Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen: Hochzeit der Miethaie
Vonovia kauft ein, verspricht Mieten in Berlin zu begrenzen und Wohnungen an die Stadt zu verkaufen. Die SPD freut's, Mietervertreter finden das naiv.
Buchs Botschaft aber richtete sich weder an die Aktionär*innen, noch hob sie die ökonomische Bedeutung des 18-Milliarden-Euro-Deals hervor, sein Auftritt galt allein als Signal an Berlin und seine geplagte Mieter*innenschaft: Mit dem Geschäft einher gehe ein „Neuanfang“, der „Angst von den Menschen nehmen“ solle, so Buch.
„Bauen, kaufen, deckeln“ ist der Slogan, den Berlins Sozialdemokraten in der im September zu Ende gehenden Legislaturperiode für ihre Mietenpolitik ausgegeben hatten – im Einklang mit den Koalitionspartnern Linke und Grüne. Ein Neubauprogramm für 20.000 Wohnungen jährlich – 2020 erstmals fast erreicht –, der stete Ankauf privater Bestände zugunsten von Berlins landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und die – durch das Urteil über den Mietendeckel gescheiterte – Begrenzung der Mieten sollten das Mietenproblem der Stadt lösen. Nun also mühte sich Buch dieses sozialdemokratische Programm für sich in Anspruch zu nehmen und machte drei Versprechen.
Das wichtigste: Die Bestandsmieten sollen in den kommenden drei Jahren nur um 1 Prozent jährlich steigen, 2024/25 höchstens um die Höhe die Inflation. Gesetzlich erlaubt sind 15 Prozent innerhalb von drei Jahren – bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Die ist laut dem jüngsten Mietspiegel zuletzt aber auch nur um 1,1 Prozent gestiegen. Buch sprach von einem privatwirtschaftlich organisierten Mietendeckel und sprach etwas aus, das aus der Branche bislang eher nicht zu hören war: Mieten, die schneller steigen als die Einkommen, würden „die Menschen überfordern“ und seien „kein nachhaltiges Geschäftsmodell“.
Was er verschwieg: Mit genau jenem Geschäftsmodell haben Vonovia und Deutsche Wohnen im vergangenen Jahrzehnt das Maximum aus Berlins Wohnungsmarkt gepresst. Bei Wiedervermietungen haben beide die Preise zudem in unbezahlbare Höhen getrieben. Hierbei wollen sie sich auch künftig nicht einschränken.
Verkauf an die Stadt
Die zweite Ankündigung: Der neue Großkonzern wolle nun, anders als Vonovia und Deutsche Wohnen bislang, in wesentlichen Größenordnungen bauen. 13.000 neue Wohnungen sind versprochen – ohne Nennung eines konkreten Zeitplans. Das freute den Regierenden Müller, dessen SPD sich, vor allem unter Spitzenkandidatin Franziska Giffey, zuletzt immer mehr auf die Forderungen „Bauen, bauen, bauen“ verengt hatte. Müller: „Um unsere Wohnungsbauzahlen zu erreichen brauchen wir auch privates Engagement.“
Eine „herausragende Bedeutung“ gar erkannte Müller bei der dritten Ankündigung. Im Zuge der Übernahme sollen 20.000 Wohnungen an städtische Wohnungskonzerne verkauft werden. Diese kämen damit ihrem anvisierten Ziel eines Bestands von 400.000 Wohnungen nahe. Finanzsenator Kollatz sprach von einem Kaufvolumen, das über jenen 2,1 Milliarden Euro für die kürzlich beschlossene Rekommunalisierung des Stromnetzes liege. Gekauft werden sollen dabei besonders Sozialsiedlungen außerhalb des Innenstadtrings – Bestände also, die für die Konzerne nicht zu den lukrativsten gehören.
Vonovias Übernahmeersuchen steht aller Voraussicht nach nichts im Wege. Anders als vor sechs Jahren handelt es sich nicht um einen feindlichen Übernahmeversuch, sondern um einen gemeinsamen Plan, den auch die Deutsche Wohnen seinen Aktionär*innen empfehlen wird. Dass dieser weit fortgeschritten ist, machte Kollatz deutlich, der als Zeitrahmen für den Ankauf der 20.000 Wohnungen die nächsten zwei bis drei Monate nannte. Müller lobte das „Sozialpaket“ als Ergebnis gemeinsamer Gespräche, etwa eines runden Tischs nach dem Scheitern des Mietendeckels und dem Ausloten, wo „gemeinsame Interessen liegen“.
Die Vergesellschaftung verhindern
Ein solches ist dabei ganz sicher das Ausbremsen des Volksbegehrens Deutsche Wohnen und Co. enteignen, das mit einem Volksentscheid die Vergesellschaftung der privaten Wohnungskonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen in der Stadt erreichen will. Erst vor dem Hintergrund des durch die Kampagne erzeugten Drucks auf die Konzerne ist der Deal samt den gemachten Zusagen erklärlich. Am Ziel der Initiative ändert die Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen nichts.
Aber laut dem Volksentscheidgegner Müller seien nun „viele Sorgen, die sich ausgedrückt haben im Volksbegehren, aufgenommen worden und können auch entkräftet werden“. Sicher ist: Angesichts des Narrativs der nun endlich einsichtigen, kooperativen Konzerne wird es für die Initiative nicht einfacher, die Mehrheit der Berliner*innen zu überzeugen, warum der weder einfache noch günstige Weg der Vergesellschaftung gegangen werden sollte.
In einer Mitteilung schrieb sich die Initiative die angekündigte Zurückhaltung ihrer Gegner als Erfolg auf ihre Fahnen: „Der Druck unserer Kampagne wirkt.“ Gleichzeitig bezeichnete Sprecher Rouzbeh Taheri den Deal als „Mogelpackung“: Weder sei es attraktiv für das Land, „Wohnungen zu hochspekulierten Marktpreisen zu kaufen“, noch ändere das „kurzfristige Begrenzen von Mietpreisen“ etwas daran, „dass die Mieten mittel- und langfristig weiter gesteigert werden sollen“.
Der Berliner Mieterverein nannte den Pakt „mehr Blendwerk als Mieterschutz“ und warnte vor der entstehenden „Marktmarkt“. Man sei überrascht, „mit welcher Naivität der Regierende Bürgermeister Müller und Finanzsenator Kollatz den Immobiliendeal begrüßen“.
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