piwik no script img

Funktionsträger des Erzbistums KölnDistanzierung von Woelki

Der Protest gegen Kardinal Woelki zieht weitere Kreise. Jetzt stellen sich auch mehr als 60 hauptamtliche Mitarbeiter des Erzbistums offen gegen ihn.

Kardinal Rainer Maria Woelki im Mai in Köln Foto: Oliver Berg/dpa

Köln dpa | Mehr als 60 Pfarrer, Gemeindereferentinnen und andere Funktionsträger des Erzbistums Köln haben sich in einer Erklärung von Kardinal Rainer Maria Woelki distanziert. „Es ist eine ungeheuer dynamische Entwicklung, viele wollen unterzeichnen“, sagte Pfarrer Dirk Peters am Montag in Köln der Deutschen Presse-Agentur. In der Erklärung hieß es: „Wir fordern einen wirklichen Neuanfang. Dazu gehören auch personelle und systemische Veränderungen.“

Protest gegen Woelki im größten katholischen Bistum in Deutschland manifestiert sich seit Langem, unter anderem zeigten dem Kardinal Mitglieder einer Düsseldorfer Gemeinde die Rote Karte. Dass sich nun aber auch so viele Mitarbeitende des Erzbistums gegen ihren obersten Chef stellen, ist eine neue Dimension des Widerstands.

„Die neuerlichen Enthüllungen über die Kommunikationsstrategie des Kardinals und seiner Mitarbeitenden in der Leitung empören uns“, hieß es in dem Statement. Trotz größter Skepsis hätten einige von ihnen nach der Rückkehr Woelkis aus einer fünfmonatigen Auszeit Anfang März versucht, den Dialog mit ihm aufzunehmen. „Mit dem Bekanntwerden der PR-Strategien aber hat Kardinal Woelki sein letztes Vertrauen verbraucht.“ Die Krise im Erzbistum habe nun „einen nicht vorstellbaren Tiefpunkt erreicht“.

Strategie ist „inakzeptabel“

Der seit Jahren in der Kritik stehende Woelki hatte 2020 eine Kommunikationsagentur engagiert, die Pläne für sein „Überleben“ im Amt entworfen hatte. Unter anderem schlugen ihm die PR-Experten vor, dass er versuchen solle, in einer Auseinandersetzung um ein nicht veröffentlichtes Gutachten den Beirat von Betroffenen sexuellen Missbrauchs auf seine Seite zu ziehen.

Eine solche Strategie auch nur vorzuschlagen, sei schon inakzeptabel, kritisierte Ingrid Kloß, stellvertretende Diözesanvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft. Sie dann aber auch noch eins zu eins umzusetzen, sei „eines katholischen Christen und erst recht eines Kardinals nicht würdig“. Pfarrer Klaus Thranberend erklärte: „Ich komme an meine Grenze, was mein Gehorsamsgelübde dem Bischof gegenüber angeht.“ Gemeindereferentin Marianne Arndt forderte, es sei jetzt an der Zeit, aufzustehen.

Seit die Vorschläge der PR-Agentur vom Kölner Stadt-Anzeiger enthüllt wurden, äußerte sich Woelki noch mit keinem Wort dazu. Lediglich sein Stellvertreter Guido Assmann wies den Vorwurf einer Instrumentalisierung des Betroffenenbeirats zurück.

Woelki war Ende vergangenen Jahres in eine Auszeit gegangen, nachdem ihm Papst Franziskus „große Fehler“ in seiner Kommunikation vorgeworfen hatte. Anfang März kehrte er zurück und bat um eine „zweite Chance“. Zuvor hatte ihn der Papst jedoch aufgefordert, seinen Rücktritt einzureichen. Franziskus hat aber noch nicht darüber entschieden, ob er das Gesuch annimmt. Dadurch herrscht nun seit Monaten ein Schwebezustand, der sowohl von Kritikern als auch von Anhängern Woelkis als Zumutung empfunden wird.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Mir fällt nur der Witz ein von dem Geisterfahrer, der die Meldung im Radio zum Falschfahrer auf seiner Autobahn hört und lakonisch vor sich hinsagt: "Wieso e i n e r , Hunderte." Mein Tipp: Warnblinklicht anschalten, Vollbremsung, vorsichtig aussteigen, Führerschein abgeben. Oberstes Gebot: NIEMANDEM SCHADEN.

  • Ich bin Ostelbier.



    Also weit weg. Auch von der katholischen Kirsche.



    ...Gemeindereferentin Marianne Arndt forderte, es sei jetzt an der Zeit, aufzustehen..



    Das mit dieser PR-Strategie kannte ich nicht.



    ..äußerte sich Woelki noch mit keinem Wort dazu..



    Marianne Arndt unterstützen!!

    • @Ringelnatz1:

      Oh,Alter1:



      Ich meine natürlich- Kirche-!



      Wobei...

  • Das sind keine "Neuerlichen Enthüllungen". Dass Woelki eine etwas dubiose Beraterfirma angeheuert hat (die er persönlich vermutlich vorher nicht gekannt hat, sondern die ihm im Generalvikariat empfohlen wurde), weiß man seit langem. Dass der Betroffenenbeirat gefragt wurde, ob er der Erstellung eines zweiten Gutachtens zustimmt, und dass sich einge Mitglieder von dem Procedere überfahren fühlten, ist auch seit Jahren bekannt.

    Ein "Strategiepapier einer Beraterfirma" sagt auch überhaupt nichts über Woelkis tatsächliches Verhalten aus. Es ist eine Sammlung von Vorschlägen, mehr nicht.

    Dass das Ganze jetzt, in der Sommerpause und kurz vorm nächsten Treffen des Synodalen Weges, wieder hochgekocht ist, liegt am Kölner Stadtanzeiger und seinem Chefradakteur, der mit allen Mitteln Woelki aus dem Amt drängen will. Was er damit erreichzen will, ist mir schleierhaft. Dass ein eventueller Nachfolger Woelkis damit anfängt, verheiratete Männer und Frauen zu Priestzern zu weihen, ist nicht zu erwarten. Dass die (vernünftige) Weigerung einer immer größeren Zahl von Katholiken, Kirchsteuer zu bezahlen, dadurch aufhört, auch nicht.

    Was für eine unwürdige Hetzkampagne!

    Kardinal Woelki verhält sich ungeschickt, unklug und ist mit der Situation überfordert. Aber er hat nichts Böses getan, im Gegensatz zu den von den von den Reformern nach wie vor unterstützten Bischöfen Marx (München) und Overbeck (Essen), die Missbrauchstäter einfach versetzt und dadurch weitere Missbrauchstaten möglich gemacht haben. Aber die sind ja für die Aufhebung des Zölibats, also alles in Ordnung.

    • @Breitmaulfrosch:

      In einer demokratisch verfassten Organisation mit Regeln der Amtsführung, die sich als überprüfbare und sanktionierbare Kriterien auch in der Praxis bewähren müssen, weil unabhängig kontrolliert, wäre der 'exzellente Hochwürden' aller Wahrscheinlichkeit nach, wie wir im Pott sagen, 'weg vom Fenster'. Dass Kategorien einer Monarchie hier gerechtfertigt werden, ist doch ein Anachronismus. Dann bleibt nur die Wahl: Abstimmung mit den Füßen und Sanktionen mit dem Geldbeutel, das verstehen selbst die konservativsten Vertreter der sog. Amtskirche. Für die Sache Jesu hoffe ich auf die Erleuchtung in der Angelegenheit unter der praktischen Fragestellung der Hypothese analog zum Motto: 'Er ist wie der da'. Ich habe wenig Zweifel, was dann im Vorraum des Tempels passiert.

  • Ich find ihn super. Keiner ausser ihm sorgt so schnell für so viele Kirchenaustritte, er ist die Atheistenmaschine schlechthin. Go Woelki go, mögest du noch lange im Amt bleiben und so weitermachen wie bisher. Nichts demaskiert den Katholizismus und die verrottete Organisation der Kirche besser als du.