Fusion von Bayer und Monsanto: They feed the world
Monsanto und Bayer wären zusammen der weltweit wichtigste Saatgut- und Pestizidhersteller. Auch deshalb stößt der Plan auf viel Widerstand.

„Wir schlagen Alarm“, sagte Axel Köhler-Schnura, Vorstandsmitglied der „Coordination gegen Bayer-Gefahren“. „Durch die Übernahme droht ein weltweites Lebensmittelmonopol. Die Welternährung gerät in ernste Gefahr.“
Schon jetzt befinde sich der globale Agrarmarkt in den Händen einiger weniger Unternehmen. Hatten 1985 die zehn größten Anbieter von Saatgut zusammen noch einen Marktanteil von rund 12,5 Prozent, so seien sie 2011 schon auf 75,3 Prozent gekommen. Monsanto hatte der Nichtregierungsorganisation ETC Group zufolge 2011 rund 26 Prozent des weltweiten Markts für Saatgut unter Beschlag und war damit die Nummer 1. Bayer kam auf 3,3 Prozent. Aktuellere Zahlen konnte Bayer am Montag bis Redaktionsschluss nicht liefern. Bei Pestiziden lag Bayer 2014 nach Medienberichten mit 16 Prozent auf Platz 2. Monsanto hielt 8 Prozent.
Dazu kommt, dass dies nicht die erste Fusion im Agrarchemiebereich wäre. DuPont hat Dow gekauft, Chem-China schluckt gerade den bisherigen Pestizidmarktführer Syngenta. Die Bayer-Kritiker-Coordination macht auch die zunehmende Konzentration dafür verantwortlich, dass die Branche seit mehr als 25 Jahren kein wirtschaftlich bedeutendes Unkrautvernichtungsmittel mehr für den Acker auf den Markt gebracht habe. Deshalb benutzten konventionell wirtschaftende Bauern immer die gleichen Mittel, so dass Unkräuter nach einiger Zeit widerstandsfähig gegen die Chemikalien würden. „Als Folge müssen die LandwirtInnen immer mehr Agrochemikalien ausbringen, was verheerende Auswirkungen auf die Artenvielfalt hat.“
Achtung vor der Gen-Lobby
Einen ähnlichen Innovationsstau befürchten Kritiker im Saatgutsektor. Die größere Konzentration könnte dazu führen, dass weniger Pflanzen gezüchtet werden. Dabei würden Neuentwicklungen dringend benötigt, um auf den Klimawandel zu reagieren. Zudem könnten die Preise für Saatgut und Pestizide steigen.
Auch politisch könnte die geplante Fusion die Landschaft verändern. „Da Bayers Lobbydruck auf die Politik enorm ist, ist zu befürchten, dass nach einer Monsanto-Übernahme die Interessen der Gentechnikindustrie in Deutschland und auf EU-Ebene noch aggressiver vertreten werden als bisher“, sagte Heike Moldenhauer, Gentechnikexpertin des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Tatsächlich gereicht es Monsanto bei Lobbyarbeit in Europa bislang nicht gerade zum Vorteil, ein Unternehmen aus den USA zu sein. Wenn nun Bayer mit Sitz in Leverkusen die Monsanto-Interessen in Brüssel oder Berlin vertritt, fiele dieser „Makel“ weg.
Bayer wies Warnungen vor zu viel Marktmacht zurück. Monsanto und Bayer würden sich sehr gut ergänzen, teilte der Konzern mit. Auf den „relevanten Märkten“ gäbe es weiter einen starken Wettbewerb.
Heike Moldenhauer (BUND)
Das müssen wohl demnächst die Kartellbehörden etwa in den USA und der EU überprüfen. Scheitern könnte die angestrebte Übernahme aber vor allem an den Bayer-Aktionären. Mehrere einflussreiche Anteilsinhaber haben sich bereits skeptisch über die Pläne geäußert – vor allem wegen des hohen Kaufpreises. Und der könnte noch steigen, denn erst jetzt sollen offizielle Verhandlungen beginnen. Die Bekanntgabe des Kaufpreises ließ den Bayer-Aktienkurs nach Börseneröffnung am Montag bis zum Nachmittag noch einmal um rund vier Prozent nachgeben. Dabei war er schon in den vergangenen zwei Wochen wegen der ersten Berichte über die Übernahmepläne gesunken.
Das Management hält dennoch an dem Projekt fest. Schließlich würde die Fusion Bayer in einer „langfristigen Wachstumsbranche“ stärken: Wegen des Bevölkerungswachstums und des globalen Trends zu immer mehr aufwendig erzeugten tierischen Produkten wie Fleisch würde die Nachfrage nach Agrarrohstoffen steigen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Nichtwähler*innen
Ohne Stimme