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Frauenarmut und Gender Pay GapFrauen, redet mit euren Partnern!

Nur jede zweite arbeitende Frau kann eigenständig ihre Existenz sichern. Es braucht gerechte Löhne. Aber Frauen müssen auch Karrieren einfordern.

Eine Facharbeiterin überprüft eine Druckplatte. Ob sie dafür so viel Geld bekommt wie ihre Kollegen? Foto: Mito/imago

Es sind nicht mehr 23 oder 21 Prozent, nein, es sind nur noch 16 Prozent. 16 Prozent weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen bekamen Frauen im vergangenen Jahr. Das darf man, auch wenn es absurd klingt, als Erfolg bezeichnen. Denn jahrzehntelang war der Gender Pay Gap, die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, bei 23 und 21 Prozent wie festgenagelt. Da bewegte sich einfach nichts. Mehr Geld für Männer – eine never ending Story. Zum Verzweifeln geradezu. Dann aber sank der Gender Pay Gap doch, und das ausgerechnet während der Coronapandemie, auf 18 Prozent. Und jetzt, innerhalb des vergangenen Jahres, eben noch einmal um 2 Prozentpunkte. Es tut sich also etwas bei einer der wichtigsten Gleichstellungsfragen der Moderne, nämlich der finanziellen Parität zwischen den Geschlechtern – und das zugunsten der Frauen.

Das ist insofern bedeutsam, als zeitweilig davon die Rede war, dass Corona die Frauen zurückkatapultieren würde in eine Zeit, die ihre Rolle am Herd und bei den Kindern definiert. Aber das stimmte nicht, denn heute lassen sich die meisten Frauen nicht mehr behandeln wie Muttis in Kittelschürzen um 1950. Heute studieren Frauen, sie gehen arbeiten, sie haben große oder kleine Familien, sie leben allein, sie leben queer – und das alles selbstverständlich. Am Ende aber sind die meisten Frauen den Männern noch lange nicht gleichgestellt.

Denn mehr als jede zweite Frau kann dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zufolge nicht von ihrem Einkommen leben, sobald ihr Job wegfällt. Wenn sie also arbeitslos wird, aus welchen Gründen auch immer nicht mehr arbeiten kann oder in Rente geht. Für etwa 70 Prozent der berufstätigen Mütter kommt es noch dicker: Sie können laut DGB ohne zusätzliche finanzielle Hilfen nicht langfristig für sich und ihr(e) Kind(er) sorgen.

Das eine, der Gender Pay Gap, und das andere, die existenzielle Lücke, sind eng miteinander verknüpft. Wer wenig verdient, kann sich kein besseres Leben leisten, kann nichts sparen für härtere Zeiten und hat weniger Rente – diese Erkenntnis ist so alt wie ein Fossil. Und die Dramatik solcher Lebenszwänge spitzt sich aktuell zu: Mieten werden teurer, Renten kleiner, Butter, Olivenöl, Gemüsekonserven kosten um ein Vielfaches mehr, die Arbeitslosigkeit steigt – auch das ist eine Binse. Die 1-Million-Dollar-Frage ist nun: Wie kommen Frauen aus dieser Misere heraus?

Was der Staat tun muss

Der erste Teil einer möglichen Antwort lautet: Der Staat muss dafür sorgen, dass die Lohnlücke geschlossen wird. Es gibt kein schlüssiges Argument dafür, dass Männer bei gleicher Arbeit und Stundenzahl besser bezahlt werden. Ebenso muss der Staat dafür sorgen, dass die Jobs, in denen vorwiegend Frauen arbeiten, besser entlohnt werden – zumindest so, dass die Frauen-Löhne Männer-Löhnen in vergleichbaren Berufen ähneln. Der Staat muss dafür sorgen, dass jedes Kind einen Kita- und einen Hortplatz bekommt, sodass Mütter nicht mehr gezwungen sind, gar nicht oder Teilzeit zu arbeiten, weil die Kinder anders nicht betreut werden können.

Was Frauen tun sollten

Der zweite Teil der Antwort klingt für manche ungerecht, unfeministisch und nach Abschieben ins Private: Frauen sollten aufhören, vor allem ihren Partnern als sichere Einkommensquellen zu vertrauen und sich von ihnen abhängig zu machen. Sie sollten ihre Jobs niemals aufgeben, selbst wenn der Partner noch so viel verdient. Sie sollten nach den Elternmonaten zeitnah arbeiten gehen und auch nur in seltenen Fällen in Teilzeit. Damit verringert sich auch die Lohnlücke, denn die ist insbesondere der Teilzeit zuzuschreiben. Die meisten Beziehungen halten bekanntlich nicht ewig, und mittlerweile gibt es genügend Zeitungstexte, die von Trennungsdramen mit anschließender Frauenarmut berichten.

Ja, doch: Gleichstellung muss auch in der Beziehung ausgehandelt werden. Denn der Grundsatz „Es geht nur gemeinsam mit den Männern“ muss mit Leben erfüllt werden. Ob ein Paar die klassische Elternzeit-Variante – 12 Monate für die Mutter, 2 für den Vater – wählt oder sich die Zeit hälftig teilt, wird nun mal zu Hause beschlossen. Ob eine Frau Teilzeit oder Vollzeit arbeitet, bespricht sie mutmaßlich mit ihrem Partner. Ob sie eine Führungsposition übernehmen soll und er dann mehr Sorgearbeit leisten muss, sicher ebenso. Dem eigenen Lebens- und Karriereanspruch zu folgen und diesen nicht ausschließlich vom Staat, sondern auch beim Partner einzufordern, ist nicht vermessen oder unrealistisch, sondern zutiefst feministisch.

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14 Kommentare

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  • Wir haben hier ein typisches Beispiel für Genderwashing. Feminismus wird hier verwechselt mit einer simplen Gleischstellung von Frauen* mit Männern. Aber am ungerechten, zerstörerischen androzentrischen System ändert sich nichts. Als (auch wenn noch "unzureichender") Erfolg wird gefeiert, dass immer mehr Frauen* sich als Untertaninnen der Diktatur der Erwerbsarbeit (einer der drei Säulen des Kapitalismus) unterwerfen, der Männer schon so lange ausgeliefert sind. Damit sich Frauen* noch besser diesem Diktat unterwerfen, wird das Problem ins Private verschoben: Wenn Frauen* diskriminiert werden, dann liegt es an ihrer "Unfähigkeit" als Individuum zu verhandeln. Die Landnahme im Bereich der sozialen Reproduktion (die unbezahlte, aber lebensnotwendige Carearbeit) und die Ausweitung des Extraktivismus, die beiden anderen Säulen des Kapitalismus werden total ausgeblendet. Feminismus ist nicht: "werdet wie die Männer*!", sondern: "befreien wir uns gemeinsam von einem System, das Verletzlichkeit und Aufeinanderangewiesenheit (beides: der Menschen untereinander als auch der Menschen mit unserer Mitwelt) nicht anerkennt!" Auch Männer* wollen Leben und das Leben erhalten!

  • Das klingt eher nach neokonservativem Fiebertraum, als nach Feminismus.

  • Es kommt mir nicht wirklich "feministisch" (obwohl es ja eh ganz verschiedene Feminismen gibt) vor, dass fast der ganze Artikel "Arbeit" immer nur als Erwerbsarbeit versteht. Erst im vorletzten Satz kommt dann mal das Wort "Sorgearbeit" vor - und die ist zum größeren Teil unbezahlte Arbeit. Wenn man sich die Zeitverwendungserhebungen des Statistischen Bundesamts anschaut, stellt man fest, dass in D. mehr Arbeitsstunden unbezahlt geleistet werden als bezahlt. Zwar ist es natürlich richtig, dass Menschen für gleiche Arbeit gleich bezahlt werden müssen (siehe Kommentar von Thomas Zwarkat), ansonsten kann es aber nicht Sinn der Sache sein, dass Frauen in Zukunft möglichst viel Erwerbsarbeit machen sollen, was oft Bullshit Jobs sind, sondern eher, dass die unbezahlte Arbeit ermöglicht und von allen gemacht wird (eben auch von Männern).



    Siehe dazu die Rede von Elfriede Harth vom Care Revolution Netzwerk: care-revolution.or...-alle-wirklichkeit

  • >Das ist insofern bedeutsam, als zeitweilig davon die Rede war, dass Corona die Frauen zurückkatapultieren würde in eine Zeit, die ihre Rolle am Herd und bei den Kindern definiert. Aber das stimmte nicht, denn heute lassen sich die meisten Frauen nicht mehr behandeln wie Muttis in Kittelschürzen um 1950.

    Wer hat denn das ernsthaft geglaubt während der Coronazeit? Da gab es ja nun viele Ängste, auch radikale, etwa dass wir alle sterben. Aber dass es so wird wie 1950 und nur noch der Gatte das Geld verdienen geht? Da hat wohl jemand Frauen im Homeoffice und Frauen bei der Hausarbeit verwechselt und falsche Schlossfolgerungen gezogen!

  • Die Autorin, hat leider die Entstehung der unterschiedlichen Prozente des Gender pay gap nicht verstanden. Wenn man das richtig recherchiert hätte, hätte man sehen können das der Gender Pay Gap aus zwei unterschiedlichen Effekten herrührt.



    1. Frauen und Männer bekommen für den gleichen Job unterschiedlich viel Geld, das ist unfair und muss beendet werden.



    2. Der Haupteffekt des Gender Pay gap das oben in Prozentpunkte ausgewiesen wird. wird aber so berechnet dass die durchschnittlichen Verdienste der Frauen mit den durchschnittlichen Verdienste der Männer verglichen werden. und hier kommt dann der Effekt zu tragen, das wesentlich mehr Frauen Krankenschwester, Erzieherin, Grundschullehrerin sind als Männer. In diesen jobs verdient man leider weniger als ein KFZ Mechaniker, Metallarbeiter etc. dh. da Frauen mehr schlecht bezahlte soziale Berufe auswählen, schneiden sie bei der durchschnittlichen Betrachtung schlechter ab. und das sagen die Prozente. Deshalb auch die Verringerung des Abstandes in der Coronazeit, da haben die Krankenschwestern eine (noch zu Geringe) aber deutliche Gehaltserhöhung bekommen, das hat den Abstand verringert und leider keine Angleichung der Gehälter.

    • @Thomas Zwarkat:

      Erstens ignorieren Sie die Grundlage der Statistiken (denn beim sogenannten GPG wird der öffentliche Dienst, in dem die genannten Frauenberufe angesiedelt sind, gar nicht hereingerechnet) und zweitens informieren Sie auch noch falsch, denn natürlich verdient eine beamtete Grundschullehrerin (genauso wie ihr fast nicht existierendes männliches Pendant) schon brutto weitaus mehr als ein Kfz-Mechaniker, und hat unter Berücksichtigung der nicht anfallende Sozialabgaben und üppiger Pensionsversorgung noch viel mehr netto.

    • @Thomas Zwarkat:

      Grundschullehrerinnen und auch Krankenpflegerinnen verdienen im Durchschnitt mehr als Kfz-Mechaniker. Grundschullehrer und Krankenpfleger verdienen übrigens umgekehrt auch mehr als Kfz-Mechanikerinnen.

    • @Thomas Zwarkat:

      und es kommt auch noch hinzu, dass unter den Frauen, die heute solche Berufe und Löhne haben, nicht wenige sind, die schon in den 80er oder gar 70er Jahren einen Berufsweg eingeschlagen haben, in dem sie heute weniger als Männer verdienen - und dass dieser Effekt die Gesamtzahlen nach wie vor beeinflusst (allein schon wegen der zahlenmäßigen Stärke der Boomer-Jahrgänge aus den frühen und mittleren 60er Jahren!), aber diese Gesamtzahlen gar nichts aussagen über die heutige Berufswahl junger Frauen und die möglichen Fehler, vor denen sie gewarnt werden müssten.

  • Dieser Artikel ist so auf dem Niveau von: Raucher sollten einfach das Rauchen aufhören, damit sie nicht krank werden. Er zeigt das Problem, aber gibt keine Lösung.

    Den meisten jungen Eltern ist klar, dass es keine gute Idee ist, wenn die Mutter bei der Arbeit zurückstellt. Vermutlich ist auch ein nicht unerheblicher Teil der Väter eher unzufrieden mit der Hauptverdienerrolle (zumal sie bei durchschnittlichen Berufen auch kaum Vorteile bringt).

    Nur was ist die Lösung? In meinem Belanntemkreis sind es oft die Mütter, die in den ersten 1-2 Jahren zu Hause bleiben wollen. Und vllt. ist das ja auch ok - man ist nur sehr kurz im Leben Mutter von kleinen Kindern.

    Die Antwort muss sein: Wie geht Karriere mit Kindern - nicht trotz Kindern. Nur da sist halt deutlich komplizierter…

    • @Sebomark:

      Richtig erkannt, das auch die Väter mit ihrer Rolle nicht immer glücklich sind.



      Zum Glück haben wir bei uns da wenig Probleme, kann mir aber vorstellen, wie das in manchen Familien knirscht.



      Bin bei beiden Kindern in Elternzeit gewesen (1 Jahr und 2 Jahre). Aber wir konnten es uns auch leisten. jetzt bin ich wieder Vollverdiener und meine Frau arbeitet, trotz Diplomabschluß nur Teilzeit. Weil sie es halt nicht einsieht, Kinder zu bekommen und dann als Mutter nicht für diese da zu sein, wenn diese aus der Schule kommen. Eine Einstellung, die ich von vielen, auch gut ausgebildeten, Frauen kenne. Wenn die Frau aber "nur" in einem typischen Frauenberuf tätig ist, stellt sich in vielen Familien doch gar nicht erst die Frage, wer in Elternzeit geht, oder die Arbeitszeit reduziert.

  • Der Ansatz ist gut, jedoch unvollständig. Der Ansatz müsste jedoch früher anfangen, Frauen sollten gar nicht erst in "frauentypischen" Berufen anfangen.

    • @DiMa:

      Das Lustige ist ja, dass in frauenunterdrückenden Ländern wie den Golfstaaten der Anteil von Frauen z.B. in MINT-Fächern weitaus höher ist als in den offiziell gleichberechtigendsten Staaten wie den nordischen Ländern, wo die freie Wahl der Frauen einen viel höheren Anteil in Sozialberufen bringt.

    • @DiMa:

      und wie soll das erreicht werden? Ich bin noch immer der Meinung, dass es eine gute Sache ist, dass das Grundgesetzt die Freiheit der Berufswahl schützt und jeder Mensch selbst entscheiden kann, in welchem Bereich er/sie seine Brötchen verdienen möchte.

      • @Dr. McSchreck:

        Mein Kommentar soll nicht als Zwang verstanden werden. Im Zuge der Erziehung sollte darauf geachtet werden, dass bei der Berufswahl auch das Auskommen mit berücksichtigt wird. Bei Mädchen wird das aus meiner Sicht leider noch immer vernachlässigt.