Fremdenfeindlichkeit in Merseburg: Hitlergruß und Schläge
Vor einer Asyl-Demonstration am Samstag häufen sich rechte Einschüchterungsversuche. Zum dritten Mal wurden Ausländer Opfer von Gewalt.
DRESDEN taz | Im sachsen-anhaltischen Merseburg sind zum dritten Mal binnen einer Woche Ausländer angegriffen und zum Teil verletzt worden. Der jüngste Übergriff galt am Mittwochabend einem Afrikaner, der zufällig am Büro des Landtagsabgeordneten Sebastian Striegel von Bündnis 90/Grüne vorbeikam.
Nicht zufällig hielt sich dort allerdings eine Gruppe von etwa 15 Neonazis auf. Im Büro fand die Vorbesprechung für eine Demonstration gegen die ebenfalls von der rechten Szene für Sonnabend angemeldete Kundgebung „Asylflut stoppen“ statt. Nach Auseinandersetzungen nahm die Polizei neun Verdächtige fest, darunter drei Frauen.
In den Tagen zuvor waren in Bahnhofsnähe bereits ein junger Somalier und ein 41-jähriger Algerier zusammengeschlagen worden. Wegen des Ausfalls der Überwachungskameras am Bahnhof existieren keine Videoaufzeichnungen von den Übergriffen. Ein 31-jähriger Tatverdächtiger, der dem Algerier das Nasenbein brach und dessen Rucksack entwendete, konnte inzwischen festgenommen werden.
Auch die am Mittwochabend festgenommenen Personen sind der Polizei bereits wegen rechtsmotivierter Straftaten bekannt. Sie sollen vor dem Abgeordnetenbüro den Hitlergruß gezeigt und fremdenfeindliche Parolen gerufen haben. Nach Beobachtungen von Sebastian Striegel wurde sogar ein Messer gezogen. Körperlich Verletzte gab es am Mittwochabend aber nicht.
Rechte Szene deutlich selbstbewusster
Striegel schätzte gegenüber dem MDR die rechte Szene in Merseburg als nicht sehr groß, aber neuerdings deutlich selbstbewusster ein. „Es gibt eine massive Eskalation der Gewalt in den letzten Tagen“, sagte Striegel. Die Attacke vor seinem Büro bezeichnet er in einer Erklärung als „Versuch gezielter Einschüchterung“ wegen der am Sonnabend geplanten Gegendemonstration.
Striegel vermutet Überschneidungen des Täterkreises mit dem der Organisatoren und verlangt ein Verbot der Anti-Asyl-Demonstration. Ausdrücklich dankt er jedoch der Polizei für ihr schnelles Eingreifen und die Vielzahl von Zeugenbefragungen. Unterstützung erhielt er von seiner Fraktionschefin im Magdeburger Landtag, Claudia Dalbert, die die Attacken als „Angriff auf alle Demokratinnen und Demokraten“ bezeichnete.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ministerpräsident in Thüringen gewählt
Mario Voigt schafft es im ersten Versuch
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“