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Flüchtlingsunterkünfte in BayernBedroht, geschlagen, getötet

Geflüchtete Frauen beklagen die gewalttätigen Zustände in Bayerns Asylunterkünften. „Muss man erst sterben, bis etwas geschieht?“, so eine Aktivistin.

Bietet Frauen oft nicht genug Schutz: Flüchtlingsunterkunft in Bayern Foto: Stefan Puchner/dpa

München taz | Auf einmal stand er in Bayreuth in der Asylunterkunft vor ihrer Zimmertür und bedrohte sie. „Er sagte, dass er mich umbringen wird“, berichtet Kidst Tesfaye, eine geflüchtete Frau aus Äthiopien. Es war ihr Ehemann, ein Schläger und Vergewaltiger, vor dem sie aus der Heimat geflohen war – und der sie von Äthiopien bis nach Deutschland verfolgt hat.

Eine Weile nach dem Vorfall erhielt sie eine Wohnung außerhalb der Unterkunft, doch ihr Mann rief sie weiter auf dem Handy an und stieß Morddrohungen aus. Wusste er, wo sie sich aufhält? „Wenn ich jetzt rausgehe, trage ich zum Schutz Mütze und Sonnenbrille“, erzählt Tesfaye.Wie kann das sein? Eigentlich werden Flüchtlingsunterkünfte rund um die Uhr von Security bewacht. Doch das, was Tesfaye erlebte, ist kein Einzelfall.

Um auf das Problem der drohenden Gewalt in den Heimen aufmerksam zu machen, hat der Bayerische Flüchtlingsrat auf einer Pressekonferenz am Mittwoch einige geflüchtete Frauen vorgestellt. Bei ihnen führt einzig ihr Geschlecht dazu, dass sie Betroffene von – häufig sexueller – Gewalt waren oder sind. Und: Der Flüchlingsrat meint, in ihren Fällen sei es auch die speziell bayerischen Strukturen der Flüchtlingsunterbringung gewesen, die Gewalt ermöglichten, ja beförderten.

Neu ankommende Flüchtlinge werden in Bayerin weiterhin über das Land verteilt in so genannten Ankerzentren untergebracht. Alleinreisende müssen dort bis zu zwei Jahre ausharren, Familien sechs Monate. Immer wieder wurden diese teils großen Unterkünfte als „Lager“ kritisiert. Der Flüchtlingsrat sieht sie als „gewaltfördernd und isolierend“, Frauen hätten einen erschwerten Zugang zu Schutz, Unterstützung und Informationen über ihre Rechte.

Allein traut sich eine Betroffene nicht in die Küche

Zwar hat die Bundesregierung beschlossen, dass das System der Ankerzentren „nicht weiterverfolgt“ werde, doch die CSU-geführte bayerische Staatsregierung hält daran fest. Es habe sich bewährt, meint Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

Zarah S., eine 30-jährige Frau aus dem Iran, beschreibt, wie es in den Einrichtungen zugeht. Sie werde von Männern „gestalkt“, erzählt sie. In die Küche geht sie nur, wenn ihr Partner dabei ist. Da dieser aber häufig weg ist, müsse sie oft bis zum Abend darauf warten. Zimmer und Duschen lassen sich nicht absperren. „Ich habe viel Stress und Panik“, meint sie.

Aus dem Iran war S. geflohen, weil ihre Familie sie noch als Jugendliche zwangsverheiratet hatte. Als sie sich wehrte, verstieß die Familie sie. Hier, in Deutschland, ist ihr Status unsicher, sie hat keine Arbeitserlaubnis. Zwei Mal war sie schon wegen psychischer Probleme zur Behandlung in einer Klinik. „Ich möchte arbeiten, lernen und studieren“, sagt S. „Mein Partner gibt mir sehr viel Kraft, ohne ihn würde ich mich umbringen.“ Beim Erzählen über ihre Situation fängt Zarah S. an zu weinen.

Auch die Äthiopierin Kidst Tesfaye weint, sie hat zwei Kinder, die sie seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hat. Sie erinnert sich, wie ihr Mann mit dem Messer auf sie losgegangen war. Wie er mit dem Gürtel auf das Gesicht des dreijährigen Sohnes eingeschlagen hatte, was zu einer erheblichen Augenverletzung führte. Fünf Jahre hatte sie in Deutschland gearbeitet, dann belegte sie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) mit einem Arbeitsverbot. Ihr droht die Abschiebung. Jetzt ist sie ehrenamtlich in der Kinderbetreuung in einem fränkischen Städtchen tätig.

Nadine Kriebel vom Flüchtlingsrat kritisiert, dass nur zwei Prozent der anerkannten Asylanträge wegen geschlechtsspezifischer Verfolgung angenommen werden. Viele der geflüchteten Frauen unterstützt und begleitet Elshaday Haile, Nürnberger Aktivistin des Vereins Imedana/Rosa Asyl. „Frauen brauchen mehr Schutz“, sagt die gebürtige Äthiopierin, es fehle an Beratungsstellen. „Wenn sie aber zur Polizei gehen, bekommen sie oft nicht so schnell Hilfe.“

Den erschütternden Fall eines Femizids erlebte Haile 2021 im fränkischen Kronach. Ein früherer Partner drohte einer Frau in einer Asylunterkunft immer wieder mit dem Tod. „10, 15 Mal hatte sie die Polizei angerufen und gesagt, dass er sie umbringen wird“, so Haile. Schließlich wurde sie getötet, wie auch ihr zweijähriges Kind. „Muss man erst sterben, bis etwas geschieht?“ Der mutmaßliche Täter ist in Haft und angeklagt, der Prozess hat noch nicht begonnen.

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7 Kommentare

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  • Jetzt mal nicht speziell auf das Thema bezogen: Ich habe auch nie verstanden wie man Menschen die hier leben mit einem Arbeitsverbot belegen kann, das ist doch der größte Schwachsinn den es gibt. Es wird rumgeheult, dass Flüchtlinge auf kosten des Staats leben, dass sie sich nicht integrieren aber dann lässt man sie nicht hier arbeiten? Sinn?

  • Ich habe nicht verstanden, was es mit Ankerzentren zu tun hat, wenn Mann seine Exfrau umbringt.

    Würde er das nicht auch tun, wenn sie eine eigene Wohnung hätte?

    In den Heimen gibt es ja wenigstens einen Wachdienst, der in der Theorie nicht jeden reinlässt.

    Im anonymen Wohnhaus klingelt er bei den Nachbarn.

    • @rero:

      In einer eigenen Wohnung kannst du die Tür abschließen.

      • @Birdman:

        In Kronach drang der Täter über den Balkon in die Wohnung der Asylunterkunft ein.

  • "Zwar hat die Bundesregierung beschlossen, dass das System der Ankerzentren „nicht weiterverfolgt“ werde, doch die CSU-geführte bayerische Staatsregierung hält daran fest. Es habe sich bewährt, meint Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU)."

    Wie soll es anders sein, ist es doch eine Erfindung seines Parteiinternen Mentors Horstl dem Eisenbahnprofi der Kategorie H0 und ehem. Innenminister.

    Die Bewährung zeigt sich vermutlich gerade darin, dass den Frauen auch dort weiterhin Gewalt bis zum Mord angetan werden kann. Kontinuität war schon immer ein herres Ziel der Unionsparteien und Konservativen.

    Von christlichem Gedankengut halten sie sich besser weiter fern, da der Kirche die Mitglieder davon laufen. Das soll nicht noch stärker überspringen, sind sie doch in Bayern schon bei 37% Stimmenanteil angekommen. Mal sehen ob hier die Kontinuität auch klappt. Hier wäre es wünschenswert. Aber noch hat selbst Hermann die Möglichkeit das Ruder herum zu reißen und vielleicht endlich für eine, seiner immer wieder geäußerten Christlichkeit entsprechenden Flüchtlingsunterkunftsituation zu sorgen. Möglicherweise treffen sich dann auch einige Flüchtlinge aus der katholischen Kirche im Clubraum der CSU auf a Tasserl Tee (statt wie früher auf a Masserl Bier) mit der Aufschrift "Alles wird gut".

    • @Sonnenhaus:

      Na klar die Kirche ist schuld und die Christen, wenn Männer aus anderen Kulturkreisen , ihren Besitz( Frauen ) , bis an das Ende der Welt verfolgen und dann umbringen. Wie schön, dass sofort ein Schuldiger oder Verantwortlicher feststeht, damit man sich gut fühlen kann. Eigentlich müsste die Frage doch lauten: Warum wurde der Mörder nach der ersten Drohung nicht sofort in Verwahrung genommen und exiliert. Die Geflüchteten haben ein Recht auf Sicherheit und dies hat nix mit Kirche und Konservatismus zu tun.

  • „Stimmt“ die Hautfarbe dann passiert sowas nicht. Danke Europa.