Eskalation um den Tempelberg: Auf den Marsch folgen Raketen

Rechte Israelis marschieren durch Jerusalem. Militante Palästinenser schießen eine Rakete aus Gaza, Israels Militär zerstört einen Hamas-Stützpunkt.

Israelische Sicherheitskräfte geraten während einer Kundgebung in Jerusalem mit rechten Demonstranten aneinander

Rechte Demonstrierende in Jerusalem Foto: Ariel Schalit/ap

TEL AVIV taz | Den Marsch durch die Jerusalemer Altstadt, den ultrazionistische rechte Gruppen, darunter „Jugend der Altstadt“, für Mittwochnachmittag angekündigt hatten, hat die israelische Polizei teilweise unterbunden, und die Route zum Damaskus-Tor blockiert. Die israelische Flaggen schwenkenden Gruppen wollten zu dem Tor ziehen, um dort zu tanzen. Das Tor ist der Haupteingang zum arabischen Teil der Altstadt und ein zentraler Treffpunkt von Mus­li­m:in­nen im Ramadan.

Nach Angaben der israelischen Zeitung Ha'aretz gelang es trotz der Blockade etwa 20 Personen, das Tor zu erreichen. Zwei Palästinenser, einer wollte eine Flasche, der andere einen Stein auf die Polizei werfen, wurden festgenommen. Die Polizei hatte den Marsch, um eine weitere Eskalation zu verhindern, zuvor verboten.

Die den Gazastreifen regierende militante Hamas hatte vor dem Marsch gedroht, dass „der Finger am Abzug“ sei. Obwohl nur wenige Rechte das Damaskus-Tor erreichten, schossen militante Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen am Mittwochabend aus Gaza erneut eine Rakete auf israelisches Gebiet, auf die Kleinstadt Sderot. Sechs Menschen wurden verletzt. Das israelische Militär antwortete mit Luftschlägen auf den Gazastreifen, auf Twitter gaben die Streitkräfte an, dass man unter anderem ein von der Hamas genutztes Militärgelände zerstört habe.

Der Demonstrationszug vom Mittwoch ist nicht mit dem sogenannten Flaggenmarsch zu verwechseln, aber an ihn angelehnt. Mit diesem feiern rechte Israelis die Eroberung Ostjerusalems im Sechstagekrieg 1967. Traditionell findet dieser Marsch jedes Jahr zum Jerusalem-Tag statt, in diesem Jahr liegt der Ende Mai. Für die Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen bedeutet er jedes Mal eine Provokation.

Ministerpräsident Bennett will trotz allem die Regierungkoalition erhalten

Nach dem Verbot des Marsches beschuldigten die Veranstalter die Regierung von Ministerpräsident Naftali Bennett, „vor dem Terror zu kapitulieren“. Am Mittwochvormittag waren einige hundert jüdische Gläubige unter palästinensischem Protest und mit Begleitung der israelischen Polizei auf den Tempelberg gezogen. Besuche dort sind ihnen zu bestimmten Zeiten erlaubt, nicht aber Gebete.

Für Bennett, der auch Vorsitzender der rechten Siedlerpartei Yamina ist, ist die Situation kompliziert: Er muss die heterogene Regierungskoalition am Leben erhalten – nachdem bereits eine rechte Politikerin zurücktrat und ihr so die ohnehin dünne Mehrheit entzog, sowie die islamische Ra’am-Partei ihre Beteiligung aussetzte. Dafür muss er eine weitere Eskalation verhindern. Im Fall von Neuwahlen ist er aber auf eben jene ultrazionistischen Teil­neh­me­r:in­nen des Marsches angewiesen.

Am Dienstag waren außerdem Tausende rechte De­mons­tran­t:in­nen zur geräumten Siedlung Homesh im Westjordanland gezogen. Ursprünglich hatte Verteidigungsminister Benny Gantz angekündigt, ihnen keinen Militärschutz zukommen zu lassen, sich aber in letzter Minute umentschieden. Bei Konflikten mit dem Militär wurden laut Angaben des Palästinensischen Roten Halbmonds 79 Palästinense­r:in­nen verletzt. Der ultrarechte Abgeordnete Itamar Ben Gvir, sowie Idit Silman, die Anfang April aus der Regierungskoalition ausgestiegen war, nahmen unter anderem daran teil.

Mitarbeit: Lisa Schneider

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