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Geplante StudieEin Frauenmord ist ein Femizid

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Eine groß angelegte Studie zu Femiziden ist überfällig. Es ist nötig, die Hintergründe von männlicher Macht und Lebensumständen zu erforschen.

Protest gegen Gewalt an Frauen in Potsdam im November 2021 Foto: Soeren Stache/dpa

D as wurde Zeit. Eigentlich braucht es nicht mehr als diesen knappen Satz, um auszudrücken, dass die jetzt gestartete Studie des Kriminologischen Instituts der Universität Tübingen zu Femiziden – Morde an Frauen, weil sie Frauen sind – überfällig ist. Seit Jahren fordern Frauen- und Gewaltschutzverbände, dass die Tötungen, verübt von den Partnern und Ex-Partnern der Opfer, dezidiert erforscht und gesellschaftlich eingeordnet werden.

Gewaltberatungsstellen und Hilfsorganisationen haben jeden Tag mit misshandelten, gedemütigten, verletzten Frauen (und in der Regel auch mit ihren Kindern) zu tun. Sie wissen, in welcher Gefahr sich eine Frau befindet, die sich von ihrem Partner trennen will. Sie erleben die Ängste, die Zweifel, vor allem aber die Verzweiflung der Frauen, die sich aus der Beziehung nur deshalb so schwer lösen können, weil die Macht der jeweiligen Männer mitunter unendlich groß ist.

Und sie ahnen, wie „Hilfe“ durch Behörden oft aussieht: Da behält ein getrennter, gewalttätiger Vater das Umgangsrecht für die Kinder – und hat somit weiterhin „Zugriff“ auf die Mutter. Da glauben Beamte den Frauen nicht, die um konkreten Schutz bitten: Der wird mich umbringen. Da werden Frauen beschwichtigt, oder im schlimmsten Fall wird ihnen geraten, sich eben besser nicht so aufzulehnen – als Frau.

Das Ergebnis liest sich in Zahlen ausgedrückt so: 119.164 Frauen waren im Jahr 2020 von Partnerschaftsgewalt betroffen, 139 von ihnen haben diese nicht überlebt. Die Kriminalstatistik zählt diese Fälle in ihrer Rubrik Mord und Totschlag. Darüber hinaus gibt es weitere Delikte, die sich direkt gegen die betroffenen Frauen als Frauen richten: Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, Stalking.

Wie genau hängen solche Straftatbestände mit männlicher Macht, persönlichen Lebensumständen, dem Einfluss von Alkohol und Drogen zusammen? Das will die Studie klären. Gewalt an Frauen, so viel ist politisch mittlerweile klar, ist Ausdruck eines Machtgefälles – zuungunsten der Frauen.

Übrigens: In den USA werden Frauen­morde selbstverständlich als Femizide gezählt.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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6 Kommentare

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  • "Ein Frauenmord ist ein Femizid"



    Steile These. Ein Raubmord an einer Frau wäre dann immer ein Femizid, ein Raubmord an einem Mann... was? Was ist ein Doppelmord an einem Paar? Gibt es außer Frauenhaß demnach keinen Grund, eine Frau umzubringen?



    Viele offene Fragen.

    "Gewaltberatungsstellen und Hilfsorganisationen haben jeden Tag mit misshandelten, gedemütigten, verletzten Frauen (und in der Regel auch mit ihren Kindern) zu tun."



    Einmal von der Frage ab, wie die Kinder in diesem Kontext einzuordnen wären, ist die Einbringung von misshandelten oder gedemütigten Frauen bei der Kategorisierung von Frauenmord als Femizid eher fehl am Platz. Oder soll Demütigung als Vorstufe zum Mord ebenfalls als Femizid gelten?

  • Was hilft die beste Studie, wenn kein Umdenken in der Prävention geschieht? Es werden Millionen von Euro für Strafanstalten ausgegeben, für Gewalt- bzw. Verbrechensprävention sind die Kassen klamm. Es müssen auch staatliche Einrichtungen und Mittel her den Frauen zu Beginn dieser Gewaltspirale, die leider zu oft mit schwerer körperlicher Gewalt und teilweise mit der Tötung der Frau endet, schnell und unkompliziert zu helfen und sie vor Übergriffen zu schützen. Die wenigen Frauenhäuser sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Bei den sog. Eherenmorden helfen auch härtere Strafen nicht, da hier auf einer ganz anderen Ebene das Motiv zu finden ist und eine juristische Strafe nicht als solche erkannt wird. Auch hier muß im Vorfeld vieles mehr geschehen, was zum Teil mit Integration zu tun hat und dem Festhalten an irgendwelchen "Traditionen".

  • Das zum Objekt der Forschung zu machen, ist bestimmt nicht schlecht.

    Nur eins denke ich schon jetzt: Die betroffenen Frauen sind Opfer eines Machtgefälles, wie die Autorin dies auch selber sagt.



    Aber eben nur aufgrund dieses Machtgefälles. Nicht weil sie Frauen sind.

    • @CR43:

      "Nur aufgrund des Machtgefälles".

      Stimmt zum Teil. Zum Teil auch nicht, wenn wir eine Unterkategorie des Femizids, den "Ehrenmord" betrachten.

      Da geht es um Ideologie:

      Z. B.: Sure vier, Vers 34: „Die Männer stehen über den Frauen, weil Gott sie ausgezeichnet hat.“ Oder Sure zwei, Vers 228: „Die Männer stehen eine Stufe über ihnen. Gott ist mächtig und weise.“ Oder Sure zwei, Vers 223: „Eure Frauen sind euch ein Saatfeld. Geht zu eurem Saatfeld, wo immer ihr wollt . . . “

  • Zwangsheiraten nicht zu vergessen.

    Allein in Berlin über 6000 Zwangsehen im Jahr. 15 am Tag. Mit steigender Tendenz.

    „Zwangsverheiratung existiert nie allein, sondern immer im Kontext familiärer Gewalt“.



    www.tagesspiegel.d...rlin/23669002.html

    Zwangsheirat ist als eine Form von "Gewalt im Namen der Ehre" zu definieren, so Terre des Femmes.



    www.frauenrechte.d...-im-namen-der-ehre

    Was kann es Schlimmeres für eine Frau geben?

    Tausende Male vergewaltigt zu werden. Und bei Widerstand gibt es den "Ehrenmord"



    Terre des Femmes veröffentlichte im Auftrag der EU eine Studie dazu:.



    www.humanrights.ch...udie_Ehrenmord.pdf

  • "Übrigens: In den USA werden Frauen­morde selbstverständlich als Femizide gezählt." Ach was? Ist es deshalb in Stein gemeißelt?



    Zu unterscheiden ist, daß eben nicht jeder Mord an einer Frau ein Femizid ist, wenn dafür die Definition "Mord, weil es eine Frau ist" gilt. So kann eine Frau auch Opfer eines Mordes werden, wenn dieser zur Verdeckung einer anderen Starftat geschieht und das Opfer aus den Umständen der Verdeckung eine Frau und kein Mann ist - kein Femizid. Weiterhin bestehen Unterschiede, ob eine Frau aus Frauenhaß oder z.B. aus Eifersucht getötet wird. Eine Pauschalisierung wie im Artikel suggeriert, träfe somit nicht den wahren Sachverhalt.