Geldpolitik der US-Zentralbank: Vorsichtige Gelassenheit

Die Entscheidung der US-Notenbank Fed, aus den Anleihenkäufen auszusteigen, ist angemessen. Für die EZB ist es dafür aber noch zu früh.

Jerome Powell bei einer Anhörung

Jerome Powell, Chef der US-Notenbank, die beginnt aus den Anleihekäufen auszusteigen Foto: Al Drago/reuters

Es war keine Überraschung: Die US-Notenbank Fed steigt langsam aus ihren Corona-Maßnahmen aus. Momentan kauft sie Anleihen für 120 Milliarden US-Dollar pro Monat; künftig soll es es jeweils 15 Milliarden weniger sein.

Diese Fed-Entscheidung ist richtig, weil sich die US-Wirtschaft erholt. Allein im Oktober hat die Privatwirtschaft 571.000 Jobs geschaffen. Vollbeschäftigung ist fast erreicht, so dass es kontraproduktiv wäre, wenn die Fed weiter Geld in die Banken pumpen würde.

Trotzdem bleibt die Fed vorsichtig: Die Leitzinsen verharren bei 0 bis 0,25 Prozent. Die Notenbank reagiert also nicht darauf, dass die Inflation derzeit 5,4 Prozent beträgt. Denn die Fed erwartet, dass die Geldentwertung bald nachlässt, weil vor allem Energie und Nahrungsmittel teurer wurden.

Diese Gelassenheit würde man auch jenen deutschen Ökonomen wünschen, die jetzt Panik schieben, weil die Geldentwertung hierzulande bei 4,5 Prozent liegt – und die daher die Europäische Zentralbank (EZB) bedrängen, doch die Zinsen anzuheben. Dabei ist die Lage hier nicht anders als in den USA: Es sind vor allem die Preise für Energie und Nahrungsmittel, die die Inflation treiben.

Bei jeder Fed-Entscheidung stellt sich sofort die Frage: Und was macht die EZB? Vorerst nichts. Ihr Corona-Programm läuft noch mindestens bis März 2022, weil die Wirtschaft in der Eurozone längst nicht so stabil ist wie in den USA.

Dort haben die Präsidenten Trump und Biden massive Konjunkturpakete angeschoben, so dass die US-Wirtschaft 2020 nur um 3,5 Prozent eingebrochen ist – und in diesem Jahr um 6 Prozent wächst. Vielen Euro-Ländern hingegen fehlte das nötige Geld. Also ging es 2020 in der Eurozone um 6,6 Prozent abwärts, und für 2021 ist ein Plus von nur 5 Prozent prognostiziert.

Die Lektion ist: Wer weniger EZB-Politik will, muss sich von der „Schwarzen Null“ verabschieden und europäische Konjunkturpakete auflegen. FDP-Chef Lindner und Möchte-Gern-Finanzminister sollte also schnellstens in die USA reisen. Das bildet.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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