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Fossiler StromRegierung fördert Gaskraftwerke

Die Ampel hat sich auf eine Kraftwerksstrategie geeinigt. Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen kritisieren, es gebe zu viele offene Fragen beim Ausstieg.

Das neue Heizkraftwerk Süd in Leipzig ist das erste zertifizierte Wasserstoffkraftwerk Deutschlands Foto: Jan Woitas/dpa

Berlin taz | Ganz beim Namen nennt die Bundesregierung das Kind nicht. „Moderne, hochflexible und klimafreundliche Kraftwerke“ würden Dekarbonisierung und Versorgungssicherheit erfordern, schreibt die Koalition am Montag in ihrer Mitteilung darüber, dass sie sich auf die schon lange erwartete Kraftwerksstrategie geeinigt habe.

Gemeint sind: Gaskraftwerke. Sie sollen die Brücke bilden zwischen der fossilen und der erneuerbaren Welt. Dabei ist Erdgas natürlich auch ein fossiler Kraftstoff. Je nachdem, wie es gefördert und transportiert wird, ist es nicht einmal klimafreundlicher als Kohle. Aber Gaskraftwerke sind weniger schwerfällig als ihre kohlebetriebenen Äquivalente. Man kann sie kurzfristig anschalten, um eine flüchtige Flaute bei den erneuerbaren Energien auszugleichen, und dann schnell wieder abstellen.

Kurzfristig will die Regierung eine Ausschreibung für bis zu vier Anlagen mit insgesamt zehn Gigawatt Leistung ausschreiben. Diese sollen „H2-ready“ sein, also auf den späteren Betrieb mit Wasserstoff ausgelegt.

Wann der Umstieg stattfinden muss, steht noch nicht fest, das soll sich 2032 entscheiden. Der Zeitpunkt solle aber zwischen 2035 und 2040 liegen. Das beißt sich potenziell damit, dass das Stromsystem schon 2035 CO2-frei sein soll, zehn Jahre vor dem Rest des Energiesystems.

„Konjunkturprogramm für die Gaslobby“

Auch ob der Umstieg auf Wasserstoff überhaupt CO2-Freiheit gewährleisten würde, ist unklar. Wasserstoff lässt sich auf verschiedene Weise herstellen. Klimaneutral ist er nur, wenn das auf Basis von Ökostrom passiert. Darauf legt sich die Bundesregierung aber bisher nicht fest. Überhaupt ist nicht definiert, was „H2-ready“ bedeutet.

Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen sind wegen dieser Unklarheiten in Sorge. „Das Konjunkturprogramm für die Gaslobby geht weiter“, sagte Sascha Müller-Kraenner von der Deutschen Umwelthilfe am Montag. Auch die Finanzierung aus dem Klima- und Transformationsfonds stehe auf wackligen Beinen, kritisiert er. Der Fonds steht im Zentrum der aktuellen Haushaltskrise.

Das Geld für die Kraftwerksstrategie soll nun genau daraus kommen. Sie ist allerdings langfristig angelegt. Es geht um die kommenden zwei Jahrzehnte. In diesem Zeitraum sollen insgesamt 16 Milliarden Euro fließen, war aus Regierungskreisen zu hören. Auf den ersten Teil können sich Energiekonzerne im Rahmen der angekündigten Ausschreibungen bewerben.

Ein Termin steht dafür noch nicht fest, erst muss die EU-Kommission die staatlichen Beihilfen noch akzeptieren. Die Regierung spricht von „kurzfristig“. Wenn die Kraftwerke zum von der Ampelkoalition anvisierten Kohleausstieg 2030 bereitstehen sollen, muss das auch sein. Schließlich ist von einer mehrjährigen Bauzeit auszugehen.

Perspektivisch soll der Strommarkt über einen Kapazitätsmechanismus laufen. Das heißt: Betreiber werden nicht einfach für die Menge an Strom bezahlt, die sie verkaufen, sondern dafür, dass sie Kraftwerkskapazitäten bereithalten – selbst wenn die Anlagen letztlich nicht gebraucht werden. Genaueres will die Regierung bis zum Sommer klären.

Der weitgehend verstaatlichte Energie­kon­zern Uniper ist zufrieden. „Wir sind sehr erleichtert, dass die Bundesregierung sich auf ein gemeinsames Vorgehen bei der Kraftwerksstrategie geeinigt hat“, sagte Unternehmenschef Chef Michael Lewis. „Sobald wir die Details prüfen konnten, werden wir entscheiden, ob und mit welchen Investitionen wir uns beteiligen.“

Die Energieökonomin Claudia Kemfert sieht die Förderpläne hingegen kritisch. „Der Kohleausstieg wäre auch ohne einen subventionierten Zubau von Gaskraftwerken möglich“, sagte sie. Die Klima-Expertin würde die bisher erwartete Lücke beim Strom lieber anders schließen: „Der Markt braucht mehr Flexibilität in Form von einem digitalen Energie- und Lastmanagement, einem Ausbau von dezentralen Verteilnetzen und dem Zubau von Speicher.“

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16 Kommentare

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  • Bis 2035 weitgehend klimaneutral. Bis dahin Solar und Wind vervielfachen, Dutzende Ersatzgaskraftwerke bauen und mit noch nicht vorhandenen riesigen Elektrolyseuranlagen vernetzen.



    Ob die Verantwortlichen überhaupt selbst ans Gelingen glauben?

  • „Der Markt braucht mehr Flexibilität in Form von einem digitalen Energie- und Lastmanagement, einem Ausbau von dezentralen Verteilnetzen und dem Zubau von Speicher.“



    Kann mal jemand Frau Kemfert erklären, dass Wasserstoff und die dazugehörigen Gaskraftwerke genau die geplantem Speicher sind???

  • Tja, mit dem Kohleausstieg 2030 wird es so sicher nichts und ob 2038 dann evtl. noch geht, das ist zweifelhaft. Diese Einigung zu einem wohl erst im Sommer fertigen Strategiepapier betrifft ja nur 4 x 2,5 GW = 10 GW, doch für die Ablösung der Kohlekraftwerke wären laut Koalitionsvertrag 40 GW nötig.

  • Die Aussage zum Heizkraftwerk Leipzig Süd bzgl. Wasserstoff liest sich auf der Internetseite des Kraftwerks so:



    " Die zum Einsatz kommenden Siemens-Gasturbinen können von Anfang an hohe Anteile von grünem Wasserstoff verbrennen. Diese technologische Option ermöglicht es uns in Zukunft, die Strom- und Wärmeerzeugung vollständig auf erneuerbare Technologien umzustellen." Es geht also noch gar nicht, wie man meinen könnte, um 100% Wasserstoff als Brennstoff.



    Nach längerer Suche im Internet habe ich dann gefunden: " 70 Prozent Gas, 30 Prozent klimaneutraler Wasserstoff" bei L(Punkt)de.



    Es ist dann wohl noch ein weiter Weg zu einem Kraftwerk, das mit 100% Wasserstoff laufen kann.

    • @H2Wirtschaft:

      Ich denke, dass das Problem mir den Turbinen real kein Problem ist.



      Wie überhaupt die 39 % erreicht werden, ist mir ein Rätsel. .



      Viel symbolpolitik, aber konkret sehe ich keinen realen Plan auch nur annähernd genügend Wasserstoff zu liefern.



      Hier sollte die taz auch systemtechnisch fundiert kritisch recherchieren.



      H2 ist das neue wirecard.

      • @Demokrat:

        Aber sicher ist das ein Problem mit den Turbinen, denn für Wasserstoff müssen die anders konstruiert und gebaut sein als für Erdgas. Außerdem muss das "ganze drumherum" bei Wasserstoff völlig anders sein, also Lagerung, Leitungen, Steuerung usw.



        Dass H2 das neue "wirecard" ist, das ist überzogen formuliert, aber ich gehe auch davon aus, dass das ein Faß ohne Boden ist, dass man hier vor allem mit Spekulation "arbeitet".

        • @H2Wirtschaft:

          Ja, das meinte ich ja.



          Die Turbinen sind eine Sache, aber nur das kleinste Problem.



          Es soll nur nicht der Eindruck vermittelt werden, dass dies der einzige Knackpunkt ist.

          • @Demokrat:

            Okay, dann sind wir uns darin ja einig.

  • Siehe dazu :



    www.zdf.de/nachric...ruar-2024-100.html



    ab Minute 3:55



    Fazit: Ist´s Wahnsinn, hat es doch Methode und die Kraftwerkslobby ertrinkt im Schampus, welchen der Steuerzahler bezahlen wird.

    • @Trabantus:

      Es ist nicht verboten, hier Alternativen an zu bieten. Genossenschaftliches Prinzip.



      Nur zu. Der Weg ist geebnet.

    • @Trabantus:

      Wer macht nochmal die gesetzlichen Rahmenbedingungen?



      Ah, ach ja.



      nicht Wirkung mit Ursache verwechseln.

  • Es ist klar, wir brauchen die Dinger aber es ist jetzt nicht notwendig sie schöner zu reden als sie sind.



    H2-ready ist klar definiert vom Tüv. Und das bedeutet erstmal nur das anteilig Wasserstoff beigemischt werden kann und zweitens das es einen Plan gibt,wie das Kraftwerk auf komplett Wasserstoff umgebaut werden kann. Das heißt hauptsächlich, dass es genug Platz im Maschinenraum gibt um die Turbine auszutauschen. Die 2 SGT-800 Turbinen sollen in wenigen Jahren nach Inbetriebnahme 30-50% Wasserstoff verbrennen können. Das heißt, sie können es noch nicht und zweitens wird hier nicht genau definiert ob es sich um Volumenprozent oder Massenprozent handelt. Mit hohen Volumenprozent zahlen hört sich alles beeindruckend an aber energetisch kommt nicht viel bei rum. Liebe PolitikerInnnen und JournalistInnen informieren euch bitte und sagt doch ehrlich, dass es halt ein effizientes Gaskraft ist was hoffentlich bald mit etwas Wasserstoff beschickt wird falls wir es schaffen endlich mal ordentlich Erneuerbare auszubauen weil es sonst einfach zu teuer ist (die Website der Stadtwerke Leipzig ist tatsächlich sehr ehrlich bzgl der technischen Beschreibung).



    Btw H2-ready bei Gasthermen bedeutet, das theoretisch bis zu 20 Vol.% H2 verbrannt werden kann. Energetisch handelt es sich aber nur um bescheidene 7%. Mit Wasserstoff zu heizen wird also erstmal nur teuer. Wir sollten erneuerbaren Strom direkt nutzen wo es nur geht!

  • Ein pragmatischer Kompromiss. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Hat ja nicht jeder ein Unternehmen, das auf Bußgeldbasis der Umwelt helfen kann.

  • Oje, das kann doch nicht alles wahr sein. Deutschland scheint unter den Grünen zur C02 dreckschleudet schlechthin zu werden.



    Die sollen endlich mal die stromspiecher bauen.



    Pronto

  • Die Kritik ist berechtigt, wir werden weit weniger Peaker-Kapazität brauchen, als eine konventionelle Energieversorgungsstrategie heute meinen lässt. Trotzdem kann man positiv vermerken, dass diese Kraftwerksstrategie gegenüber den ursprünglichen Plänen schon deutlich zusammengestrichen wurde. Wenn es konservativen Denkern hilft, sich in ihrer Vorstellung schneller von der Kohle zu verabschieden, bin ich auch dafür Gaskraftwerke zu bauen, die am Ende kaum genutzt werden.

    • @patrickh:

      Danke! Seh ich "gefühlt" (also ohne breite Argumentationsbasis *lol*) auch so.