Geflüchtete an der EU-Außengrenze: Eskalation am Grenzzaun
Griechenlands Vize-Migrationsminister verteidigt die harte Abwehr Geflüchteter. Und türkische Polizisten feuern angeblich Rauchbomben ab.
Die Entsendung von Sondereinheiten der türkischen Polizei an die griechische Grenze hat die Lage dort weiter angeheizt. Noch immer harren dort Tausende Geflüchtete unter menschenunwürdigen Bedingungen aus.
Nach Agenturberichten wurden in der Nacht zum Sonntag von der türkischen Seite aus Tränengas, Rauchbomben und Blendgranaten über den Grenzzaun geschossen. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu bestritt dies. Aufnahmen der griechischen Polizei, die dem griechischen Fernsehsender Skai zugespielt worden waren, sollen ein gepanzertes türkisches Grenzüberwachungsfahrzeug vom Typ Hizir/Ates zeigen, das versucht, mit einem Stahlseil den Grenzzaun niederzureißen.
Zwar hatte im Laufe der Woche ein Teil der ursprünglich über 12.000 Flüchtlinge das Grenzgebiet wieder verlassen. Die Türkei versuchte aber offenbar, die verbleibenden in Richtung Europa zu drängen, um dort weiteres Chaos zu stiften.
Griechenlands Vize-Migrationsminister Giorgos Koumoutsakos hat derweil die Kritik am gewaltsamen Vorgehen seiner Regierung gegen Flüchtlinge an der griechisch-türkischen Grenze zurückgewiesen. Sein Land breche keine Gesetze, sagte Koumoutsakos der Welt am Sonntag.
Griechenland bezeichnet Vorwürfe als falsch
„Was wir erleben, ist eine Gefahr für unsere nationale Sicherheit und die der europäischen Grenzen“, betonte der Vize-Migrationsminister. Seine Regierung habe „eine Balance“ zwischen „internationalen Gesetzen und dem Schutz unserer Grenzen“ finden müssen, und dies sei „ein schmaler Grat“.
Auch den Vorwurf, griechische Sicherheitskräfte hätten an der Landgrenze zur Türkei mindestens einen Migranten erschossen, wies Koumoutsakos zurück: „Die Vorwürfe stimmen nicht, auf keinen Fall.“ Ohnehin setzten griechischen Sicherheitskräfte an der Grenze keine scharfe Munition ein. In den Berichten über einen Toten am vergangenen Montag und einen weiteren am vergangenen Mittwoch war allerdings nur die Rede von Gummigeschossen oder Tranengaskartuschen als Auslöser der tödlichen Verletzungen.
Unterdessen hat die Initiative City Plaza aus Athen Angaben zur Identität des Toten vom Mittwoch gemacht. Demnach soll es sich um einen Pakistani namens Muhammad Gulzar handeln. Gulzar sei bereits vor drei Jahren als Flüchtling nach Athen gekommen und habe eine Zeit lang im City Plaza Hotel gelebt. Dabei handelt es sich um ein ehemaliges Hotel, das Gruppen aus Griechenland und anderen europäischen Ländern ab 2015 in eine selbstverwaltete Flüchtlingsunterkunft verwandelt hatten.
Gulzar war den Angaben zufolge in die Türkei gereist um seine Frau nachzuholen. Beim Versuch mit ihr gemeinsam wieder nach Griechenland zu kommen, sei er getötet worden. “Wir wissen nicht, wer der Morder ist, aber wir wissen, wer die Verantwortung trägt“, heißt es in einer Erklärung von City Plaza: Die EU.
Feuer im Flüchtlingszentrum auf Lesbos
Derweil ist im Gemeinschaftszentrum „One Happy Family“ auf Lesbos am Samstagabend ein Feuer ausgebrochen. Wie die Betreiber des Zentrums am Abend über Facebook mitteilten, wurde der Brand von der Feuerwehr gelöscht. Verletzt worden sei niemand, aber viele Gebäude seien zerstört.
Das Zentrum liegt unweit der Flüchtlingsunterkunft Kara Tepe, wo rund 1500 Flüchtlinge und Migranten leben, darunter viele Kinder und Familien. Die Anlage von One Happy Family diente den Flüchtlingen als Treffpunkt. Die Brandursache stand am Abend noch nicht fest. Bereits am vergangenen Wochenende war auf Lesbos ein Gebäude ausgebrannt, das zuvor vom UN-Flüchtlingswerk UNHCR genutzt worden war.
Der rechte Blogger Oliver Flesch und zwei Begleiter sind auf Lesbos mit linken Demonstranten aneinandergeraten. Gemeinsam hätten sie am Samstag bei einer antifaschistischen Demonstration in der Inselhauptstadt agitiert, wie die Inselzeitung Sto Nisi am Sonntag berichtete. Daraufhin hätten Demonstranten sie gejagt; die Polizei habe eingegriffen. Es ist das zweite Mal innerhalb einer Woche, dass Rechte aus Deutschland sich auf Lesbos mit den Griechen solidarisch zeigen wollten.
Die Dresdner NGO Mission Lifeline startete derweil eine Spendensammlung für eine Evakuierungsmission für Kinder und Mütter aus Griechenland. Dafür soll ein Flugzeug gechartert werden, das die Passagiere von Lesbos nach Berlin bringt, wo sie anschließend nach dem Königsteiner Schlüssel oder an aufnahmebereite Kommunen verteilt werden.
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