Geflüchtete im Mittelmeer: In Quarantäne vor Italiens Küste
Malta soll aus Seenot gerettete Geflüchtete nach Libyen geschickt haben. Andere Gerettete werden auf Quarantäneschiffe verlegt.
An Bord des Fährschiffs werden die Flüchtlinge nach einem Bericht der italienischen Zeitung La Repubblica zunächst auf das Coronavirus getestet. Mitarbeiter des Roten Kreuzes werden sie im Auftrag des Katastrophenschutzes während der Quarantäne betreuen. Italien will sie nicht an Land lassen und verhandelt mit anderen EU-Ländern über eine anschließende Verteilung der Menschen.
Am Donnerstag hatte Sea-Eye berichtet, dass ein Mann versucht habe, sich das Leben zu nehmen. „Nach elf Tagen auf dem Schiff, ohne ein Ende in Sicht, ist eine Person über Bord gesprungen“, twitterte die Organisation und veröffentlichte ein Bild, das die Situation zeigen soll. Auch die Crew müsse wahrscheinlich 14 Tage in Quarantäne, sagte Sea-Eye-Sprecher Gorden Isler der dpa.
Man sei sehr erleichtert über den Transfer. „Italien hat gezeigt, dass es trotz der beispiellosen, gesundheitlichen Herausforderungen handlungsfähig bleibt.“ Es sei nun wichtig, dass wieder ein Verteilmechanismus für die Migranten gefunden werde.
Krieg und Folter in Libyen
Am Ostermontag hatte das Schiff „Aita Mari“ der spanischen NGO Salvamento Marítimo Humanitario 43 Menschen aus Seenot gerettet. Sie waren deren Angaben zufolge seit Karfreitag in der maltesischen Rettungszone auf See getrieben. Sie hatten einen Notruf abgesetzt, ihre Position war bekannt, aber staatliche Stellen leiteten zwei Tage lang keine Rettungsmaßnahmen ein. Malta schickte später einen Arzt zu dem Rettungsschiff, und Italiens Küstenwache evakuiert sechs Kranke und Minderjährige.
Offen war am Freitag weiter, was mit den Übrigen geschehen soll. Auch sie will weder Malta noch Italien an Land lassen. Die Crew teilte am Freitagmittag mit, die Rettungsleitstelle in Rom habe sie angewiesen, das Schiff an eine neue Position im Westen Siziliens zu steuern. Das könnte darauf hindeuten, dass auch die 43 Menschen von der „Aita Mari“ auf das Quarantäneschiff gehen sollen.
Unterdessen erhoben NGOs schwere Vorwürfe gegen die Regierung von Malta. Diese habe Schiffbrüchige aus ihrer Rettungszone nach Libyen bringen lassen. Die UN-Agenturen UNHCR und IOM hatten bestätigt, dass am Mittwoch 51 Migranten an Land und dann in ein Internierungslager gebracht wurden. Sie waren am Dienstag in maltesischem Gewässer von einem Handelsschiff aufgenommen worden. Dabei wurden fünf Leichen gefunden, sieben Menschen galten als vermisst.
Die NGO Alarm Phone machte die maltesischen Behörden für den Tod der fünf Migranten verantwortlich und warf ihnen vor, die Geretteten „illegal entführt“ zu haben und sie in Libyen Krieg, Vergewaltigung und Folter auszusetzen. Die IOM mahnte, es müsse „dringend eine Alternative zur Ausschiffung in Libyen gefunden werden“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe