: Bundesregierung ohne Plan
Deutschland muss ein Konzept vorlegen, um Geld aus dem EU-Klimasozialfonds zu bekommen. Das Umweltministerium hat die gesetzte Frist gerissen. Die Grünen fürchten teure Folgen für die Bürger*innen
Von Jonas Waack
Bis zum 30. Juni hätte die Bundesregierung einen Plan für das Geld aus dem EU-Klimasozialfonds vorlegen müssen. Diese Frist hat sie gerissen. Der Klimasozialfonds wird mit Einnahmen aus dem europäischen CO2-Handel gefüllt und soll dazu dienen, die Folgen der CO2-Bepreisung von Heizgas und -öl sowie Benzin und Diesel abzufedern.
Ab 2027 wird deren Preis vielleicht merklich steigen, weil die CO2-Bepreisung dann nicht mehr von der Bundesregierung festgelegt wird, sondern in einem europäischen Markt gebildet wird, dem sogenannten ETS2. Zur Abfederung der Kosten können EU-Länder ab 2026 Gelder aus dem Klimasozialfonds abrufen – aber erst, wenn sie ihren Klimasozialplan vorgelegt haben. Der fehlt jedoch aus Deutschland noch. „Es ist verständlich, dass der Plan noch nicht fertig ist, das liegt am Regierungswechsel“, sagte Brigitte Knopf, Direktorin der Denkfabrik Zukunft KlimaSozial und Mitglied des Expertenrats Klima der Bundesregierung, der taz. Die Verzögerung könne aber dazu führen, dass die verwaltungstechnischen Voraussetzungen fehlen, um die Gelder auszuzahlen. „Da ist der Zeitdruck ein Problem“, sagte Knopf.
Zuständig für den Klimasozialplan ist das Umweltministerium von Carsten Schneider (SPD). Ein Sprecher sagte, die Auszahlung aus dem Fonds sei „nicht an den Termin gebunden, an dem die Vorschläge eingereicht werden, sondern daran, ob ein Förderprogramm in Deutschland erfolgreich umgesetzt worden ist“. Übersetzt: Geld gibt es sowieso erst, wenn Maßnahmen umgesetzt wurden, also ist die Frist für den Plan nicht übermäßig wichtig.
Michael Bloß, Europa-Parlamentarier der Grünen, sieht das kritischer: „Wenn die Bundesregierung nicht einmal den Klimasozialplan umsetzt, bekommt der Klimaschutz eine große Schieflage.“ Klimaschutz dürfe nicht zu Umverteilung von unten nach oben führen, „eher andersherum“. Klimaschutz nur über den europäischen CO2-Handel umzusetzen, wie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) es plane, sei „fatal“, sagte Bloß. „Das macht einfach alles teurer, für Mieter und Menschen mit niedrigen Einkommen funktioniert das nicht.“ Das Bekenntnis zum CO2-Handel werde die CDU dann nicht durchhalten.
Im Klimasozialplan muss die Regierung definieren, wer sich durch den CO2-Preis ausreichendes Heizen und Mobilität nicht mehr leisten kann. Der Plan soll dann Maßnahmen vorschlagen, wie diese Haushalte entlastet werden können. Die Denkfabrik Zukunft KlimaSozial schlägt etwa vor, die Sanierung von Häusern für Menschen mit niedrigen Einkommen zu fördern und ein E-Auto-Leasing für Regionen mit schlechter ÖPNV-Anbindung einzurichten.
Das Geld für Deutschland aus dem Klimasozialfonds wird sich nur auf etwa eine Milliarde Euro pro Jahr von 2026 bis 2027 belaufen, weil nur ein kleiner Teil der CO2-Handel-Einnahmen hineinfließt. „Das Geld reicht überhaupt nicht, wir müssen die Transformation hin zur Klimaneutralität in die Mitte der Gesellschaft bringen“, sagte Expertin Knopf. Der Fonds sei aber sehr gut geeignet, um Maßnahmen auszuprobieren und größer aufzuziehen, wenn sie sich als sinnvoll erweisen.
„Eigentlich müssten die kompletten Einnahmen aus der CO2-Bepreisung von Heizen und Mobilität für sozialen Klimaschutz verwendet werden“, sagte der Grüne Michael Bloß. „Die Idee ist, dass die Leute von hohen CO2-Preisen gar nicht betroffen sind, weil sie vorher auf klimafreundliche Alternativen umsteigen.“
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