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Gastkommentar Sanktionen und Hartz IVSozialstaat ist kein Freibier

Kommentar von Markus Kurth

Ohne das Prinzip von Leistung und Gegenleistung geht es nicht. Das Problem sind nicht unwillige Arbeitslose, es mangelt an Unterstützung.

Nehmen und geben: Arbeitskräfte der Bundesagentur für Arbeit in Leipzig räumen Schnee Foto: dpa

W er einige Jahre in einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt gelebt hat, kennt das Entstehen von Sanktionsregimen – ganz ohne Staat und Hartz IV. Mitgenossen, die sich hartnäckig weigerten, den Kühlschrank zu befüllen, das Klo zu putzen oder den Müll runterzutragen, waren früher oder später so unbeliebt, dass der Rest sie loswerden wollte.

Selbst unter Menschen, die zu praktischer Solidarität wild entschlossen sind, hat das Solidarprinzip nur Bestand, wenn Leistung und Gegenleistung einigermaßen im Einklang stehen. Es sind auch Erfahrungen wie diese, die mich zu der Ansicht gebracht haben, dass die Möglichkeit einer Sanktionierung als letztes Mittel nicht nur praktisch, sondern auch notwendig ist. Deshalb müssen diejenigen, die Sanktionen abschaffen wollen, auch einen Ersatz finden, um das Solidarprinzip abzusichern.

Nun ist die Grundsicherung für Arbeitslose keine linke WG. Ein Sozialstaat, dessen Grundlage die unantastbare Menschenwürde ist, muss das Existenzminimum sicherstellen, ohne irgendeine Form von Folgsamkeit zu erzwingen. In einem bahnbrechenden Urteil stellte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1967 fest: „Es ist nicht Aufgabe des Staates, seine Bürger durch Zwangsmaßnahmen wie Pflichtarbeit (…) zu erziehen und zu bessern.“ Damit beendete das Gericht die damals noch existierende Praxis, sogenannte Landstreicher in Arbeitshäusern regelrecht zu internieren.

Der Großteil der deutschen Sozialgesetzgebung der vergangenen 50 Jahre vollzog den Wandel von bevormundenden Fürsorgesystemen hin zu einer menschenrechtlich begründeten Teilhabeorientierung: Das Kinder- und Jugendhilfegesetz oder das Gesetz zu Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen bezeichnen ausdrücklich die Entfaltung der Persönlichkeit und Selbstbestimmung als oberstes Ziel.

Markus Kurth

ist seit 2002 Bundestagsabgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen. Der Dortmunder ist rentenpolitischer Sprecher und Obmann seiner Fraktion im Ausschuss für Arbeit und Soziales.

Unterstützung oder Barmherzigkeit?

Die Grundsicherung für Arbeitssuchende, die 2003 von einer übergroßen Parlamentsmehrheit (und gegen meine eigene Stimme) verabschiedet wurde und die bis heute als „Hartz IV“ bekannt ist, stellt demgegenüber einen klaren Rückschritt dar. Als Kristallisationspunkt der Kritik und als Symbol für die Rückkehr obrigkeitsstaatlichen Handelns lassen sich eindeutig die Sanktionen ausmachen. Ihre Abschaffung, die auch meine Partei Bündnis 90/Die Grünen beschlossen hat, gilt als Schlüssel dafür, den Menschen aus dem Objektstatus herauszuführen und ihn ein eigenständig handelndes, freies Subjekt sein zu lassen.

Doch weder der Verweis auf die progressiven Sozialgesetze noch die Forderung nach Abschaffung der Sanktionen sollten den Blick darauf verstellen, dass (fast) jedes kollektive System sozialer Sicherung nicht ohne das Prinzip von Leistung und Gegenleistung auskommt. Dass Trittbrettfahrerverhalten die Solidarität zersetzt, ist eine an­thropologische Konstante – von der steinzeitlichen Sippe bis zur linken WG von heute.

Viele Jobcenter wissen inzwischen: Ein kooperatives Verhältnis ist besser als eine Angstbeziehung

Darum kommen auch die GegnerInnen von Sanktionen nicht herum. Festgeschriebene Rechtsansprüche auf Unterstützung werden nur dann allgemein akzeptiert, wenn der Kern des Solidarprinzips gewahrt bleibt. Unterstützung ohne Gegenleistung bleibt Barmherzigkeit. Diese ist keineswegs zu verachten, kann aber nicht die Basis des modernen Sozialstaats sein.

Förderung des Mitwirkens

Wie ist also ohne Sanktionen eine aktive Arbeitssuche oder Arbeitsaufnahme zu erreichen? Lapidar verweisen die BefürworterInnen einer „Bedingungslosigkeit“ auf Anreize wie bessere Zuverdienstmöglichkeiten. Bei einigen ALG2-Beziehenden mag das reichen. Doch an den Bedürfnissen und Möglichkeiten der wirklich langjährig Erwerbslosen geht dies vorbei: Menschen, die schon lange nicht mehr Selbstwirksamkeit und materielle Unabhängigkeit erlebt haben, brauchen vor allem die Chance auf Handlungsfähigkeit durch echte Mitwirkung und massive Unterstützung.

Die Ermöglichung und Förderung des Mitwirkens ist bereits heute in den fortschrittlicheren Sozialgesetzen ein Grundprinzip, damit „Hilfebedürftige“ zu Ko-ProduzentInnen sozialer Leistungen werden. Die Transferleistung ist dabei eher nachrangig – wichtiger ist das Empowerment. Leider haben der Begriff und das Verständnis von Mitwirkung durch die Praxis mancher Sozialbehörde gelitten.

Inzwischen hat sich jedoch in vielen Jobcentern die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein kooperatives Verhältnis bessere Ergebnisse bringt als eine Angstbeziehung. Dies wird in der Debatte um Sanktionen viel zu selten anerkannt. Wer meint, die Jobcenter seien samt und sonders ein dunkles Reich der Demütigung und Willkür, tut den vielen engagierten MitarbeiterInnen dort Unrecht, denen ihre KlientInnen durchaus wichtig sind und die eigentlich nur einvernehmliche Eingliederungsvereinbarungen wollen.

Gegenleistung für die Solidarität der anderen

Was dieser große Teil der FallmanagerInnen beklagt, sind weniger unwillige Arbeitslose als vielmehr die mangelnden Möglichkeiten, umfassende sowie langfristige Unterstützung anbieten zu können. Also zum Beispiel eine mehrjährige Ausbildung mitsamt ordentlichen Unterhaltszahlungen statt eines lauen Bewerbungstrainings. Wenn wir davon ausgehen, dass kein Mensch als passiver Klotz geboren ist, bedeutet die echte Ermöglichung von Chancen auch die Möglichkeit zur Erbringung der Gegenleistung für die Solidarität der vielen anderen.

Denn eines darf bei einer Abschaffung von Sanktionen nicht passieren: Dass der Sozialstaat mangels Akzeptanz in eine Legitimitätskrise rutscht. Deshalb bleibt es im Übrigen auch von zentraler Bedeutung, am Prinzip der Bedarfsgerechtigkeit und an einer Bedarfsprüfung festzuhalten.

Neben dem Solidarprinzip ist dies der zweite Grundpfeiler für ein System der Existenzsicherung. Wer aber das Sozialstaatsprinzip mit dem Ausschank von Freibier verwechselt, bewirkt genau das Gegenteil dessen, was eigentlich Absicht ist: Der gesellschaftliche Zusammenhalt wird geschwächt statt gestärkt!

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44 Kommentare

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  • Der Sozialstaat bezieht seine Legitimation in der Demokratie daraus, dass ihm die Mehrheit der Wahlberechtigten zustimmt. Zum Beispiel deshalb, weil die Mehrheit als Rentner, Empfaenger von Grundsicherung, von Unterhalts"vorschuessen", Nutzer von Sozialwohnungen und dergleichen vom Sozialstaat profitiert.

    "Dass der Sozialstaat mangels Akzeptanz in eine Legitimitätskrise rutscht", würde deshalb auch bei einem bedingungslosen Grundeinkommen nicht einfach so passieren.

    Problematisch ist lediglich, dass es auch einen Anteil an Steuerzahlern braucht, die das finanzieren, und dass es bei bedingungslosen Zahlungen

  • Grundbedürfnisse mit Freibier zu vergleichen, ist schon ein starkes Stück asozial.

    Unantastbare Menschenrechte auf Leben in Würde, Essen und Trinken, Wohnung und medizinische Versorgung gibt es.



    Eine Pflicht zur Arbeit existiert nicht.

    Ende der Diskussion.

  • Der begriff klient oder kunde den der author dieses artikels verwendet ist an zynismus kaum zu überbieten:denn kunde oder klient wird man freiwillig während niemand oder fast niemand freiwillig arm ist:



    in meiner zeit als langzeitarbeitsloser habe ich den nazi-spruch „arbeit macht frei“ dreimal gehört



    -zweimal von anderen arbeitslosen vor der tür der arge,wo wir flugbblätter gegen den hartzismus verteilten und einmal von einem fallmanager im shitjobcenter beziehungsweise in der arge.

    Ich kann beziehungsweise muss aus eigener erfahrung berichten dass die shitjobcenter ein „ ein dunkles Reich der Demütigung und Willkür „sind.

    Als das bundesverfassungsgericht die zwangsarbeit für arme abgeschafft hat ( „Es ist nicht Aufgabe des Staates, seine Bürger durch Zwangsmaßnahmen wie Pflichtarbeit … zu erziehen und zu bessern.“)„gab es keine massenarbeitslosigkeit.daher kostete diese entscheidung für die würde die freiheit und die sozialen grundrechte des armen die gesellschaft damals wenig.

    Aber seit der neoliberalen wende hat die ungleichheit die in den ersten zwanzig oder dreissig jahren der brd abnahm immer weiter zugenommen und aus sicheren beschäftigungsverhältnissen sind zunehmend präkäre geworden .



    Mittlerweile sind die fetten jahre für die meisten vorbei .und darum blättert der liberale lack der die strukturelle gewalt unsichtbar machte von den im kern reaktionär-konservativen postfaschistischen institutionen der brd ab.

  • Hartz4 Regime hat Abstandsgebot zwischen vorheriger Arbeitslosenhilfe bei einem Verarmungsfaktor 3%/anno zur Sozialhilfe durch Arbeitslosengeld II abgeschafft. Fehlen wird parteipolitisch ignoriert, weiter Sanktionen zu rechtfertigen. Führen Hartz4 Sanktionen doch seit 2003 automatisch zum amtlichen Entzug des vom BVG garantiert pfändungsfreien Existenzminimums von z. Zt. 1134 €/Monat unter systemischer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes Art. 3 GG gegenüber Besserverdienenden mit steuermindernden Freibeträgen. Hartz4 Aufstocker finanzieren mit ihrem Restvermögen vor dem Schonvermögen Altersvorsorge zu Gunsten staatlicher, privater Arbeitgeber ihren eigenen Lohn bis das Restvermögen verfrühstückt ist. Dass dieses bei einem Handelsbilanzüberschuss 300 Milliarden €/anno Deutschlands volkswirtschaftlich verheerende Wirkung auf andere EU Länder, sonders in Südeuropa hat, betont auch die OECD, IWF, Weltbank, zeigt Berlin nach außen hin bisher ungerührt.

    Agenda2010/Hartz4 2003 steht für Paradigmenwechsel, indem nun statt Arbeitgeber, Arbeitnehmer Lohnaufstockung durch den Staat über Bedürftigkeitsprüfung unter Einsatz ihres Restvermögens vor Schonvermögen für Altersvorsorge begründen müssen, dieses Geld ürivaten, staatlichen Arbeitgebern betriebswirtschaftlich sachgrundlos zu überlassen. Die bis 2002 geförderte Integrationsbereitschaft der Arbeitswelt beim Umgamng mit Behinderten, weniger Quailifzierten schwindet. Folge, Kündigungsschutz als Säule betrieblicher Mitbestimmung, Motive, Anreize zu betrieblicher Innovation werden untergraben, der Umgang in staatlichen, privaten Unternehmen verwahrlost, Tarifgemeinschaftschaften werden von kommunalen, privaten Unternehmen aufgekündigt, Unternehmen entziehen sich Arbeitgeber Verbänden, Arbeitnehmer Gewerkschaften, Sicherheits- , Gesundheits- , Sozialstandards, Richtung zwei, drei Kategorien von Arbeitnehmerrechten bei gleichzeitig verstärkter Entkoppelung von Lohn- und Mietentwicklung, Grund- , Bodenpreisen

  • Angesichts ausbleibender Entschädigungen für 12 Millionen Zwangsarbeitern im deutschbesetzten Europa 1939-1945, begünstigt durch administrativ willige Vollstrecker allerorten, gab folgendes BVG Urteil Anlass zu Hoffnung auf Perspektivwechsel, wie Markus Kurth schreibt "In ".." Urteil stellte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1967 fest: „Es ist nicht Aufgabe des Staates, seine Bürger durch Zwangsmaßnahmen wie Pflichtarbeit (…) zu erziehen und zu bessern.“, um dann mit dem Perspektivwechsel zu hadern, diesen nicht zuende zu denken.



    Sozialstaat ist kein Freibier. Inzwischen stecken im Bundeshaushalt Soziales und Arbeit über das Agenda2010 Hartz4 Aufstocker Regime unter Beibringung Arbeitnehmer Restvermögen vor deren Schonvermögen für Altersvorsorge Abermilliarden € an verdeckt sachgrundlos staatlicher und privater Lohnsubvention für private, staatliche Arbeitgeber.



    Der Sozialstaat steht nicht Leistngsbezug bei Fuss für höhere Beschäftigung in der Arbeitswelt, sondern als Stabilisierungs Mechanismus für Kaufkrafterhalt zur Sicherung Millionen Arbeitsplätzen. Mitwirkung heißt nicht mehr Arbeitsaufnahme, sondern bedarfsbezogenen Konsum. Milliardäre wie dm Grossist Götz Werner haben das begriffen, fordern dshalb bedingungsloses Grundeinkommen und sei es für Erwerb von Finanzprodukte "To Go", um das gigantisch kreditfinanzierte Moneten Berg Massiv der Welt-Blasenwirtschaft an den Märkten für Waren, Güter, Aktien, Rohstoffe, Devisen, Dienstleistungen computergesteuert hochfreqqent gehandelt zu mehren

    Vor Eingeständnis, dass die Agenda210/Hartz4 Arbeitsmarktreform "Zusammenlegung von Arbeitslosen-, Sozialhilfe" zu alleinigen Lasten der Arbeitnehmer, Rentner ein sozialpolitisches Fiasko Faktor 10 zu alleinig sachgrundlosen Gunsten staatlicher, privater Arbeitgeber ist, sollte die Anerkennung von Entschädigungen Betroffener seit 2003 stehen, denen, entgegen Treu - Begriff Prof. Paul Kirchhoff CDU 2005 - und Glauben, ab Jahrgängen 1938 Forderungseigentum entzogen wurde.

  • Offenbar lebt es sich in den Altbaustuben so bequem und harmonisch, dass jeder andere Lebensentwurf wie selbstversändlich selbst gewählt und damit auch verdient ist.



    Daher ist es auch vollkommen egal wieder darauf hinzuweisen, dass die meisten Arbeitslosen arbeiten möchten, menschenwürdig arbeiten wollen oder aber nicht arbeiten können. Etwa jeder dritte Langzeitarbeitslose leidet an chronischen - nicht selten psychischen - Erkrankungen. Da man entsprechende, anderweitige Leistungen in Deutschland mit der Agenda 2010 abgeschafft hat, fallen diese nun mit den Arbeitlosen in dieselbe Verwaltung - was ihnen nicht hilft und die Jobcenter völlig überfordert. Der Schlüsselsatz des Artikels ist ein anderer: "Unterstützung ohne Gegenleistung bleibt Barmherzigkeit. Diese ist keineswegs zu verachten, kann aber nicht die Basis des modernen Sozialstaats sein."



    Indem das Solidarprinzip des Sozialstaates abfällig als Almosen diskreditiert wird, öffnet die Argumentation - wie eh und je - Tür und Tor für alle Maßnahmen und Argumente und halbgaren Andeutungen, die wir inzwischen alle auswenig können. Egal, dass der bereits zu niedrige Satz, bereits trickreich heruntergerechnet, auf ein absolut lebensunwürdiges Niveau fällt. Egal das jedes dritte Kind in Deutschland bereits jetzt von Armut bedroht ist - durch die Sanktionen oft unmittelbar betroffen sind. Egal, das alleinerziehenden Frauen weitere Stöcke zwischen die Beine geworfen werden usw, etc. Egal egal. Alles egal. Denn: Es geht um die bereits seit zehn Jahren laufende Kampagne welche die Selbstverständlichkeit eines solidarischen Staates zu Lasten derer die Hilfe brauchen umdeutet um im diesem Rahmen jede noch so schmutzige Reform zu legitimieren, jede noch so empathische Regung zu diskreditieren. Da ist dann plötzlich kein Preis zu hoch.

    • @David Kind:

      ....zu Lasten derer die Hilfe brauchen ....

      Aber die, die Hilfe brauchen bekommen doch Hilfe und zwar sehr groszügige Hilfe. Geld für Unterkunft, Harz 4 Krankenversicherung...verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde diese Unterstützungen gut und wichtig!!



      Wareum also nicht dankbar sein??

      • @Günter:

        Kündigen Sie ihren Job, verbrauchen Sie ihr Vermögen und beantragen Sie anschließend ALG2.

        Sie werden sicher sehr dankbar sein, dass man Ihnen großzügig gestattet, zu existieren.

  • In der unten erwähnten Sendung sagt übrigens Herr Hebel sehr klar und deutlich, dass bei einem Satz von u n t e r 550.- € (vom Paritätischen Gesamtverband errechnet) von einer Existenz- oder Grundsicherung, mit der auch nur ansatzweise eine Teilhabe zu bewerkstelligen ist, nicht gesprochen werden kann.



    www.ardmediathek.d...ocumentId=58046804

    Derzeitiger Satz: 416.-€ in Bayern.



    Und die SPD will m. E. auch nur "Kosmetik", aber keine wirkliche Verbesserung für die Menschen. Und auch dieser Kosmetik-Versuch wird ihnen m. E. wieder auf die Füße fallen. Sie lernen nixxx dazu… erkenntnisresistent diese Partei.



    www.nachdenkseiten.de/?p=47389#h06



    unter Punkt 6.

    • @Frau Kirschgrün:

      Und ab 01.01.2019 sind es dann 424.-€.



      Die Vermögenberatungsbranche wird in Terminnot und Stress geraten…

      • @Frau Kirschgrün:

        424 € im Monat! Wow, da wird Jens Spahn in Kürze sicherlich sagen: „Wenn jemand soviel Geld fürs Nichtstun bekommt, dann geht doch demnächst keiner mehr arbeiten.“

        "Es muss schon noch einen Sinn machen, arbeiten zu gehen." Dieser Satz diente Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Sonntagabend (25.11.2018) bei 'Anne Will' als Verteidigung für das Hartz-IV-System.

        Jens Spahn sitzt seit seinem 21. Lebensjahr im Bundestag und lässt sich seitdem von den Bürgern mit Steuergeldern alimentieren. Ich frage mich, wann hat Jens Spahn eigentlich einmal eine richtige Arbeit gemacht, die auch Sinn macht? Der Mann macht seit 2002 CDU-Politik im Sinne der Oberen Zehntausend und hat in seinem ganzen Leben noch nie etwas "Sinnvolles" für den kleinen Bürger gemacht.

        Mit einer Abgeordnetenentschädigung (Diäten) von monatlich ca. 9.700 € oder einem Ministergehalt von monatlich ca. 15.300 € (wie Spahn es bekommt) können sich unsere "Volksvertreter" - dazu gehört übrigens auch der Bundestagsabgeordnete Markus Kurth von den Grünen - ein Hartz IV Leben ohnehin nicht vorstellen.

        • @Ricky-13:

          Es ist den meisten Leuten einfach nur sch…egal, weil es nicht sie selbst betrifft…



          Aber Angst haben alle davor.



          Warum unternehmen nicht ·a l l e· etwas dagegen? Sie könnten bald selbst betroffen sein… aber nein, es werden zu etwa 80% (also die etablierten Parteien) i m m e r die gewählt, die Politik für oberen 10% machen.



          Einfach armselig und für mich nicht nachvollziehbar. Obwohl, es ist nicht armselig, es ist dumm und unwürdig.



          "Armut ist die schlimmste Form von Gewalt."



          Mahatma Gandhi



          "Armut beschämt nicht die betroffenen Menschen, Armut beschämt die Gesellschaft."



          - Ruth Dreifuss



          "In früheren Zeiten konnte einer ruhig vor seinem vollen Teller sitzen und sich's schmecken lassen, ohne sich darum zu kümmern, dass der Teller seines Nachbarn leer war. Das geht jetzt nicht mehr, außer bei den geistig völlig Blinden. Allen übrigen wird der leere Teller des Nachbarn den Appetit verderben."



          (Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach, 1830-1916), Leider kommt das Fressen vor der Moral… (Bertold Brecht)

          Das betrifft auch Altersarmut, prekäre Beschäftigung, Mindestlohn, usw.

  • Ich kenne genügend Leute, die dankbar für Harz 4 sind. Die sagen, davon kann ich gut leben. Mir ging es genauso. Jedenfalls war und bin ich noch heute der Allgemeinheit aus tiefem Herzen dankbar, dass ich Hilfe und Unterstützung bekam (damals hieß es noch Sozialhilfe, BAföG etc.). Damit hatte ich es geschafft, mir meine Zukunft aufzubauen. Meine Krankheit, die mich durch mein ganzes Leben begleitet, dafür kann die Allgemeinheit nichts, das habe ich aber durch die Hilfe guter Ärzte und guter Medikamente so gut wie möglich in den Griff bekommen.



    Warum also nicht einfach einmal dankbar sein.

    • @Günter:

      Dankbar?



      - Dafür, dass alten Menschen ein Leben in Teilhabe (durch Grundsicherung oder viel zu niedrige Rente) unmöglich gemacht wird?



      - Dafür, dass alte|ältere Menschen, die Hände ringend suchen, aber unverschuldet keine Arbeit mehr finden können, weil für ··zu alt·· befunden?



      - Dafür, dass im GG steht "Die Würde des Menschen ist unanstastbar"?



      - usw.



      Dafür muss niemand dankbar sein.



      Das sind G r u n d r e c h t e.



      Schluss mit diesen Relativierungen, die den Politikern und den wahren Herrschenden für eine restriktive, menschenverachtende Politik Tür und Tor öffnen. Sind Sie sicher, dass Sie Menschen kennen, die "…sagen, davon kann ich gut leben."?



      Diese Menschen würde ich sehr gerne kennenlernen!



      Vielleicht können Sie einen Kontakt vermitteln…

  • Also das "arbeitsscheue Gesindel" in meinem Bekanntenkreis das sind:



    Eine Altenpflegerin mit kaputten Bandscheiben aufgrund schwerer körperlicher Arbeit. Eine Krankenschwester mit einem Kleinkind die wegen einer Krebs Erkrankung vom Ehemann verlassen wurde. Eine Kosmetikerin mit einer berufsbedingten Allergie. Zwei Druckvorlagenherstellerinen eine mit Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule. eine Mediengestalterin mit 2 Kindern und mehreren Erkrankungen z.B einem Fersensporn. Die Frau kann nicht gehen.In der Nachbarschaft dürfen das auch einige Personen mit einer Alkoholerkrankung sein. Diese Menschen werden nicht nur NICHT unterstützt, ihnen werden sogar Ausbildungen verboten die die Oma unter Umständen finanzieren könnte da sie als Hartzer dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müssen. Bandscheiben Abnutzungen werden in der Pflege nicht als Berufserkrankung anerkannt. Diese Menschen werden in mehreren Hamburger Jobcentern wie ein Stück Scheiße behandelt. Sogar Vorstellungsgespräche werden sabotiert , Fahrtkosten nicht bewilligt weil sie ja sowieso nichts kriegen und die Fahrkarte zu teuer wäre. "Gehen sie mal zur Tankstelle einen Minijob machen, Bäume auf dem Friedhof zählen, auf Fahrräder aufpassen Lokomotiven im Museumsbahnhof repareren, oder aufen sie durch die Stadt in einer Orangen Weste und schauen sie mal ob irgendwo Hundekacke liegt" Das sind die Vorschläge. Zudem sind Stasi ähnliche Kontrolleure unterwegs die um die Wohnungen rumschnüffeln ob diese Frauen nicht mit jemanden leben, also ob sie regelmässig Sex haben und mit wem, und vielleicht nicht 30 Euro zu viel bekommen." Alles einfach nur widerlich und abartig , der Umgang mit kranken Menschen. Den ich kenne keinen gesunden Hartzer der keine gesundheitlichen Einschränkungen hätte. Umschulungen in zumutbare Jibs sind nicht möglich. Diese Leute sind 35-45 Jahre alt, müsse also noch 20 Jahre arbeiten. Man zwingt sie regelrecht in die Perspektivlosigkeit.

    • @anna hutter:

      Und dann sitzt heute eine Frau Göbel im Presseclub, und sagt allen Ernstes, "wir müssen aufhören, Harzt IV schlecht zu reden"… was für eine Zynikerin. ^^Her mit einem neuen Namen, damit es den Menschen in AlG2 endlich "besser" geht!^^

      www.ardmediathek.d...ocumentId=58046804

      Und sie äußert sich m. E. abfällig über Teilzeitkräfte, und verkennt dabei, dass der gesamte Pflegesektor großteils auf Teilzeit aufgebaut ist – die sind natürlich alle arbeitsscheu – Zynismus bei der Frau ist noch zu harmlos formuliert…

      Die gesamte Sendung ist Dank der Moderation von Frau Ehni sehr sehenswert.

      • 9G
        91381 (Profil gelöscht)
        @Frau Kirschgrün:

        Vorschlag für einen neuen Namen: Nachbarschaftsgeld.

        Denn dann bekommt man ein deutlich besseres Gefühl, wer einen finanziert. Es nicht ein ominöser und anonymer Staat. Es sind die arbeitenden Mitbürger, die einen unterstützen, solange man Hilfe braucht.

        Und ich habe den Eindruck, wenn ich meinen Nachbarn fragen würde, würde er für längere Arbeitsjahre (=Beitragsjahre) akzeptieren, dass sich derjenige eine höhere bzw. längere Hilfszahlung „erarbeitet“ hat.

  • Grundsätzlich ist die Leistung mit Gegenleistung wichtig für die Solidarität, soweit Stimme ich den Autor zu. Die Sanktionen im ALG II allerdings sind so perfide, weil sie die perspektivlose Arbeitsvermittlung flankieren, die nicht darauf ausgerichtet ist, in Arbeit mit Zukunft zu vermitteln. Sinnlose Maßnahmen, die nur den Träger finanzieren und den Betroffenen nicht weiterhelfen sind das eine, Eingliederungsvereinbarungen, die keinerlei konkrete Verpflichtungen der Behörde enthalten das andere. Eigene Vorstellungen und Wünsche werden missachtet, die prekäre Beschäftigung erzwungen. Vermittlungsgutscheine werden mit der Begründung verweigert, es werde bereits eine Helfertätigkeit ausgeübt, da muss eine weitere Umschulung nicht erfolgen.



    Dieses Vorgehen ist besonders schlimm bei den Optionskommunen, die die Gelder für Maßnahmen dann anderweitig einsetzen in kommunalen Haushalt.

    Es fehlt hier an der Leistung, die eine Gegenleistung hervorrufen könnte.

    • @siri nihil:

      Genau so.

    • @siri nihil:

      Ganz genau so isses.

  • Markus Kurth schreibt: "Dass Trittbrettfahrerverhalten die Solidarität zersetzt, ist eine an­thropologische Konstante – von der steinzeitlichen Sippe bis zur linken WG von heute."

    Och wie süß, da packt ein Politiker den Sozialdarwinismus wieder aus. Meinen Glückwunsch.

    Dass Untermenschenverhalten den Sozialstaat untergräbt, ist ebenso eine anthropologische Konstante, oder?

    Super Diskussionslinie. Meinen Glückwunsch Herr Kurth.

    PS: Wenn Sie ein neoliberales Hausprojekt mit dem Adjektiv "links" versehen, dann ist das entweder politische Inkompetenz oder intellectual dishonesty.

  • "Ich kenne keinen von Hartz IV Betroffenen, der nur eine einzige Maßnahme als sinnvoll erfuhr."

    Da melde ich mich mal als Ausnahme.

    Wobei streitbar wäre, ob "sinnvoll" tatsächlich zutrifft (da die ganze Logik der Erwerbsarbeit im frühen 21. Jahrhundert eigentlich überholt ist), aber zumindest würde ich die Maßnahme in der ich mich gerade befinde, als "hilfreich" bezeichnen ("Berufliche Orientierung" wie man immer so schön sagt).

    • @Existencielle:

      (War als Antwort auf Rolf B. weiter unten gedacht.)

  • Wenn ich sowas lesen will, dann kaufe ich mir die FAZ.

  • Solidarität bedeutet bedingungslose Unterstützung. Wenn man eine Gegenleistung einfordert, dann handelt man nicht solidarisch, sondern geschäftlich.

    Genau so funktioniert der gegenwärtige Sozialstaat: durch eine Eingliederungsvereinbarung wird der Sozialstaat von seiner Pflicht, bedingungslos zu unterstützen, entbunden. Die Eingliederungsvereinbarung wird bei Verweigerung qua Verwaltungsakt erzwungen, der Sozialstaat entbindet sich also selbst von der Pflicht zur Solidarität und zwingt Erwerbslosen "das Prinzip von Leistung und Gegenleistung" auf. Dies widerspricht aber der richtigen Aussage, dass "[ein] Sozialstaat, dessen Grundlage die unantastbare Menschenwürde ist, [...] das Existenzminimum sicherstellen [muss], ohne irgendeine Form von Folgsamkeit zu erzwingen.". Der Autor muss sich also entscheiden: Unantastbarkeit der Menschenwürde oder "The Art of the Deal".

    Das Grundgesetz kennt im Übrigen keine Trittbrettfahrer, sondern stellt die Unantastbarkeit der Menschenwürde sicherheitshalber ganz an seinen Anfang, weil die Deutschen... aber heute ja zum Glück nicht mehr!

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @Ivande Ramos:

      "Solidarität bedeutet bedingungslose Unterstützung..."

      Mag sein, dann wäre dies aber der völlig falsche Begriff im Zusammenhang mit dem Sozialstaat, der A zwangsweise etwas nimmt, um B etwas zu geben. Solidarität setzt voraus, dass der Geber dies im freien und persönlichen Entschluss tut, helfen zu wollen. Solange die Gewährung von Sozialleistungen kein Almosen sind, sondern eine staatlich verordnete Umverteilung, solange ist die Einforderung einer Gegenleistung, und sei es nur das ernsthafte Bemühen aus der eigenen Misere herauszufinden, legitim und notwendig zur Rechtfertigung.

    • @Ivande Ramos:

      "Das Grundgesetz kennt im Übrigen keine Trittbrettfahrer, sondern stellt die Unantastbarkeit der Menschenwürde sicherheitshalber ganz an seinen Anfang, weil die Deutschen... aber heute ja zum Glück nicht mehr!"

      Was hat sich denn substantielle geändert seit der Zeit, wo man offiziell bestimmte Arbeitslose als "arbeitsscheues, asoziales Gesindel" bezeichnete?



      Genau diese latente Unterstellung ist Grundlage des Sanktionssystems von Hartz IV.

      • @Rolf B.:

        Na heute ist man Grün und sagt halt "Trittbrettfahrer" und Sanktionen heißen bestimmt bald "Motivationsbeschleuniger" und Hartz IV wird zu "an Voraussetzungen geknüpftes bedingungsloses Grundeinkommen unter Vorbehalt des Nachweises der Bedürftig- und ökologischen Verträglichkeit (Kurth I)" und der Habeck nennt das Ganze dann "radikal".

        Meine Sorge ist, dass die kommende Umbenennung von H4 als Argument, die nächste neoliberale Welle (nachzulesen hier arbeitgeber.de/www...rmany_reloaded.pdf und hier arbeitgeber.de/www...e/BDA_New_Work.pdf ) zu legitimieren, mißbraucht wird. Die kapitalistische Einheitspartei redet verdächtig viel von der Digitalisierung, was nicht verwundert, wenn der BDA die Digitalisierung zum Vorwand nimmt, eine weitere umfassende Beschneidung der Rechte der ArbeitnehmerInnen als alternativlos darzustellen. SGBII-Kosmetik als Zucker und die Flexibilisierung des ArbZG, Weiterbildung in der Freizeit, Auktionsplattformen für Microjobs etc. als bittere Medizin hinterher. Es wird nicht besser, weil Schwarz-Grün...

        • @Ivande Ramos:

          Danke für die Links.



          Schwarzgrün ist die logische Fortsetzung von Rotgrün mit Schröder/Fischer.

  • Der Artikel ziehlt wohl darauf ab, Ideen wie das bedingungslose Grundeinkommen schlecht zu machen.



    Die Argumentation finde ich dabei etwas lasch.



    Gerade wenn die Bedarfsprüfung abgeschafft wird werden Mitmenschen nicht mehr in "faule, schlechte schmarotzende" Individueen abgestuft. Alle wären erstmal gleich, was ein riesiges Potenzial des Sozialstaates und der Solidarität freisetzen würde.



    Trotzdem sollten immer Förderangebote gemacht werden. Wichtig ist nur, dass diese auf Freiwilligkeit beruhen.

  • Lieber Herr Kurth,

    die Sanktionen dienen nicht dazu Faulpelze zu bestrafen, sondern sie werden in der Praxis benutzt, um die Kosten von Harz IV zu reduzieren.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Einspruch!



      Die Sanktionen dienen der Bestrafung und Zermürbung UND werden in der Praxis genutzt, um die Kosten von Hartz IV zu reduzieren.

  • Ein Kommentar, der m.E. die wirkliche Ebene des Sanktionssystems nicht richtig begreift und offensichtlich davon ausgeht, dass "Maßnahmen" über die Arbeitsagentur wirklich durchdacht sind. Ich kenne keinen von Hartz IV Betroffenen, der nur eine einzige Maßnahme als sinnvoll erfuhr.



    Darüber hinaus ist das Sanktionssystem ein Zwangsmittel, um Betroffene in den Billiglohn zu treiben oder in die Hände von Menschenverleihern. Man sollte mal bei Hartz IV über die wirklich unanständigen und menschenunwürdigen Dinge reden. Bei den Arbeitsagenturen ist es wie bei vielen öffentlichen Einrichtungen. Man lässt sie wie z.B. die Schulen verkommen. Von Fördern kaum eine Spur. Stattdessen fördert man den Gedanken, dass ein Teil der Arbeitslosen ein asoziales, arbeitsscheues Gesindel wäre. Hat sich denn seit dem Naziregime in dieser Hinsicht nichts geändert?

    • @Rolf B.:

      "Hat sich denn seit dem Naziregime in dieser Hinsicht nichts geändert?"



      Hat sich nicht.



      Alle, die immer und immer wieder versuchen, dieses menschenunwürdige System zu relativieren würde ich sooo gerne selbst in dieser Situation sehen, um dann feststellen zu können, was von diesem Dummschwätz übrigbleibt, wenn sie selbst betroffen sind.

    • @Rolf B.:

      Markus Kurth: „Wer meint, die Jobcenter seien samt und sonders ein dunkles Reich der Demütigung und Willkür, tut den vielen engagierten MitarbeiterInnen dort Unrecht, denen ihre KlientInnen durchaus wichtig sind und die eigentlich nur einvernehmliche Eingliederungsvereinbarungen wollen.“







      Die Robben im Zoo haben sicherlich auch so romantische Vorstellungen, wie ihre Artgenossen im offenen Meer sich mit dem Weißen Hai einen schönen Nachmittag in Strandnähe machen. – Ja, es ist immer sehr leicht, über etwas zu reden, von dem man kaum Ahnung hat, besonders wenn man seit 2002 Bundestagsabgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen ist und noch nie die Realität in einem Jobcenter erfahren hat. Es würde aber sicherlich helfen, wenn Markus Kurth sich mal die Eingliederungsvereinbarungen mitsamt den Rechtsvorschriften anschaut. Ein Blick in § 10 SGB II, mit dem man sogar aus einem Ingenieur einen Hilfsarbeiter machen kann, würde sicherlich auch nicht schaden.

      Nebenbei bemerkt, ist die Eingliederungsvereinbarung (EGV) ein öffentlich-rechtlicher Vertrag. Um Rechtskraft entfalten zu können, muss ein Vertrag von beiden Vertragsparteien durch Abgabe einer Willenserklärung – freiwillig – geschlossen werden. Diese Freiwilligkeit wird durch Zwang zum Abschluss einer EGV nach § 15 Abs. 1 SGB II allerdings untergraben. Der Hartz IV Empfänger hat nach Unterschrift keine Handhabe mehr, sich gegen Schikanen und Willkür seitens der Jobcenter wehren zu können (Knebelvertrag). Ob es auch sinnvoll ist, in einem Land, dass immer mehr Arbeitsplätze mit Halbleitertechnologie, Regelungstechnik und Industrie 4.0 abbaut, Menschen mit dem § 10 SGB II (Zumutbarkeitsparagraph) in jegliche Arbeit zu zwingen – nur damit die Arbeitslosenstatistk schöner ausschaut – darüber könnte man ja auch mal als Politiker der Grünen nachdenken.

  • M.E. ein ziemlich verworrener Artikel, der mit sehr vielen Worten, einem großen Durcheinander und fehlender klarer Aussage nicht zur Diskussion über eine Hartz-IV-Nachfolgelösung beiträgt. M.E. ist Hartz-IV eine "unmenschliche" Lösung, vor allem, weil das Denken derer, die diese Lösung eingesetzt haben, ziemlich einfach gestrickt ist. Für eine Lösung braucht man kreatives neues Denken statt veraltetes unreflektiertes Vorurteilsdenken und die Bereitschaft im Handeln menschlich zu bleiben.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    Den Blickwinkel der hart arbeitenden Menschen auf die Verweigerer zwecks Legitimation des Sozialstaates zum Anlass zu nehmen, über Sanktionen oder gleichwertige Ersatzhandlungen nachzudenken ist zutiefst heuchlerisch - es soll lediglich ablenken von der eigentlichen Intention, etwas gegen Verweigerer unternehmen zu wollen.



    Ehrlichkeit ist anders. Mitmenschlichkeit auch.

    • 9G
      97684 (Profil gelöscht)
      @90118 (Profil gelöscht):

      So sieht das aus wie die das formulieren

  • Es gibt keine "Arbeitsverweigerer"; es gibt in unserer hochtechnisierten Welt voller Maschinen, Computer und Automaten aber kaum noch echte Jobs von dem man als Arbeitnehmer auch existieren kann. Wenn selbst der VDI (Verein Deutscher Ingenieure) schon 23.000 arbeitslose Ingenieure in Deutschland aufweist (die Dunkelziffer ist da noch gar nicht mit eingerechnet), dann hat das etwas mit Veränderung in der Arbeitswelt zu tun und nicht mit Arbeitsverweigerung oder ähnlichen Blödsinn, den sich die Mainstreammedien seit Jahren aus den Fingern saugen. Dass Industrie 4.0 und die Halbleitertechnologie gerade das Verschwinden ganzer Berufssparten ermöglicht, spricht auch kein Politiker an – leider auch keiner von 'Die Linke' oder von den 'Grünen' – denn dann müsste man einen Schritt in die Zukunft machen, aber dafür sind unsere Politiker wohl schon zu träge.

    Sind wir doch mal ehrlich. Viele Politiker aus CDU/CSU, SPD und FDP, die sich auch noch frech Volksvertreter nennen, obwohl sie nur dem Kapital dienen, die schleppen wir doch auch mit saftigen Diäten oder Ministergehältern durch ihr Leben. Da wird es doch wohl auch möglich sein, endlich einmal ein vernünftiges Grundeinkommen für 'Alle' einzuführen, besonders wenn man bedenkt, dass der Mensch als Arbeitskraft ein Auslaufmodell ist. Die Zukunft des 21. Jahrhunderts mit all ihrer Technik – Robotik, Regelungstechnik, etc. pp. – ist schon lange im Gang, nur unsere Politiker leben immer noch in der alten Arbeitswelt des 20. Jahrhunderts.

    • @Ricky-13:

      Die Verpflichtung nach SGB2, jede Arbeit anzunehmen, die das Jobcenter und nicht der Arbeitslose als zumutbar betrachtet, führt zu Zwangsarbeit.



      Da sie auch gelegentlich verweigert wird, gibt es auch Arbeitsverweigerer.

      Man darf nur nicht den Fehler machen, die Arbeitsverweigerer zum Sündenbock zu machen. Die Asozialen sind die, die Arbeitsverweigerer durch (versuchte) Zwangsarbeit existent machen.

  • 9G
    97684 (Profil gelöscht)

    Da wird immer von den Verweigerern geredet. Das mag in einer WG ja noch geh'n.



    Aber auf grösserer Ebene sollte nicht die Minderheit der Verweigerer das politische Handeln bestimmen. Sondern die Realität.



    Es hilft nix. Wir müssen akzeptieren, dass es solche gibt und mit durchziehen.



    Und. Ich denke, dass es in Thomas Morus' Utopia nur eine verschwindend geringe Menge an Verweigerern geben würde. Warum wohl?

    • @97684 (Profil gelöscht):

      Na warum wohl? In Utopia gibt es absolute Arbeits- und Ausbildungspflicht, und obendrein Sklaverei - das ist dort die Strafe für Kriminalität, einschließlich der Verweigerung dieser Pflichten. Dazu noch zugewiesene Aufenthaltsorte und Arbeitsstätten, keine Reisen ohne Pass, etc. Ich stelle einfach nur fest, sie haben das Buch nie gelesen.

      • 9G
        97684 (Profil gelöscht)
        @TheBox:

        ...Man arbeitet dorz 3- 6 Stunden.Der Rest der Zeit darf z.B den persönlichen Interessen, der persönlichen Weiterentwicklung dienen such der Kunst, wenn einem danach ist Und es wird nur produziert was gebraucht wird.



        Aber was philosophieren wir? Solange die Neid - und Nieselregenfresse die Denk- und Handlungshoheit hat, ist Utopia, ob von Morus oder sonstwie sowieso nur ein Witz.

      • 9G
        97684 (Profil gelöscht)
        @TheBox:

        Doch.Habe ich.