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Gericht weist Klage zurückImker gewinnt gegen Böhmermann

Ein Imker aus Meißen darf mit dem Konterfei und Namen von Jan Böhmermann für seinen Honig werben. Das entschied das Landgericht Dresden.

David Imker hat gewonnen gegen Goliath Böhmermann Foto: imago

„Wer austeilt, muss auch einstecken können!“ Die alte Boxerregel gilt sogar für einen Chefausteiler und Bundesscharfzüngler wie Jan Böhmermann. Man darf mit den gleichen Mitteln zurücksatirieren, wenn man sich von ihm denunziert fühlt, befand am Donnerstag das Landgericht Dresden. Es wies den Antrag auf eine einstweilige Verfügung des Fernsehmoderators und Satirikers gegen einen Imker aus Meißen zurück. Der hatte sich mit einer parodistischen Werbeaktion gegen die Unterstellung im ZDF-„Magazin-Royale“ gewehrt, er betreibe so genanntes „Beewashing“. Ein Gütetermin Mitte Januar war gescheitert.

Böhmermann hatte in der Magazinsendung vom 3. November 2023 das Greenwashing bei deutschen Konzernen thematisiert, also die Täuschung von Partnern und Kunden durch den Anschein ökologischen und nachhaltigen Wirtschaftens. Dabei gerieten auch Imker ins Visier. Böhmermann und die Redaktion behaupteten, auch sie würden „Beewashing“ betreiben, die Unwissenheit von Käufern ausnutzen und mit dem Bienensterben Geschäfte machen. Beispielhaft erschien für acht Sekunden das Firmenlogo der „MyHoney“-Bio-Imkerei aus dem sächsischen Meißen. Geschäftsführer Rico Heinzig hält etwa 200 Bienenvölker und bietet Bienenpatenschaften für Schulen und Firmen an.

Heinzig fühlte sich verkannt, rannte aber nicht gleich zum Anwalt, sondern wehrte sich mit einer eigenen kabarettistischen Nummer. Reichlich zwei Wochen später bauten er und seine drei Mitarbeiter in einer Dresdner Edeka-Filiale einen Stand mit 150 Honiggläsern auf, beschriftet als „beewashing HONEY“. Dahinter war auf einem fingierten Plakat Böhmermann in seiner typischen fingerzeigenden Geste aus der Fernsehsendung zu sehen.

Er weist auf eines dieser Gläser. Darüber steht: „Führender Bienen- und Käferexperte empfiehlt“. Auch Online waren diese Honiggläser bestellbar. Auf jedem klebt außerdem ein QR-Code, mit dem man einen eigens eingerichteten Youtube-Kanal aufrufen kann. Dort klärt Imker Heinzig auf und stellt seine Sicht auf das Bienenproblem dar.

Seltene Heiterkeit im Gericht

„Der Antrag auf einstweilige Verfügung war zulässig, aber unbegründet“, erklärte Richterin Heike Kremz. „Herr Böhmermann muss Reaktionen derer in Kauf nehmen, die von ihm ins Rampenlicht gezogen werden“, lautete schließlich das Fazit ihrer dreiviertelstündigen Urteilsbegründung. Die Richterin, hörbar nicht humorfrei veranlagt, wahrte während dieser Zeit weitgehend die Contenance. Denn im von zahlreichen Journalisten besetzten großen Schwurgerichtssaal regte sich während ihres Vortrags mehrmals eine in diesem Justizmilieu seltene Heiterkeit.

Weder von Kläger- noch von Beklagtenseite waren Vertreter zur Urteilsverkündung erschienen. Imkeranwalt Markus Hoffmann aus Dresden hatte zuvor beim Gütetermin von einem „Schock“ seines Mandanten berichtet, der sich „mit einer überzeichneten Gegensatire“ zur Wehr setzen und dem Thema Aufmerksamkeit verschaffen wollte. Böhmermann-Anwalt Torben Düsing stellte Persönlichkeitsrechte in den Vordergrund. Sein Mandant wolle nicht, „dass man mit seinem Gesicht und Namen wirbt“, ja Böhmermann betreibe grundsätzlich keine Produktwerbung.

Mit diesem Persönlichkeitsrecht befasste sich Richterin Heike Kremz auf der Basis von Artikel 23 im Kunsturheberrechtsgesetz ausführlich. Zwar bestehe grundsätzlich das Recht am eigenen Bild. Aber auch ohne Einwilligung des Betroffenen könne ein Foto veröffentlicht werden, wenn es sich um einen zeitgeschichtlichen Vorgang handelt und berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden. Das sei hier der Fall.

Im Zweifel für die Freiheit

Der Kontext lasse Ironie eindeutig erkennen. „Es wäre ja auch ein Widerspruch zu Behauptungen in der Sendung, wenn Jan Böhmermann auf einmal ein Produkt des Angegriffenen anpreisen würde“, übte sich die Richterin in Logik. Wiederholt ist in ihrer Begründung von einer „satirischen Meinungsäußerung“ die Rede. In der Güterabwägung seien „Deutungen vorzuziehen, die Satire ermöglichen“. „In dubio pro libertate“ – im Zweifel für die Freiheit, fasste Heike Kremz ihre Sicht zusammen.

Die wirtschaftlichen Interessen von Imker Heinzig, der bereits von besorgten Kundenanrufen seiner berichtete, spielten nur am Rande eine Rolle. Beide Parteien haben nun vier Wochen Zeit, Berufung beim Oberlandesgericht Dresden einzulegen. Der moralische Streitwert der Auseinandersetzung dürfte jetzt schon höher liegen als der auf 15.000 Euro angesetzte materielle.

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9 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Jetzt ist der Imker sogar mit seinem "Cancel Culture"-Logo in die zweite Runde gegangen. Genau mein Humor, anders lernen es manche ja nicht ;-)

  • Oh, ein gutes Urteil. Wer austeilt, muss auch einstecken können.

  • „Wer austeilt, muss auch einstecken können!“

    Ich denke das fasst es zusammen. Böhmermann nimmt sich Freiheiten und muss mit einem Echo rechnen.

    Ich bin zwigespalten, einerseits greift er gelegentlich mit einigen Beiträgen gewaltig ins Klo, gerade wenn er sich auf die politische Bühne begibt (zB Ibiza-Affäre), andererseits schätze ich viele seiner Aufarbeitungen von Missständen.

    Die obige Geschichte passt da vielleicht dann doch ganz gut rein: Handwerklich ein hervorragender Satiriker, in der Praxis fehlt das Gefühl dafür an welchem Punkt nichts mehr zu gewinnen ist

  • Ich finde Böhmermann in diesem Fall sehr unsouverän. Einerseits lautete ein Vorwurf gegenüber der Sendung, dass er die Bild- und Persönlichkeitsrechte des Imkers auch nicht gewahrt habe, da der Imker seine Zustimmung zur Veröffentlichung in der Sendung nicht gegeben habe. Jetzt klagt Böhmermann genau deshalb, weil sein Bild in einem Kontext erscheint, der ihm nicht passt. Werbung hin oder her, denn mit dem gleichen Argument könnte man auch sagen, dass Böhmermann "Anti-Werbung" gegenüber dem Imker betrieben habe, da dessen Geschäft dadurch ggf. empfindlich geschädigt wird und das nicht zuletzt aufgrund Böhmermanns großer Reichweite. Dass der Imker nun eine vergleichbare Strategie wählt und zudem seine Position versucht darzulegen, scheint mir in diesem Fall dann nur richtig und legitim.

  • Für jemanden, der sich als Satiriker anpreist und gerne vor Millionenpublikum austeilt, ist Böhmermann in eigener Sache erstaunlich dünnhäutig.

  • Wau, David hat recht bekommen.

    Hätte ich nicht erwartet.

  • Ich finde Böhmermann ist einer der genialsten Showmaster und Satiriker unserer Zeit, aber die Aktion vom Imker ist wirklich witzig🤣

    Das Urteil erscheint mir auf jeden Fall nachvollziehbar.

  • Böhmermann schmeckt wohl die eigene Medizin nicht.

  • Einerseits schon recht pissig von Böhmi, da hat die Richterin Recht. Allerdings muss man aufpassen, denn beim nächsten Mal ist es vielleicht keine kleine Klitsche, die im lokalen Handel einen Aufsteller hinpappt, sondern Monsanto oder Nestle oder die Blaubraunen, die mit Satire ihre Untaten maskieren wollen und deutschlandweite Kampagnen fahren. Diese Klage hätte sich Böhmi aber sparen können und es lieber auf lustige Art im Magazin verwursten sollen. Auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Hoffentlich eskaliert niemand.