewogenen Kompromiss“ bezeichnete, übte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter scharfe Kritik. „Durch den Verzicht auf ordnungsrechtliche Maßnahmen, die die Kohlekommission empfohlen hatte, nimmt sich die Bundesregierung selbst ein hartes Druckinstrument aus der Hand“, erklärte er. Kritik gab es von den Grünen auch daran, dass im Gesetz nicht vorgesehen ist, die CO2-Zertifikate aus dem EU-Emissionshandel zu löschen, die durch den Kohleausstieg frei werden.
SPD hat intensiven Gesprächsbedarf
Teil des vorgelegten Gesetzespakets sind auch neue Regelungen für die Windkraft. Hier hat das Wirtschaftsministerium einen Vorschlag des Bauministeriums übernommen, die den Ausbau stark beschränken würde: Neue Windräder, auch wenn sie bestehende ersetzen, sollen künftig mindestens 1.000 Meter Abstand zu Wohnhäusern einhalten – und zwar nicht nur, wie jetzt schon in einigen Bundesländern geregelt, zu Ortschaften, sondern auch zu Siedlungen mit mehr als fünf Wohnhäusern außerhalb von Orten.
„Der Ausbau der Windenergie kommt damit vollständig zum Erliegen“, kommentierte Lorenz Gösta Beutin, Energieexperte der Linken. „Das ist ein Bruch des Pariser Klimavertrags.“ Das Wirtschaftsministerium bezeichnete den Vorschlag dagegen als „ausgewogene Lösung“ und betonte, Länder und Kommunen könnten „selbst entscheiden, ob sie von dieser Regelung abweichen möchten“.
Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums:
Bisher ist geplant, den Gesetzentwurf schon nächste Woche im Kabinett zu verabschieden, damit er wie angekündigt noch in diesem Jahr in den Bundestag kommt. Ob das gelingt, ist aber offen. Denn im SPD-geführten Umweltministerium gibt es massive Kritik an den Plänen. Die umschreibt ein Sprecher so: „Es gibt viele Punkte in dem Gesetzentwurf, über die noch intensiv gesprochen werden muss.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau