Fußballlegende Diego Maradona ist tot: Argentinien trauert um „El Diez“
Auf dem Fußballplatz trickste er alle aus, dann wurden Kokain und Alkohol seine Gegenspieler. Nun ist die Sportikone Diego Maradona gestorben.
Mit Eilmeldungen vom Tod des 60-Jährigen unterbrachen sofort sämtliche Nachrichtensender und Radiokanäle ihre Sendungen. Einige Kommentatoren und Sportjournalisten brachen in Tränen aus, als sie die Meldung vom Tod ihres besten Fußballers aller Zeiten verkündeten. „Ich kann es nicht glauben, ich bin am Boden zerstört. Danke, dass du existiert hast“, twitterte Staatspräsident Alberto Fernández und ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.
Maradona musste sich Anfang November nur wenige Tage nach seinem 60. Geburtstag einer Notoperation unterziehen. Der Grund war ein subdurales Hämatom, eine Ansammlung von Blut zwischen Hirnhaut und dem Gehirn. Die Operation war nach Auskunft der Ärzte gut verlaufen, aber wegen auftretender Entzugserscheinungen musste der Krankenhausaufenthalt verlängert werden.
Offen wurde über Maradonas Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit gesprochen, dessen Entzug im Krankenhaus ihm offensichtlich schwer zu schaffen machte. „Er will gehen, aber er wird bleiben. Dies war eine gemeinsame Entscheidung“, erklärte damals sein Leibarzt Leopoldo Luque, nachdem sein Patient einige „Verwirrtheitsepisoden“ wegen erzwungener Abstinenz erlitten habe. „Das war eines der wenigen Male, dass Diego ein 'Nein“ hörte“, so Luque. Am 11. November konnte Maradona die Klinik verlassen.
Diego Maradona, Fußball-Legende
Maradona, geboren am 30. Oktober 1960, wuchs in Villa Fiorito am Rande von Buenos Aires auf, wo er rasch vom Erstligisten Argentinos Juniors entdeckt wurde. Bereits mit 15 Jahren gab er sein Debüt in der ersten Liga, mit 16 war er Nationalspieler, mit 17 Torschützenkönig und als 19-Jähriger erstmals Südamerikas Fußballer des Jahres. An Selbstbewusstsein mangelte es ihm schon damals nicht „Ich bin Maradona, kein neuer Irgendwas. Ich will einfach nur Maradona sein“, antwortete der junge Diegito.
1982 wechselte El Diez – die 10, wie ihn viele wegen seiner Rückennummer nur nannten – für eine Rekordablösesumme zum FC Barcelona, zum Halbgott stieg er aber erst zwei Jahre später auf. Für eine weitere Rekordablöse ging es weiter zum SSC Neapel, dem im nördlichen Italien verhassten Club.
1987 und 1990 führte er Neapel zu den bis heute einzigen Meisterschaften der Vereinsgeschichte. Die Neapolitaner verehren ihn wie einen Heiligen. „Auf dem Platz wird das Leben unwichtig. Die Probleme, all das wird unwichtig“, sagt er in der Amazon-Dokumentation „Diego Maradona“.
Mit Argentinien wurde er 1986 Weltmeister, 1989 gewann er mit Neapel auch noch den Uefa-Pokal. 1990 scheiterte er mit Argentinien im WM-Finale in Rom an der deutschen Mannschaft.
Dass ihn die Tifosi als Spieler des verhassten SSC Neapel gnadenlos auspfiffen, hatte er ihnen nie verziehen. Doch Kokain und Alkohol waren inzwischen zu seinen gefährlichsten Gegenspielern geworden. Seine Nationalmannschaftskarriere endet bei der WM 1994 wegen einer zweiten, monatelangen Dopingsperre durch die Fifa.
Abschied in der Bombonera
Im November 2001 gab er in der Bombonera, dem Stadion der Boca Juniors, sein offizielles Abschiedsspiel. Als der damals schwer übergewichtige Maradona den Rasen betrat, explodierten Jubel und Euphorie. Wer wie ich diesen Moment erlebte, weiß um die unbeschreibliche emotionale Bedeutung von Maradona für die Herzen der argentinischen Hinchas, egal für welchen Club diese schlagen. Maradona stand immer über allen. Dass er als Trainer keine Erfolge erzielen konnte, ist vergessen und verziehen.
In Erinnerung wird aber bleiben, dass es sich immer wieder ins politische Geschehen eingemischte. Vor allem mit dem Herzen und weniger als analytischer Geist. 2005 fuhr er mit dem Zug von Buenos Aires zum Amerika-Gipfel nach Mar del Plata, um gemeinsam mit Hugo Chávez und Evo Morales gegen die Politik des damaligen US-Präsidenten George W. Bush zu demonstrieren. Unvergessen ist sein langer Rehabilitationsaufenthalt auf Kuba, zu dem ihn Fidel Castro überredet hatte. Aber auch sein wiederholtes Erscheinen in Venezuela zunächst bei Chávez und später bei Nicolás Maduro.
Auf die Frage, was das Beste und Schlimmste in seinem Leben war, antwortet Maradona in einem seiner letzten Interviews. „Ich war und ich bin sehr glücklich. Der Fußball hat mir alles gegeben, was ich habe, mehr, als ich mir jemals vorgestellt habe. Und wenn ich diese Sucht nicht gehabt hätte, hätte ich viel mehr spielen können. Aber heute ist das vorbei, mir geht es gut. Am meisten bedauere ich, dass ich meine Eltern nicht habe. Immer wieder habe ich diesen Wunsch, noch einen Tag mehr mit meiner Mutter Tota zusammen zu sein. Aber ich weiß, dass sie vom Himmel stolz auf mich ist und dass sie sehr glücklich war.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana