G7-Sonderkonferenz zur Ukraine: Putins Kampf um Bedeutung
Während die G7-Staaten Solidarität mit der Ukraine bekunden, bringt sich Russlands Präsident Putin schon mal für den G20-Gipfel im November in Stellung.
N ach den brutalen Angriffen Russlands auf Kiew und andere Städte übt sich die Welt im Schulterschluss mit der Ukraine. Eiligst wurde eine Sonderkonferenz der G7-Staaten, der mächtigsten westlichen Industriestaaten, einberufen. Zugeschaltet: der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski. Das Perfide an den aktuellen Raketenangriffen: Russland zerstört die überlebenswichtige Energieversorgung, bombardiert Spielplätze, Universitäten. Putin macht keinen Hehl mehr daraus, dass er die zivile Infrastruktur und damit die Bevölkerung treffen will.
Die deutsche G7-Präsidentschaft, angeführt von Kanzler Olaf Scholz, beteuert schnelle Wiederaufbauhilfe. Mobilfunkmasten sollen repariert werden, man will die Infrastruktur retten. Von deutscher Seite wird nochmals bekräftigt, dass eines der vier Luftverteidigungssysteme IRIS-T wie geplant kommt. Zu weiteren Waffenlieferungen hält man sich nach wie vor bedeckt. Trotz Eskalation und Forderungen aus der Ukraine, die in Bitterkeit umschlagen. Die G7 – also Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien, die USA, die EU – wollen einmal mehr zeigen, dass ihr Format in Krisenzeiten funktioniert. Zusammenhalt statt Eigeninteressen, Solidarität statt Rückzug.
Zeitgleich bringt der Kreml ein mögliches Treffen zwischen US-Präsident Biden und Putin beim G20-Treffen Mitte November in Bali ins Spiel. Natürlich betont vage gehalten, quasi als Vorschlagsempfehlung. Im russischen Jargon lautet dies dann so: Wenn Washington ein solches Treffen anbieten würde, dann würde Moskau ein solches prüfen.
Ist dies ein Fünkchen Hoffnung für Verhandlungen? Mitnichten. Eher der verzweifelte Versuch, bei internationalen Gesprächsformaten überhaupt noch eine Rolle zu spielen – und einen Keil in die noch solide Einigkeit der G7 und ihrer Verbündeten zu treiben. Ob der Krieg derzeit in eine entscheidende Schlussphase geht, kann niemand seriös behaupten. Aber die Bedeutungslosigkeit des Kreml-Chefs auf der Weltbühne zeichnete sich nie stärker ab als jetzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter