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Geflüchtete aus der UkraineDas Recht auf gleiche Behandlung

Geflüchtete werden nicht gleich behandelt. Nicht in Deutschland, nicht an der EU-Außengrenze, nicht in Europa. Das muss aufhören.

Haben die gleichen Rechte verdient: Afghanische Männer auf dem zur iranischen Grenze Foto: Petros Giannakouris/dpa

N ach Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine habe ich geschrieben, dass Solidarität auch heißt, die eigenen Belange kurz mal ruhen zu lassen und sich für einen Moment auf das mörderische Putin-Regime zu fokussieren. Ich stehe weiter dazu. Doch diese Solidarität mit Ukrai­ne­r:in­nen bedeutet nicht, dass andere Geflüchtete benachteiligt werden dürfen. Die Ungleichbehandlung von Geflüchteten in Deutschland, Europa und an den Außengrenzen der EU muss aufhören. Hier drei Beispiele, die zumindest mich empören:

In Chemnitz mussten Geflüchtete aus Afghanistan, Syrien und anderen Krisengebieten eine Unterkunft kurzfristig räumen, damit ukrainische Geflüchtete dort einziehen konnten. Die Stadt argumentierte, dass man den vielen ukrainischen Frauen und Kindern ein eigenes Heim zur Verfügung stellen wollte. Die Geflüchteten, die der Räumung zum Opfer fielen, berichteten von Schikane. Die städtische Baugesellschaft informierte, dass Hunderte Wohnungen in Chemnitz leer stünden und alle menschenwürdig untergebracht werden könnten. Doch die lokalen Behörden bevorzugten die Option, die die Benachteiligung von „sonstigen Geflüchteten“ gut illustriert.

Derzeit bereitet die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vor, der ukrainischen Ärz­t*in­nen weitestgehend erlauben würde, in deutschen Kliniken Ukrai­ne­r*in­nen zu behandeln. 2015 wurden zwar Ausnahmen für einige syrische Me­di­zi­ne­r*in­nen ausgesprochen, damit sie andere Sy­re­r*in­nen in Unterkünften behandeln, doch eine vereinfachte Arbeitserlaubnis für Kliniken folgte nicht. Auch hier: Anstatt arbeitsfähigen und -willigen Ärz­t*in­nen zu erlauben, ihrem wichtigen Beruf mit ihren nachgefragten Sprachkenntnissen in jeder Umgebung nachzugehen, entscheiden sich die Verantwortlichen lieber für die Variante: Die einen dürfen viel, die anderen viel weniger.

Es gehört sich nicht, eine Gruppe zu bevorzugen und eine andere schutzbedürftige Gruppe zu benachteiligen

Eine Bekannte, die in einem westdeutschen Jugendamt arbeitet, schilderte mir, dass sich nach Beginn des Kriegs viele potenzielle Pflegeeltern bei den Behörden gemeldet hätten. Sie wollten ukrainische Kinder aufnehmen. Als es hieß, dass es zu dem Zeitpunkt keine unbegleiteten ukrainischen Minderjährigen zu vermitteln gäbe, afghanische Kinder aber seit Monaten auf einen geschützten Raum in einer Pflegefamilie warteten, war die Hilfsbereitschaft plötzlich weg. Die Ersatzeltern wollten keine mehr sein, sie wollten nur ukrainische Kinder aufnehmen. Was für eine inhumane Einstellung.

An dieser Stelle habe ich noch nicht eklatante Menschenrechtsverstöße geschildert, wie bei der pauschalen Zurückweisung von Geflüchteten an den EU-Außengrenzen, die nicht zur Ukraine führen. Oder die Frontex-Verbrechen auf dem Mittelmeer, bei denen regelmäßig Menschen getötet werden. Es gehört sich nicht, eine Gruppe zu bevorzugen und eine andere schutzbedürftige Gruppe zu benachteiligen. Wie Ukrai­ne­r*in­nen behandelt werden, ist richtig. Andere Geflüchtete haben Gleichberechtigung nicht nur verdient: Es ist ihr gutes Recht.

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Mohamed Amjahid
Mohamed Amjahid ist freier Journalist und Buchautor. Seine Bücher "Der weiße Fleck. Eine Anleitung zu antirassistischem Denken" und "Let's Talk About Sex, Habibi" sind bei Piper erschienen. Im September 2024 erscheint sein neues, investigatives Sachbuch: "Alles nur Einzelfälle? Das System hinter der Polizeigewalt" ebenfalls bei Piper.
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14 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich daran noch etwas ändern wird. M.E. gibt es nur die Hoffnung, dass die Deutschen mit Nazihintergrund irgendwann endlich eine aussterbende Minderheit sind. Good riddance to bad rubbish. Deutschland den Einwanderern. Amen.

  • Da die UNHCR Grafik nicht direkt kommentierbar ist - wie viele der 1.3 Mio. nach Russland geflüchteten haben diese Richtung freiwillig eingeschlagen? Ich behaupte mal ganz salopp und ohne jeden Nachweis, mindesten die Hälfte von diesen Menschen wurden nach Russland deportiert.

  • Gleiches ist gleich, ungleiches ungleich zu behandeln. Einfachster Gerechtigkeitsgrundsatz.



    Deshalb stellt sich bezüglich Gerechtigkeit immer die Frage: gibt es Unterschiede, und rechtfertigen oder verlangen sie unterschiedliche Behandlung?



    Und schon sind wir mittendrin in der Bewertungsdebatte.

  • Es gibt halt einen erheblichen Unterschied, welcher mit zu berücksichtigen ist und auch stets wieder eingefordert wird.

    Flüchtlinge sollen ortsnah aufgenommen werden. Daher wird es als normal empfunden, jemanden aufzunehmen, der aus der Ukraine flieht, während dies bei einer Flucht durch mehrere Drittländer nicht der Fall ist.

    Wir haben jahrelang von den Nachbarstaaten Syriens die Aufnahme von Flüchtlingen gefordert (insbesondere von der Türkei) und sehen uns alleine schon deshalb gegenüber den Menschen aus der Ukraine in einer Verpflichtung.

  • Das deckt sich mit meinen Erfahrungen aus der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe. Sach- und Geldspenden "nur" für Ukrainer:innen. Oder! Ein Vermieter hat sich empört, er hätte seine Wohnung nur für ukrainische Flüchtlinge vermietet, die ihm zugewiesenen seien aber Moldawier. Wohlgemerkt, die "Moldawier"lebten seit 20 Jahren in der Ukraine und hatten alles verloren.



    Das Jobcenter hat extra zwei Infotage mit Ausfüllunterstützung für ukrainische Geflüchtete veranstaltet. Mit Infoboschüren in ukrainisch! Herrje, diese Unterstützung hätten wir uns schon die letzten 6 Jahre gewünscht. Wieviele Zettel wurden uns vorgelegt, "könnt ihr helfen?". Nix in arabisch, darsi, farsi etc.pp.

  • "Geflüchtete werden nicht gleich behandelt. "

    Natürlich nicht!



    Vor allem die Verteilung der Flüchtlinge in Europa ist nicht gleich! Das sollte vorrangiges Ziel sein, anstatt für alle Deutschkurse anzubieten.

  • Ich kann's verstehen. Demjenigen, der einem ähnlicher ist, fühlt man sich nunmal näher. Inhuman finde ich das nicht, eher nachvollziehbar und menschlich.

    • @TNBK:

      Und aus welchem Grund soll ich die Ukrainer:innen als mir ähnlicher empfinden?

    • @TNBK:

      Auch wenn eine Gruppe jemandem nicht so ähnlich ist oder womöglich Ängste weckt, muss sie doch als Geflüchtete gleich behandelt werden. Der Umgang mit den Kindern ist besonders ungerecht.

  • Völlig richtig. Das i-Tüpfelchen, Syrer wie Ukrainer sind Flüchtlinge wegen Putin.

    • @sachmah:

      Syrer seht Flüchtlinge wegen Assad und dem IS.

      Man kann Putin nun nicht alles aufdrücken.

      • @rero:

        "sind" statt "seht" natürlich.

      • @rero:

        Doch, ohne das russische Militär wäre Assad nicht mehr an der Macht.

        • @vulkansturm:

          Auch Assad wäre noch an der Macht.

          Er hätte jedoch nur ein Gebiet um Damaskus herum unter Kontrolle.

          In den anderen Gebiet würde der Islamische Staat und andere islamistische Gruppen herrschen.

          Ob die nun weniger Flüchtlinge verursachen würden, weiß ich nicht.