Funktionsträger des Erzbistums Köln: Distanzierung von Woelki
Der Protest gegen Kardinal Woelki zieht weitere Kreise. Jetzt stellen sich auch mehr als 60 hauptamtliche Mitarbeiter des Erzbistums offen gegen ihn.
Protest gegen Woelki im größten katholischen Bistum in Deutschland manifestiert sich seit Langem, unter anderem zeigten dem Kardinal Mitglieder einer Düsseldorfer Gemeinde die Rote Karte. Dass sich nun aber auch so viele Mitarbeitende des Erzbistums gegen ihren obersten Chef stellen, ist eine neue Dimension des Widerstands.
„Die neuerlichen Enthüllungen über die Kommunikationsstrategie des Kardinals und seiner Mitarbeitenden in der Leitung empören uns“, hieß es in dem Statement. Trotz größter Skepsis hätten einige von ihnen nach der Rückkehr Woelkis aus einer fünfmonatigen Auszeit Anfang März versucht, den Dialog mit ihm aufzunehmen. „Mit dem Bekanntwerden der PR-Strategien aber hat Kardinal Woelki sein letztes Vertrauen verbraucht.“ Die Krise im Erzbistum habe nun „einen nicht vorstellbaren Tiefpunkt erreicht“.
Strategie ist „inakzeptabel“
Der seit Jahren in der Kritik stehende Woelki hatte 2020 eine Kommunikationsagentur engagiert, die Pläne für sein „Überleben“ im Amt entworfen hatte. Unter anderem schlugen ihm die PR-Experten vor, dass er versuchen solle, in einer Auseinandersetzung um ein nicht veröffentlichtes Gutachten den Beirat von Betroffenen sexuellen Missbrauchs auf seine Seite zu ziehen.
Eine solche Strategie auch nur vorzuschlagen, sei schon inakzeptabel, kritisierte Ingrid Kloß, stellvertretende Diözesanvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft. Sie dann aber auch noch eins zu eins umzusetzen, sei „eines katholischen Christen und erst recht eines Kardinals nicht würdig“. Pfarrer Klaus Thranberend erklärte: „Ich komme an meine Grenze, was mein Gehorsamsgelübde dem Bischof gegenüber angeht.“ Gemeindereferentin Marianne Arndt forderte, es sei jetzt an der Zeit, aufzustehen.
Seit die Vorschläge der PR-Agentur vom Kölner Stadt-Anzeiger enthüllt wurden, äußerte sich Woelki noch mit keinem Wort dazu. Lediglich sein Stellvertreter Guido Assmann wies den Vorwurf einer Instrumentalisierung des Betroffenenbeirats zurück.
Woelki war Ende vergangenen Jahres in eine Auszeit gegangen, nachdem ihm Papst Franziskus „große Fehler“ in seiner Kommunikation vorgeworfen hatte. Anfang März kehrte er zurück und bat um eine „zweite Chance“. Zuvor hatte ihn der Papst jedoch aufgefordert, seinen Rücktritt einzureichen. Franziskus hat aber noch nicht darüber entschieden, ob er das Gesuch annimmt. Dadurch herrscht nun seit Monaten ein Schwebezustand, der sowohl von Kritikern als auch von Anhängern Woelkis als Zumutung empfunden wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen