Flaggenmarsch durch Jerusalem: Ultrazionistische Provokation
In Jerusalem liefert ein Flaggenmarsch Tausender rechter Israelis verstörende Bilder. Trotz gewalttätiger Ausschreitungen bleibt es relativ ruhig.
Der Flaggenmarsch findet jährlich am israelischen Jerusalemtag statt, mit dem die Eroberung Ostjerusalems von Jordanien im Sechstagekrieg 1967 gefeiert wird. Seit 1968 gibt es an diesem Tag den Marsch – für viele Palästinenser*innen eine Provokation.
Israelische Sicherheitsapparate hatten im Vorfeld des Flaggenmarsches Sorge vor einer Wiederholung der Ereignisse im Vorjahr ausgedrückt. Im letzten Mai hatte die Hamas während des Flaggenmarsches Raketen auf Jerusalem geschossen, es war der Beginn eines elftägigen Kriegs zwischen der Organisation und Israel.
Auch in diesem Jahr hatten die militanten palästinensischen Organisationen Hamas und Islamischer Dschihad sowie die libanesische, vom Iran unterstützte Hisbollah vor einer Eskalation gewarnt, sollte der Tempelberg „verletzt“ werden.
Tausende von Sicherheitskräften im Einsatz
Aufrufe von einigen Ministern der linken Partei Meretz, den Marsch abzusagen oder ihn an einer veränderten Route entlanglaufen zu lassen, lehnte der Minister für Innere Sicherheit, Omer Bar Lev, ab. Israel könne sich den Drohungen der Militanten nicht beugen: „Jerusalem ist die Hauptstadt Israels“, sagte Bar Lev.
Tausende von Polizeibeamt*innen waren am Sonntag in der Altstadt postiert, das israelische Luftabwehrsystem war in Alarmbereitschaft. Zu einer Eskalation bis zu einem Krieg kam es am Sonntag zwar nicht. Die Bilder, die das Ereignis lieferte, sind dennoch verstörend. Die gewalttätigen Auseinandersetzungen konzentrierten sich dabei vor allem auf Jerusalem.
Israelische Medien zeigen, wie ein jüdischer Mann eine ältere palästinensische Frau in der Altstadt tritt. Auch im arabischen Stadtteil Scheich Dscharrah kam es zu Auseinandersetzungen zwischen jüdischen und palästinensischen Israelis. Ein Video zeigt einen Mann, der mit seiner Israelfahne auf einen Palästinenser einschlägt. Ebenfalls in Scheich Dscharrah soll ein arabisch-israelischer Journalist von maskierten Männern angegriffen worden sein, sodass er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Dem Opfer zufolge hätten die Männer Hebräisch gesprochen.
Im arabischen Viertel Isawija am äußeren Ring Jerusalems warfen Palästinenser*innen Steine auf zwei israelische Busse. Fünf Polizist*innen, 3 jüdische Israelis und 40 Palästinenser*innen sind laut Medienangaben verletzt worden.
Die Hamas belässt es bei Drohungen
Dass die Hamas in diesem Jahr nicht mit Raketen auf den Marsch geantwortet hat, dürfte unter anderem daran liegen, dass die Wiederaufbauarbeiten in Gaza seit dem letzten Krieg voranschreiten. Militärische Auseinandersetzungen würden dies wieder zunichte machen.
Der Sprecher der Hamas betonte jedoch gegenüber dem katarischen Nachrichtensender Al Jazeera, die Organisation entscheide über den „richtigen Zeitpunkt“ einer Reaktion.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen