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Fleisch von EigenmarkenAldi Süd setzt auf mehr Tierschutz

Die Supermarktkette Aldi Süd schmeißt Fleisch aus der schlechtesten Tierhaltung ab Januar weitgehend aus dem Sortiment. Das begrüßt sogar Greenpeace.

Aldi Süd nimmt eigenes Fleisch aus unterster Haltungsform aus dem Angebot Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Jost Maurin

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Jost Maurin aus Berlin

dpa/taz | Aldi Süd will kein Eigenmarken-Fleisch aus der untersten Haltungsform-Stufe mehr verkaufen. Das gelte ab Mitte Januar 2026 für Rind, Schwein, Hähnchen und Pute, teilte der Discounter mit. Ausgenommen seien internationale Spezialitäten. Einem Sprecher zufolge besteht das Sortiment zu 90 Prozent aus Eigenmarken. Greenpeace begrüßte die Ankündigung.

Die Haltungsform ist ein freiwilliges Kennzeichnungssystem für Fleisch und verarbeitete Produkte von Schwein, Rind und Geflügel. Es gibt fünf Stufen mit wachsenden Anforderungen an die Tierhaltung – von Stufe 1 „Stall“ mit den gesetzlichen Mindestanforderungen bis Stufe 5, die „Bio“ entspricht. Bei Stufe 3 haben Tiere mehr Raum und Frischluft-Kontakt, bei Stufe 4 Auslaufmöglichkeiten im Freien.

Dass Aldi Süd die Haltungsform 1 weitgehend aus dem Sortiment nimmt, sei in der Branche einzigartig, das Unternehmen. Damit setze man ein Zeichen für mehr Tierwohl, wird Nachhaltigkeitschefin Julia Adou in einer Mitteilung zitiert.

Die Nachfrage nach Artikeln aus höheren Haltungsformen wachse stetig. Bei den Eigenmarken sind demzufolge bereits die Hälfte des Frischfleischs sowie mehr als ein Drittel der gekühlten Fleisch- und Wurstwaren aus den Haltungsformen 3, 4 und 5. Aldi Süd hat rund 2.000 Läden in Süd- und Westdeutschland. Zum aktuellen Anteil der Haltungsform 1 machte das Unternehmen keine Angaben.

Händler wollen bis 2030 umstellen

„Dies ist ein konsequenter erster Schritt“, lobte Greenpeace die Entscheidung von Aldi Süd, bei den Eigenmarken auf die Haltungsform 1 zu verzichten. Die Umweltorganisation forderte die gesamte Branche auf, dem Beispiel zu folgen. Die Haltungsform 2 unterscheide sich aber nur geringfügig vom gesetzlichen Mindeststandard, sagte Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Anne Hamester. „Signifikante Tierwohl-Verbesserung beginnt erst ab Haltungsform 3“.

Mit dem sogenannten „Haltungswechsel“ hätten sich Deutschlands größte Supermärkte – darunter Lidl, Aldi, Edeka und Rewe – verpflichtet, bis spätestens 2030 die schlechtesten Haltungsformen 1 und 2 aus den Regalen zu nehmen und ihr Frischfleisch auf einen neuen Branchenstandard Haltungsform 3 umzustellen. Aus Umwelt- und Klimaschutzgründen müsse zudem der Fleischkonsum insgesamt sinken.

Branche: Weniger Fleisch aus unterster Haltungsform

Bei Schweinefleisch aus dem Selbstbedienungs-Regal kamen nach letzten Daten für 2023 noch 1,5 Prozent aus der untersten Stufe 1. Von Puten und Hähnchen gab es im Kühlregal der Trägergesellschaft zufolge kein Fleisch aus der untersten Haltungsform mehr. In diesen Bereich dominierte die Stufe 2 („Stallhaltung Plus“) mit Anteilen um die 90 Prozent.

Bei Rindfleisch stammten 2023 hingegen noch mehr als drei Viertel aus Stufe 1. Die Formen 3 und 4 machten ein Fünftel aus. Die Daten beziehen sich auf Frischfleisch und Zubereitungen wie Hackfleisch der Eigenmarken, die einen Großteil des Angebots ausmachen.

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13 Kommentare

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  • Aber am Ende sind die Tiere trotzdem tot. Egal wieviel vorher geschwätzt wird.

  • Ich finde es bezeichnend, dass in all den Jahren unsere Regierungen - in den meisten Fällen CXU bestimmt - nicht geschafft haben, für das Tierwohl tätig zu werden und nun die Discounter-Riesen das selbst in die Hand nehmen (müssen).

    Mir ist klar, dass das wohl größtenteils nicht aus Tierliebe geschieht, sondern aus Profitgründen, aber traurig, dass das von der Gesellschaft zwar gewollt, von den jeweiligen Landwirtschaftsministern aber nicht durchgesetzt wird. Denn klar ist: Ohne den Willen der Verbraucher würde Aldi daran genau nichts ändern. ;)

    • @Arunai:

      Nach der Logik das der Verbraucher Produkte nach dem höchsten Standard haben möchte müssten ja Bio-Produkte Marktführer sein, aber gerade bei Fleisch dümpelt Bio um die 4% Marktanteil. Es sind halt (mindestens) zwei Paar Schuhe was der Verbraucher verlangt und was er im Endeffekt dann kauft.

  • WOW, ich bin immer wieder erstaunt wie leicht der Lebensmitteleinzelhandel (LEH)seine Kunden manipulieren kann !!



    Hier geht es um die Kennzeichnung von unbehandelten Fleisch/Hackfleisch, und davon wird jedes Jahr weniger verkauft. Der Hauptanteil des Fleisches wird aber verarbeitet verkauft, als Wurst, Fertiggerichte, usw. Da ja jeder der Handelsriesen seine eigenen Werke für diese Produkte hat können sie hier das billigste Fleisch aus den schlechtesten Haltungsformen verarbeiten, weil sie es hier ja nicht deklarieren müssen. Dem LEH interessiert kein Tierwohl, er braucht es nur als Werbezweck.

    • @Günter Witte:

      Auch die Wurst wird erwähnt: "Bei den Eigenmarken sind demzufolge bereits die Hälfte des Frischfleischs sowie mehr als ein Drittel der gekühlten Fleisch- und Wurstwaren aus den Haltungsformen 3, 4 und 5."



      Auch Wurstwaren haben ein Haltungsformlabel, und da Aldi vor allem Eigenmarken verkauft, passt ihre Aussage "Da ja jeder der Handelsriesen seine eigenen Werke für diese Produkte hat können sie hier das billigste Fleisch aus den schlechtesten Haltungsformen verarbeiten, weil sie es hier ja nicht deklarieren müssen." so nicht.

  • Das sind erfreuliche Nachrichten und ein wichtiges Zeichen, weiter so!

  • Die beste Lösung ist, weniger oder kein Fleisch zu essen. Wenn ich an der Hähnchenbräterei vor meinem Supermarkt vorbeigehe und die in Reihe aufgespießten braunen Leiber sehe, wird's mir immer ganz elend zumute. Es ist doch einfach nur pervers, die Tiere zu hunderttausenden aufzuziehen, nur um sie dann einige Wochen oder Monate später "abzumurksen".

  • Auf der einen Seite etwas Gutes, weil jede noch so kleine Verbesserung etwas Gutes ist.



    Aber man sollte klarer sagen, dass das wirklich nur eine winzige Verbesserung ist. So dürfen nach Stufe 1 39kg Hühner auf einem Quadratmeter gehalten werden, bei Stufe 2 35kg Hühner. Falls man ein Huhn zu 1,4 kg annimmt, dürfen also bei Stufe 1 27 Hühner auf einem Quadratmeter leben, bei Stufe 2 25 Hühner. Dass die 25 Hühner das als spürbare Verbesserung betrachten, darf man wohl bezweifeln. Zumal wohl niemand durch den Stall läuft und kontrolliert, ob auf jedem Quadratmeter wirklich nicht doch 27 statt 25 Hühner laufen (oder besser gesagt rumstehen).



    Die Haltungsstufe 2 war von Anfang an nur dazu gedacht, es für den Verbraucher gut aussehen zu lassen, ohne dass eine wirkliche Verbesserung für die Tiere dabei rauskam.



    Und so liefert die taz nun mit diesem Artikel vor allem Werbung für Aldi, die sonst wohl kaum zu diesem Preis zu haben gewesen wäre.



    Wirklich interessant wäre es nur, wenn auch die Haltungsform 2 abgeschafft würde, Aber damit wird sich Aldi nun viel Zeit nehmen können, da Sie ja erstmal hiermit Werbung machen können.

    • @EchteDemokratieWäreSoSchön:

      Wieso? Steht doch im Artikel: bis 2030 ist die Stufe 2 weg. Und Sie scheinen nicht zu verstehen, welches Risiko Aldi eingeht: Wenn eine neue Supermarktkette kommt und wieder Stufe 1 anbietet (die ja nicht verboten ist) und das ist dann billiger als bei Aldi - die erklärtermaßen immer der günstigste Anbieter sein möchte. Aldi geht hier ins Risiko, Kunden zu verlieren. Das kann man anerkennen oder man kann sagen: alles viel zu wenig.

  • Das ist eine gute Nachricht!

  • "Bei den Eigenmarken sind demzufolge bereits die Hälfte des Frischfleischs sowie mehr als ein Drittel der gekühlten Fleisch- und Wurstwaren aus den Haltungsformen 3, 4 und 5.". Erstens ist nur die Rede von den Eigenmarken. Zweitens bleiben bei Fleisch ca.50 % und Wurstwaren ca. 66%. Im Artikel steht das Einzelhändler ab 2030 wollen. Aus Sicht der Landwirtschaft heißt wollen noch lange nicht tun. Um diese "Vorgaben" zu erfüllen benötigt die Landwirtschaft Planungssicherheit. D.H:wenn Landwirt Müller einen Tierwohlstall der Haltungsform 3 baut muss dieser rechtssicher 25 Jahre diese Stufe erfüllen. Wenn die Einzelhändler nur noch diese Stufen wünschen, sollten sie den Landwirten dies auch entsprechend vergüten. Das Problem ist der Verbraucher jenseits von Umfragen, wo dieser eh nur sozial erwünscht antwortet. Diesem ist es völlig egal wie und wo produziert, hauptsache billig. Was passiert mit meinen tierhaltenden Berufskollegen wenn der Verbraucher nicht mitspielt. Nehmen die Einzelhändler ihre Verantwortung war und zahlen dem Tierhalter die höheren Preise ?

    • @Nebenerwerbslandwirt:

      Planungssicherheit ist das größte Problem in der Landwirtschaft.



      Auch wenn die Stufe 3 garantiert über 25 Jahre nicht umdefiniert wird, hat der Landwirt noch lange keine Garantie, dass nicht doch in fünf Jahren entweder Verbraucher auf Stufe 4 bestehen, oder umgekehrt, die billigere Stufe 2 doch wieder mehr Absatz findet.



      Das Problem haben Landwirte aber bei jeder Entscheidung. Und das, seit es die Landwirtschaft überhaupt gibt. Landwirte mussten immer schon vorrausschauend planen und hoffen, dass ihre Prognosen zutrafen.



      Das einzige an Planungssicherheit, das der Staat ihnen geben kann, ist: Verhindern, dass andere Landwirte mit unlauteren Methoden Gewinn ehrlichen Landwirten das Geschäft abgraben. Genau dieser Aufgabe ist der Staat im Bereich Tierhaltung seit Jahrzehnten nicht nachgekommen.

  • Es wird höchste Zeit, dass der Lebensmitteleinzelhandel den gesetzlichen Mindeststandard in der Fleischerzeugung aus dem Sortiment wirft und vermehrt in höhere Haltungsstufen ab Stufe 3 umstellt. Bundesagrarminister Alois Rainer, CSU muss endlich seinen Rückwärtsgang bei Tierwohl in der Nutztierhaltung rausnehmen und die versprochenen Fördergelder für den Umbau der Tierhaltung (BUT) liefern. Fleisch von Tieren, die nur harte Vollspaltenböden kennen will irgendwann keiner mehr haben. Genau so wenig wie die tierquälerische C02-Betäubung von Schlachtschweinen in Deutschland und die fürchterlichen Tiertransporte von Deutschland aus in aussereuropäische Drittländer, die sich einen Dreck um Tierschutz scheren.