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Fast vergessene Corona-PandemieEin Kampf, der zu gewinnen wäre

Kommentar von Kathrin Zinkant

Die Pandemie ist noch immer da – doch der Krieg in der Ukraine und die Coronamüdigkeit der Bevölkerung verhindern, dass sie weiter bekämpft wird.

Die Zahl der Infizierten steigt wieder deutlich und die Hospitalisierungen nehmen zu Foto: Fabian Strauch/dpa

E s herrscht Krieg in Europa, und er lässt derzeit keinen mehr los. Wer könnte wegsehen, wenn ein Land überfallen und zerbombt, seine Zivilbevölkerung angegriffen und getötet wird? Doch der wichtige Kampf um die Freiheit der Ukraine darf keine Entschuldigung dafür sein, dass ein anderer Kampf fast unbemerkt aufgegeben wird: der Kampf gegen die Pandemie.

Corona ist immer noch da, und wie. Die Zahl der Infizierten steigt seit nunmehr einer Woche wieder deutlich, die Inzidenzen liegen in mehr als drei Viertel aller Landkreise über 1.000, in Dutzenden um 3.000. Die Hospitalisierungen nehmen zu. Für Dienstag meldete das Robert-Koch-Institut mehr als 300 Coronatodesfälle, laut Direktabfrage der Gesundheitsämter waren es 359. Die Bundesregierung hält jedoch daran fest, alle Maßnahmen bis zum 20. März aufzuheben. Als wäre Corona tatsächlich vorbei.

Dass dem nicht so ist, wissen Bund und Landesregierungen, man ist ja nicht blöd. Deshalb wurde in letzter Minute beschlossen, im Infektionsschutzgesetz noch eine Handlungsoption zu verankern. Die Länder sollen erneut Maßnahmen einführen können, wenn sie es für nötig halten. Die Frage ist nur, warum sie das nicht jetzt schon für nötig halten.

Vielleicht liegt es daran, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach vor einer Sommerwelle warnt – und jetzt ist ja erst mal Frühling. Vielleicht liegt es auch daran, dass eine erneute Verschärfung der Maßnahmen die leidige Impfpflicht wieder ins Spiel brächte, die zwar weiterhin nötig ist, politisch aber von niemandem mehr recht gewollt wird – weshalb man die Coronamüdigkeit der Bevölkerung schweigend für eine natürliche Immunisierung nutzt.

Der Preis für diese Durchseuchung dürfte höher sein, als der brisenhafte Begriff „Sommerwelle“ vermuten lässt. Im Gegensatz zur dreifachen Impfung schützen Infektionen mit Omikron nicht vor anderen Varianten – und die nächste Mutante könnte aggressiv sein. Der Kampf gegen die Pandemie muss deshalb weitergehen. Gewinnen lässt er sich nur mit der Impfpflicht.

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13 Kommentare

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  • "Der Preis für diese Durchseuchung dürfte höher sein, als der brisenhafte Begriff „Sommerwelle“ vermuten lässt."



    Jo! Am heutigen Tag sind laut RKI an der leichten Gri... äh, Omikron bei aktuellen Maßnahmen 259 Menschen an und mit COVID19 gestorben. Ist dann vielleicht doch nicht so leicht der Schnupf... äh, der Corona-Virus.

  • Die Impfung reduziert die Infektion und damit Weitergabe von Omicron leider nur wenig. Sie schützt persönlich vor schweren Verläufen, das ist gut. Sie hat jedoch keinen wesentlichen epidemiologischen Effekt zur Zeit.



    Also würden nur massive Kontaktbeschränkungen eine Eindämmung erzeugen. Und das für eine Infektion, die im Fall von Omicron tatsächlich nicht schlimmer ist als die Influenza-Epidemien in den letzten Jahren.

    • @Ignaz Wrobel:

      Das kann ich so nicht bestätigen.



      In meinem Bekanntenkreis sind viele an Omikron erkrankt, alle min. zweimal geimpft und kein einziges Ehegespons hat sich angesteckt. Die Weitergabe ist also vermutlich durch die geringere Virenzahl deutlich gebremst.

  • Den Kampf kann VOR ALLEM nur gewinnen, wer noch bereit ist, ihn zu führen. Die Schulministerinninnnenerinnen allerländervereinigteuch haben als erste vorgemacht, wie man laber laber den Kampf einfach aufgibt: Schuldurchseuchung als Normalfall. Inzidenzen der Altersgruppe schon lang hochalpin in den 2-bis-3000-ern. Da hat die eff-depp-ee ihre "Normalität". Gipfel aber nicht Alleinvetrteterin dieses Kuluswahnsinns: die Type aus NRW.

    Und jenseits aller Politik:: Es geht nicht um gewinnen, es geht um durchhalten. Vielleicht "gewinnen" irgendwann unsere Immunsysteme und wir bekommen ne Situation vergleichbar mit der bei Influenza. Programmieren lässt sich dieses Irgendwann aber nicht. Traumtänzerei allenthalben, als Politikersatz ?

  • > Im Gegensatz zur dreifachen Impfung schützen Infektionen mit Omikron nicht vor anderen Varianten – und die nächste Mutante könnte aggressiv sein.

    Dann hätten wir noch mal ein Vielfaches der Todeszahlen.

    Und mittlerweile hört man auch von Long Covid Fällen nach Omikron-Infektionen. Chronische Erschöpfung und Berufsunfähigkeit sind keine milde Erkrankung, dies kann sowohl für Firmen als auch für Individuen nicht nur teuer sondern eine Katastrophe sein, etwa wenn Schlüsselpersonen ausfallen, die nicht einfach ersetzt werden können.

    • @jox:

      "Chronische Erschöpfung und Berufsunfähigkeit sind keine milde Erkrankung, dies kann sowohl für Firmen als auch für Individuen nicht nur teuer sondern eine Katastrophe sein, etwa wenn Schlüsselpersonen ausfallen, die nicht einfach ersetzt werden können."



      Dito! Wenn zu viele aus dem Gesundheitssystem betroffen wären - zum Beispiel. Zum Glück gibt es derzeit wirksame Impfstoffe. Und hieß es nicht so, dass zum Sommer hin ein "Omikron-Update-Impfstoff" kommen sollte/könnte?

  • Ich wiederhole mich zu diesem Thema ungern, aber um uns gegen eine potentielle neue, gefährliche, ansteckende, Variante zu schützen, hilft nur eins:



    ALLGEMEINE IMPFPFLICHT!

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Und es ist komplett idiotisch, mit einer Impfpflicht so lange zu warten, bis eine gefährlichere neue Variante da ist, denn Omikron hat sehr deutlich gezeigt, dass wir so schnell gar nicht impfen können, wie sich eine neue Variante verbreitet, wenn keine massiven Maßnahmen ergriffen werden.

      • @jox:

        Dafür hätte die CDU immerhin die Leute umschmeichelt und könnte angesichts einer solchen Variante zum Herbst hin sagen, dass die Regierung damals nicht geschlossen einen Initiativentwurf über eine Impfpflicht einbrachte und die CDU könnte versuchen, so ihr eigenes Versagen zu kaschieren.

        • @Uranus:

          Es ist doch albern, von der CDU die Rettung zu erwarten, obwohl diese nicht an der Regierung ist.

          Zumal jedes Bundesland gesundheitspolitisch eigenständig da steht und frei ist Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung gegen Corona zu treffen.



          Zum Beispiel die bestehende Impfpflicht in Krankenhäusern umzusetzen. Bei uns im RRG Bremen hört man jedenfalls nichts von entsprechenden Sanktionen gegen nicht geimpftes Krankenhauspersonal.

          Kurz. Es ist ziemlich billig Regierungen aus der Verantwortung zu nehmen mit dem Verweis auf die Opposition.

          Die übrigens nicht nur aus der CDU besteht. Da gibt es auch noch die Linkspartei.

      • @jox:

        Ich vergass:



        JETZT!

        • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

          Sie haben vor allem eines vergessen: Die FDP ist in der Regierung ...

          Ich denke, wir sollten Namen für die nächsten Corona-Wellen vergeben, die an ihre Urheber erinnern. Für die Sommerwelle schlage ich vor: Christian-Lindner-Welle. Für den Herbst: Wolfgang-Kubicki-Welle powered by CDU.

          • @Libuzzi:

            Wie wäre es noch mit der "Ich mach' beide Augen zu und will Party"-Welle?