Fahrraddemo in Berlin: Aus dem Weg Autos!
Tausende Radfahrer*innen demonstrieren gegen den Radwegebaustopp in Berlin – und erleben hautnah, wie gefährlich die aktuelle Verkehrspolitik ist.
Die Polizei spricht auf taz-Anfrage von „weit mehr als den angemeldeten 6.000 Teilnehmer*innen“, der ADFC von einer acht Kilometer langen Demo, die taz hat nach 10.000 Menschen den Überblick verloren, vermutlich sind es weit mehr.
„Wo ein Wille ist, ist auch ein Radweg“, steht auf einem Pappschild, „Nicht hupen! Suche sicheren Radweg“, ist auf der orangefarbenen Warnweste eines Teilnehmers zu lesen und ein Lastenradfahrender Handwerker versucht es mit Humor: „Tischler gegen Schreiner – für gewerbetaugliche Radwege“, hat er auf ein Holzbrett gemalt.
Tatsächlich dürfte die Verkehrssenatorin das laute Geklingel der vielen Radler*innen nur schlecht ignorieren können. Menschen aus allen Altersklassen und sozialen Schichten sind gekommen und zeigen, dass sichere Radinfrastruktur keine grüne Klientelpolitik ist, wie von der CDU behauptet, sondern notwendig, um Leben zu retten.
Rücksichtslose Autofahrer gefährden Teilnehmer
Die Sonne strahlt, der Wind weht angenehm um den Fahrradhelm – perfektes Radelwetter also. Nur keine perfekten Straßenbedingungen, zumindest nicht für Fahradfahrer*innen, wie sich auf der Strecke über Lichtenberg zum Roten Rathaus in Mitte immer wieder zeigt. Die autogeplagten Berliner Radler*innen schreckt das nicht, überall an der Route warten kleine Gruppen, die sich der Demo anschließen und sie immer größer werden lassen.
Den Autofahrer*innen an der Kreuzung der viel befahrenen Schönhauser Allee bleibt angesichts der geballten Radel-Power nicht viel übrig, als geduldig zu warten und ihren Motor abzustellen. Ist ohnehin besser fürs Klima. Abgesperrt hat die Polizei hier nicht, ein einsames Fahrrad mit ADFC-Fahne versperrt die Fahrspur. Aber mit nicht gesicherten Radwegen kennen sich die Berliner*innen ja leider zur Genüge aus.
Wie rücksichtslos manch einer von Manja Schreiners Autopolitik beflügelter Kfz-Fanatiker gegenüber unterlegenen Verkehrsteilnehmer*innen ist, zeigt sich kurze Zeit später: Als es nach einer halben Stunde immer noch nicht weitergeht, bahnt sich ein Lieferwagen den Weg durch die Demo und fährt beim Rechtsabbiegen nicht nur einen Fahrradfahrer über den Haufen, sondern überfährt beim anschließenden Fluchtversuch fast auch noch den Fahrradpolizisten, der ihn zum Anhalten zu bringen versucht. Die Einsichtigkeit des kurz darauf gestoppten Autofahrers für sein lebensgefährliches Manöver: null. Er bleibt nicht der einzige rücksichtslose Autofahrer an diesem Tag.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus