Ferngesteuerte Waffen für die Bundeswehr: Neuer Streit um Kampfdrohnen?
SPD-Vorsitzender Norbert Walter-Borjans hält die bisherige Debatte um bewaffnete Drohnen nicht für ausreichend. Die CDU ist dafür, solche Waffensysteme anzuschaffen.
Walter-Borjans sagte der Süddeutschen Zeitung, er sehe die Voraussetzungen für die vom CDU-geführten Bundesverteidigungsministerium angestrebte Beschaffung noch nicht als erfüllt an. „Zusammen mit großen Teilen der SPD-Mitgliedschaft und vielen anderen friedenspolitisch engagierten Gruppen in unserer Gesellschaft halte ich die bisherige Debatte über bewaffnete Bundeswehr-Drohnen nicht für ausreichend“, sagte er der Zeitung.
Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD und Union verständigt, über die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr erst nach „ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung“ zu entscheiden. Das Bundesverteidigungsministerium hatte in diesem Jahr mehrere öffentliche Debatten organisiert, woraufhin Ressortchefin Annegret Kramp-Karrenbauer die Entscheidung zur Anschaffung bewaffneter Drohnen fällte.
Walter-Borjans machte nun aber klar, dass er die bisherigen Debatten nicht für ausreichend hält. „Die Grenze zwischen der Verteidigung von Leib und Leben unserer Soldaten und Töten per Joystick ist hauchdünn“, erklärte Walter-Borjans. „Wer eine differenzierte Entscheidung will, muss Sicherheitsstreben und Ethik gleichermaßen ernst nehmen.“
Dies habe die Ministerin „in Coronazeiten nicht nur nicht gewährleistet – sie nutzt den Fokus auf andere Schwerpunkte, um in Rüstungsfragen Fakten zu schaffen“, kritisierte der SPD-Chef. Die vom Ministerium organisierten Diskussionsrunden waren coronabedingt in einem deutlich kleineren und vor allem stark digitalen Rahmen erfolgt.
Dagegen hatte sich die Wehrbeauftragte des Bundestags Eva Högl (SPD) kürzlich klar für die Bewaffnung der Drohnen ausgesprochen. Der Koalitionsvertrag sei klar, die Diskussion habe stattgefunden und auch die Rahmenbedingungen seien klar, sagte sie.
Das neue Drohnenmodell Heron TP – ein israelisches Fabrikat – ist „bewaffnungsfähig“ und kann zur Beobachtung von Gegnern eingesetzt werden, aber auch zum Angriff. Vor allem in der SPD hatte es lange Zeit erhebliche Bedenken gegen die Bewaffnung von Drohnen gegeben. Kritiker führten wiederholt an, die Hemmschwelle für die Anwendung militärischer Gewalt könne durch eine räumliche Distanz sinken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“